Innenpolitik Sarrazin: Lohnabschluss kostet 30 Milliarden Euro

Eine Kostenwelle von rund 30 Milliarden Euro - ausgelöst durch den Lohnabschluss für den Öffentlichen Dienst - sieht der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) allein in diesem Jahr auf Bund, Länder und Kommunen zurollen.

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Der Berliner Finanzsenator Quelle: dpa

„Der Potsdamer Lohnabschluss führt zu einem Rattenschwanz an Ausgabensteigerungen bis hin zu höheren Renten und trifft alle öffentlichen Haushalte“, so Sarrazin in der WirtschaftsWoche. Mit fatalen Folgen, fürchtet Sarrazin: „Wir befinden uns in einer konjunkturellen Spätphase und die Ausgabenpolitik wird locker. Das brach schon 1966 der Regierung von Ludwig Erhard das Genick, 1973/74 der Regierung von Willy Brandt.“ Die damalige Lohnerhöhung, so Sarrazin, sei nicht viel höher als der jetzige Abschluss von acht Prozent für 2008 und 2009.

Sarrazin: „Wir stecken wieder einmal in der gleichen Falle. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich schon bald abflachen.“ Wenn nur ein unvorhergesehenes Ereignis hinzukomme, „ein großes Attentat, ein Einbruch in China oder ein neuer Krieg im Mittleren Osten“, dann kippe die Wirtschaft „ganz plötzlich“ und die Steuereinnahmen „brechen weg“. Auf der anderen Seite, ergänzt Sarrazin, „steigen die Ausgaben jetzt wieder deutlich an“. Er rechnet statt mit einem öffentlichen Haushaltsdefizit von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in den nächsten zwei, drei Jahren wieder „mit einem Minus von 1,5 bis mehr als drei Prozent“ – und damit mit einem Verfehlen des Maastricht-Kriteriums.

Kritik an Bundesfinanzminister

Der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin ist mehr als skeptisch, dass sein Parteigenosse Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bis 2011 einen ausgeglichenen Bundeshaushalt vorweisen kann. „Ich sehe nicht, wie er das hinbekommen will“, sagt Sarrazin, dem es gelungen ist in Berlin als einzigem Bundesland die Ausgaben real zu senken, im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Viele Politiker agieren kurzatmig und ziehen keine Lehren aus der Vergangenheit“, kritisiert Sarrazin.

Zum jetzigen Zeitpunkt sieht er für Steinbrück keine Chance mehr, das Ruder noch herumzureißen: „Es ist ein bisschen spät, einem Bergwanderer in kurzen Hosen Tipps zu geben, wenn er im Gebirge von einer Schlechtwetterfront überrascht wird.“ So hätte er an Steinbrücks Stelle „für dieses und nächstes Jahr schon längst einen Puffer für die absehbaren Wahlgeschenke eingeplant.“ Auch der CDU-Politiker und Steuerberater Josef Schlarmann hält eine Konsolidierung des Bundesetats bis 2011 für unerreichbar: „Da wette ich eine Kiste Sekt.“ Und der oberste parlamentarische Haushaltskontrolleur Otto Fricke (FDP) sieht bereits den laufenden Bundeshaushalt 2008 gefährdet und befürchtet eine wieder ansteigende Neuverschuldung: „Wir sind nachdem wir schon dem gelobten Land ohne Neuverschuldung so nahe waren, wieder auf dem Rückweg in die Schuldenberge.“

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