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Brauchen wir einen Europäischen Währungsfonds?

Der Fall Griechenland hat die Konstruktionsmängel der Währungsunion schonungslos aufgedeckt. Brauchen wir zur Rettung von Pleitestaaten einen Europäischen Währungsfonds?

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Pro "Europäischer Währungsfonds"

Europafahne und Aktopolis in Quelle: AP

Der Fall Griechenland stellt Europa vor eine Bewährungsprobe. Der Stabilitätspakt hat versagt, die „No-Bail-out“-Klausel im Vertrag von Maastricht ist in Gefahr. Das Problem von Griechenland ist einfach: Die Bevölkerung hat sich daran gewöhnt, mehr zu konsumieren, als sie produziert; deswegen stoßen alle Sparpläne der Regierung auf heftigsten Widerstand. Solange sich das nicht ändert, werden die besten Programme, ob von der EU oder vom Internationalen Währungsfonds ausgearbeitet, nicht helfen.

Die anderen Euro-Länder wollen Griechenland vor allem helfen, weil sie Angst vor den Folgen eines Staatsbankrotts haben. Nach der Lehman-Pleite in den USA hat die Risikoaversion der Politik enorm zugenommen, und es gilt als ausgemacht, dass ein Land wie Griechenland (oder Portugal und Spanien) „to big to fail“ ist. Fatale Folge: Die Griechen und viele Finanzmarktteilnehmer verlassen sich darauf, dass die EU die Griechen nicht fallen lässt. Die Bereitschaft, Kürzungen hinzunehmen, sinkt dadurch. Warum den Gürtel enger schnallen, wenn die EU-Partner einen Schutzschirm spannen?

Gefahren frühzeitig erkennen

Dieses Dilemma könnte ein Europäischer Währungsfonds (EWF) lösen. Analog zu den Brady Bonds, mit denen die permanente Bankenkrise der Achtzigerjahre beendet wurde, könnte der EWF die Märkte beruhigen, indem er die Schulden eines zahlungsunfähig gewordenen Landes mit kräftigem Abschlag aufkauft. Die Finanzmärkte würden dann eine Insolvenz von Griechenland verkraften, denn griechische Staatsanleihen wären nicht mit einem Schlag illiquide und wertlos. Im Kern handelt es sich also darum, eine Planinsolvenz für Euro-Staaten vorzubereiten. Der EWF würde als Insolvenzverwalter mit Griechenland direkt verhandeln und könnte notwendige Einschränkungen beim Haushalt durchsetzen. Der EWF sollte als Institution bei der Euro-Gruppe, also den Finanzministern der Euro-Staaten, angedockt werden.

Analog zum IWF würde ein unabhängiger Stab die Details unter der politischen Aufsicht der Finanzminister erarbeiten und in enger Zusammenarbeit mit der EU-Kommission die Bedingungen ausarbeiten, die Empfängerländer erfüllen müssten, um Kredite zu erhalten. Die Finanzierung des EWF würde dem Verursacherprinzip folgen: Vor allem die schlechten Risiken, also Länder mit schwachen Finanzen, müssten einen Beitrag leisten. Der EWF sollte aber nicht nur als Feuerwehr tätig werden. Durch eine ständige Überwachung der Wirtschaftspolitik könnte er frühzeitig Gefahrenherde erkennen – und rechtzeitig Anpassungsmaßnahmen durchsetzen.

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