Etat soll "Leben retten" Japan bekämpft Krise mit Rekord-Haushalt

Im Kampf gegen die schwerste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg hat die japanische Regierung am Freitag einen Haushalt in Rekordhöhe von 92,29 Billionen Yen (700 Mrd. Euro) für das kommende Jahr vorgestellt. Nach wie vor hat die Deflation das Land fest im Griff und auch die Arbeitslosenrate ist im November erstmals seit vier Monaten wieder gestiegen. Unterdessen gerät Ministerpräsident Hatoyama innenpolitisch unter Druck.

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Ministerpräsident Hatoyama: Dieser Etat soll Leben retten. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

HB TOKIO. Der Etat solle Leben retten, sagte Ministerpräsident Yukio Hatoyama. Die Sozialausgaben, mit denen Hatoyama im Wahlkampf geworben hatte, sollen dem Finanzministerium zufolge im neuen Haushalt um zehn Prozent steigen. Ab April sollen Familien beispielsweise pro Kind mehrere Jahre lang monatlich mit 13 000 Yen (knapp 100 Euro) unterstützt werden. Dem geplanten Etat muss im Januar noch das Parlament zustimmen.

Japans Regierung legte den Schwerpunkt bei den Ausgaben auf Maßnahmen zum Ankurbeln des privaten Konsums. Vor allem Familien mit Kindern sollen mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommen, öffentliche Verschwendung soll dagegen bekämpft werden. Japan wird über Staatsanleihen neue Schulden im Wert von 44,3 Billionen Yen aufnehmen. Die Steuereinnahmen sinken der Prognose zufolge dagegen auf 37,4 Billionen Euro und damit auf den niedrigsten Wert seit 1984.

Die Arbeitslosenquote Japans ist im November erstmals seit vier Monaten wieder gestiegen. Wie die Regierung am Freitag in Tokio bekanntgab, stieg die Quote von 5,1 Prozent im Oktober auf 5,2 Prozent. Einbrüche im Einzel- und Großhandel wurden für die negative Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich gemacht. Im Vergleich zum Vorjahr lag die Zahl der als arbeitslos registrierten Menschen um 750 000 höher bei insgesamt 3,31 Mio. Menschen.

Deflation hat Japan weiter fest im Griff

Auch im November sanken die Verbraucherpreise ohne die schwankungsanfälligen Lebensmittel um 1,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, teilte die Regierung weiter mit. Damit sanken die Preise den neunten Monat in Folge. Allerdings habe sich der Rückgang etwas abgebremst. Im Oktober waren die Preise noch um 2,2 Prozent rückläufig.

"Niemand rechnet damit, dass die Deflation bald endet und die heutigen Daten ändern an dieser Sichtweise nichts", sagte Naoki Murakami, Chefvolkswirt von Monex Securities. Angesichts des großen Staatsdefizits sind die Möglichkeiten für weitere steuerliche Anreize für die Verbraucher begrenzt. Analysten vermuten daher, dass die Regierung die japanische Notenbank dazu drängen werde, die Geldpolitik im kommenden Jahr weiter zu lockern. "Die Notenbank wird dies vielleicht nicht gerne tun wollen, wird aber kaum eine andere Möglichkeit haben, als sich zu fügen", sagte Volkswirt Yasuhide Yajima von NLI.

Erst vergangene Woche hatte Japans Zentralbank ihre Entschlossenheit im Kampf gegen die Deflation bekräftigt und die Märkte auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik vorbereitet. Stagnierende oder sogar fallende Preise würden nicht mehr geduldet, hieß es. Experten sahen diese Aussage als Hinweis darauf, dass die Bank ihren Leitzins möglicherweise bis ins Jahr 2012 hinein bei 0,1 Prozent belässt.

Regierungschef wegen Finanzskandal unter Druck

Der erst rund drei Monate amtierende Hatoyama gerät unterdessen wegen eines Spendenskandals zunehmend unter Druck. In Medien wurde am Freitag über die Möglichkeit eines Rücktritts spekuliert, sollte der Regierungschef nicht Führungsstärke beweisen. Hatoyama hatte am Donnerstag einen Rücktritt abgelehnt, nachdem zwei seiner ehemaligen Berater wegen der Fälschung von Berichten in Zusammenhang mit Spendengeldern angeklagt worden sind. Er fühle sich darin bestärkt, seine Pflichten als Ministerpräsident zu erfüllen, sagte Hatoyama auf einer hastig einberufenen Pressekonferenz. Wenn er nun zurückträte, käme dies einem Verrat an den Wählern gleich.

In Umfragen vor der Anklageerhebung sah die Mehrheit der Bevölkerung keinen Grund für einen Rücktritt Hatoyamas. Dies könne sich aber ändern, wenn seine Erklärung in dem Fall und sein politischer Kurs die Wähler nicht mehr überzeuge, hieß es in einem Kommentar der Zeitung "Mainichi". Zuletzt war Hatoyama in Umfragen in der Wählergunst unter die Marke von 50 Prozent gefallen, nachdem er sich schon auf Zustimmungswerte von mehr als 70 Prozent stützen konnte. In der Öffentlichkeit wuchsen die Zweifel, dass der als wenig charismatisch geltende Hatoyama fähig ist, harte Entscheidung in der Wirtschafts- und Außenpolitik zu treffen.

In dem Finanz-Skandal geht es um Zahlungen von umgerechnet rund 2,3 Mio. Euro. Medienberichten zufolge gibt es aber keinen Verdacht auf Korruption. Hatoyama hat wiederholt jede Kenntnis über die falschen Spendenberichte bestritten. Allerdings könnte ein weiterer Abfall in der Wählergunst, die Chancen seiner Demokratischen Partei (DPJ) bei den Oberhauswahlen Mitte kommenden Jahres verringern. Die DPJ hatte erst im Sommer die innenpolitische Vormachtstellung der konservativen LDP beendet, die Japan seit mehr als einem halben Jahrhundert nahezu ununterbrochen regierte hatte.

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