Schuldenkrise Griechenland-Rettung in weiter Ferne

Griechenland hat 2010 sein Sparziel erreicht: Das Defizit konnte um sechs Punkte auf 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gedrückt werden. Aber über den Berg ist das Land damit nicht. Ein Kommentar von Gerd Höhler

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Ende März will Finanzminister Giorgos Papakonstantinou seine Finanzplanung bis 2015 vorlegen. Quelle: handelsblatt.com

Vergleicht man Griechenlands Konsolidierungsprogramm mit einem Marathonlauf, haben die Hellenen erst ein Fünftel der Distanz zurückgelegt. Ende März will Finanzminister Giorgos Papakonstantinou seine Finanzplanung bis 2015 vorlegen, und er verspricht, bis dahin die Defizitquote auf ein Prozent zu drücken. Ob das zu schaffen ist, hängt von vielen Variablen ab, die man heute noch gar nicht übersehen kann: von der Weltkonjunktur zum Beispiel und vom Ölpreis, der jetzt wegen der Krisen in der arabischen Welt stark steigt.

Nicht wenige Fachleute glauben, dass Griechenland es ohnehin mit dem bisherigen Konsolidierungsplan gar nicht bis ins Jahr 2015 schaffen wird: Die Schuldenlast sei so erdrückend, dass nur eine Umschuldung Griechenland vor der Staatspleite bewahren könne, sagen angesehene Volkswirte. Manche raten dem Land gar, die Euro-Zone zu verlassen und wieder Drachmen zu drucken.

Sicher ist: Griechenland steht angesichts einer Verschuldung, die Ende dieses Jahres mindestens 152 Prozent des BIP erreichen wird, vor einem gewaltigen Kraftakt. Spätestens 2014 will Finanzminister Papakonstantinou damit beginnen, diesen Schuldenberg abzutragen. Dazu müsste das Land, dessen Wirtschaft zwischen 2009 und Ende 2011 um mehr als zehn Prozent geschrumpft sein wird, auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückkehren.

Die EU drängt deshalb in ihrem gestern publizierten Fortschrittsbericht auf Strukturreformen, um Investitionen zu fördern. Sie können allerdings nur umgesetzt werden, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen mitziehen. Davon kann jedoch immer weniger die Rede sein.

Starrsinnig versuchen die Gewerkschaften, die verkrusteten Strukturen der griechischen Wirtschaft, die noch aus den 50er-Jahren stammen, zu konservieren. Die Staatsbediensteten klammern sich an Privilegien, die sie den Politikern in den vergangenen Jahrzehnten abgetrotzt haben. Ministerpräsident Papandreou warnt seine Landsleute: „Entweder wir ändern uns, oder wir gehen unter.“ Doch die anderen politischen Parteien ziehen nicht mit. Und die Gewerkschaften streiken das Land immer tiefer in die Rezession.

Wenn Griechenland die Kurve kriegen will, braucht das Land einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Die Hilfskredite können Griechenland helfen, zahlungsfähig zu bleiben. Aber die drohende Staatspleite können die Griechen nur selbst abwenden – wenn sie ihre Wirtschaft, ihre Gesellschaft und ihre politischen Strukturen reformieren.

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