Dresden Tausende stellen sich Nazi-Aufmarsch entgegen

Menschenkette gegen Rechts: Im Zentrum von Dresden protestieren Tausende Bürger gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremisten. "Diese Bande gehört nicht hierher" rief die Oberbürgermeisterin den Menschen zu. Vereinzelt kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Linken und Neonazis.

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Menschenkette in Dresden: Auch Sachsens Ministerpräsident Tillich (zweiter von rechts) protestiert gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten. Quelle: dpa Quelle: handelsblatt.com

HB DRESDEN. Friedlicher Protest Tausender Bürger, aber Auseinandersetzungen zwischen Linken und Neonazis: Am 65. Jahrestag des Bombardements von Dresden haben sich Gegendemonstranten einem Aufmarsch von laut Polizei rund 5 000 Rechtsextremisten in der Neustadt entgegengestellt. Diese konnten dort lediglich eine Kundgebung abhalten.

Im historischen Zentrum auf der anderen Elbseite beteiligten sich etwa 10 000 Menschen an einer Menschenkette gegen die Rechtsextremisten. "Dresden will sie nicht und diese Bande gehört nicht hierher", sagte Oberbürgermeisterin Helma Orosz.

Am Nachmittag teilte die Polizei den Neonazis mit, dass sie vorerst nicht wie geplant durch die Neustadt ziehen dürften. Man könne nicht für die Sicherheit garantieren, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner. Das sei aber noch keine endgültige Absage.

Nach seinen Angaben kam es in umliegenden Straßen zu Auseinandersetzungen, unter anderem an einem alternativen Jugendzentrum zwischen Rechten und Linken. Es seien Barrikaden errichtet worden, von denen einige in Brand gesteckt worden seien, teilte Geithner weiter mit. Es kamen Wasserwerfer zum Einsatz.

Er hatte zunächst keine Informationen über Verletzte oder Festnahmen. Ein Journalist wurde von einem Stein am Kopf getroffen und erlitt eine Platzwunde. Er befand sich nach eigenen Angaben in der Nähe von Rechtsextremisten, die von der Polizei in Richtung Bahnhof Neustadt geleitet wurden.

Die mindestens 2 000 Gegendemonstranten waren am Morgen zu dem Bahnhof gezogen und hatten die Zufahrten mit Sitzblockaden und einer vorübergehenden Gleisblockade dicht gemacht. Tausende hielten sich dort auf und verhinderten so zunächst den Demonstrationszug der Rechten. Insgesamt kamen etwas weniger Neonazis nach Dresden als erwartet. Zuvor war von bis zu 8 000 Rechten aus ganz Europa die Rede gewesen.

"Festung gegen Intoleranz und Dummheit"

Auf der anderen Seite der Elbe machten die Bürger Dresdens gegen Neonazis und einen Missbrauch des Gedenkens an die Opfer der Bombardierung mobil. Nach einem Friedensgebet, das von etwa 80 Blechbläsern musikalisch gestaltet wurde, bildeten mehrere tausend Menschen eine Menschenkette. Nach Angaben eines Stadtsprechers beteiligten sich mehr als 10 000 Bürger.

Oberbürgermeisterin Orosz sagte, der Jahrestag der Bombardierung im Februar 1945 sei eine Erinnerung daran, "wer diesen verdammten Krieg losgetreten hatte". Die CDU-Politikerin sagte weiter unter Anspielung auf die Route der Menschenkette entlang der alten Festungswälle: "Wir machen Dresden zur Festung gegen Intoleranz und Dummheit."

Viele Demonstranten hatten weiße Rosen angesteckt. Die Oberbürgermeisterin wandte sich in ihrer Rede aber auch gegen die Verhöhnung der Opfer von Krieg und Gewalt. Matthias Neutzner von der Interessengemeinschaft "13. Februar 1945" äußerte Genugtuung über die große Beteiligung an der Menschenkette. Seine Erwartungen seien übertroffen worden.

Die rechte Szene ruft seit Jahren zu sogenannten Trauermärschen für die Opfer des Bombardements in der Nacht auf den 14. Februar 1945 auf. Im vergangenen Jahr waren rund 6 000 Rechtsextremisten nach Dresden gekommen.

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