Arbeitsminister Jung will Kurzarbeit verlängern

Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) will die Kurzarbeitergeld-Regelungen um 18 Monate verlängern. Dem IG-Metall-Vorschlag, staatlich unterstützte 28-Stunden-Wochen in Krisenunternehmen einzuführen, will sich der Minister aber nicht anschließen. Der Ökonom Gustav Horn rechnet erst im Winter 2010/11 mit dem Höhepunkt der Arbeitsmarktkrise.

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Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU):

HB MAINZ. "Wir sind noch nicht durch das Tal", sagte Franz Josef Jung (CDU) zur Begründung der Kurzarbeit-Verlängerung am Samstag bei der Bundesversammlung der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU/CSU (KPV) in Mainz. Er werde dem Kabinett vorschlagen, die Antragsfrist über das Jahresende hinaus zu verlängern, damit das Kurzarbeitergeld in dieser Form noch 18 Monate lang gezahlt werden könne.

Nach geltendem Recht gibt es das "Kurzarbeitergeld plus" zu den günstigeren Konditionen für 24 Monate nur, wenn dies bis Jahresende angemeldet wird. Diese Frist soll verlängert werden, sonst würde die alte Regelung greifen, nach der nur 6 Monate Kurzarbeitergeld gezahlt wird.

Jung sprach sich zugleich dafür aus, die Regelungen für befristete Arbeitsverträge zu lockern. Die Einführung gesetzlicher Mindestlöhne lehnte er strikt ab. Dies sei der falsche Weg. "Der Staat soll sich aus Lohnfestsetzungen heraushalten, dies ist Sache der Tarifautonomie", sagte der Arbeitsminister vor rund 200 Unions- Kommunalpolitikern in der Mainzer Rheingoldhalle.

Der Arbeitsminister kündigte an, bis Weihnachten gemeinsam mit den Ländern, der Bundesagentur für Arbeit und den 69 sogenannten Optionskommunen zu vereinbaren, wie die Zusammenarbeit in den Jobcentern künftig gestaltet werden könne. Es sollten zügig die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die bestehenden Optionskommunen eine Zukunft haben. Er wünsche sich grundsätzlich "mehr Freiraum für Optionskommunen", dafür sei jedoch eine Verfassungsänderung möglich.

Hundt: Kurzarbeit kostet Wirtschaft fünf Milliarden Euro

Zuvor hatte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt die Bundesregierung aufgefordert, auch 2010 die Kurzarbeit unter den derzeitigen erleichterten Bedingungen zu ermöglichen. "Das Instrument hat sich sehr bewährt", sagte Hundt gegenüber der "Wirtschaftswoche". Allerdings dürfe Kurzarbeit kein Dauerzustand werden, sie sei trotz der Entlastung bei den Sozialabgaben für die Unternehmen teuer. Hundt: "Die Kosten für die Wirtschaft liegen 2009 bei rund fünf Milliarden Euro."

Laut "Spiegel" spricht sich Jungs Ministerium gegen Arbeitszeit-Verkürzungen bis zur 28-Stunden-Woche mit staatlicher Hilfe aus. "Das Ministerium unterstützt diesen Vorstoß nicht", sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums dem Magazin. Die IG Metall hatte vorgeschlagen, dass schwer mit der Krise kämpfende Betriebe vorübergehend die 28-Stunden-Woche einführen dürfen. Dabei sollen für einen Teil der wegfallenden Stunden 25 Prozent des Lohns weitergezahlt werden. Im Gegenzug solle der Staat diesen Teillohnausgleich von Abgaben und Steuern freistellen.

Die Firmen entlasteten sich in diesem Fall "auf Kosten der Solidargemeinschaft von Arbeitskosten", begründete das Ministerium seine Ablehnung. Auch sei eine solche Lösung nicht im Sinn der Arbeitnehmer, "denn dann verlieren sie Ansprüche an die Sozialversicherung".

Gesamtmetall begrüßt Gewerkschaftsvorschlag

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall begrüßte den Vorschlag hingegen. Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser sagte der "Welt am Sonntag", eine weitere Absenkung auf beispielsweise 26 Stunden wäre sinnvoll. Für den Beitrags- und Steuerzahler würde das Modell nicht teurer als die herkömmliche Kurzarbeit, sagte er. Das Verfahren müsse "auf das mit hoher Sicherheit noch äußerst problematische Jahr 2010 begrenzt werden".

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) erwartet aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit auch im Jahr 2011 ein Milliardendefizit. Dies soll nach Ansicht von BA-Verwaltungsratsmitglied und DGB-Vorstand Wilhelm Adamy durch Bundesmittel gedeckt werden. Andernfalls drohten Leistungskürzungen. "Der Bund muss sich seiner Verantwortung stellen und die Milliardenlücke der BA schließen", sagte Adamy der "Berliner Zeitung". Die Defizithaftung des Bundes sei ein zentraler Eckpfeiler der Arbeitslosenversicherung. Nur so könne die BA ihre stabilisierende Arbeit sicherstellen.

Gustav Horn: 4,6 bis 4,7 Millionen Arbeitslosen 2010

Die Krise auf dem Arbeitsmarkt ist nach den Worten von Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), noch nicht vorbei. Er geht davon aus, dass erst im Winter 2010/11 der Höhepunkt der Arbeitslosigkeit erreicht sein wird. "Wir gehen im Durchschnitt des Jahres 2010 von 4,6 bis 4,7 Millionen Arbeitslosen aus", sagte Horn der "Schweriner Volkszeitung". "Die Verlängerung der Kurzarbeiterregelung ist zwar wichtig. Doch es wird immer mehr Betriebe geben, die realisieren müssen, dass sie überzähliges Personal haben."

Auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt rechnet in den kommenden Monaten mit einem weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit - aber "bei Weitem nicht so stark wie manche prognostizieren", so der Arbeitgeberpräsident in der "Wirtschaftswoche". Er gehe "davon aus, dass die Arbeitslosigkeit 2010 im Schnitt nicht wesentlich über vier Millionen liegen wird." Derzeit registriere speziell der Maschinen- und Automobilbau bereits wieder eine wachsende Nachfrage nach Zeitarbeitskräften.

Die konjunkturelle Lage bewertet Hundt verhalten optimistisch. "Vor allem die am schwersten betroffenen Bereiche wie der Maschinenbau und die Automobilbranche samt Zulieferern sehen wieder Land und verzeichnen steigende Auftragseingänge. Allerdings wird es noch Jahre dauern, bis die deutsche Volkswirtschaft das Niveau der Zeit vor der Krise wieder erreicht. Es liegt eine lange Durststrecke vor uns."

Das Thema Kündigungsschutz will Hundt in seiner nächsten Amtszeit nicht wieder aufgreifen. "Als Staatsbürger muss ich akzeptieren, dass die Bundeskanzlerin gesagt hat, den Kündigungsschutz nicht ändern zu wollen." Gleichwohl sei er überzeugt, dass der Arbeitgebervorschlag, bei Neuverträgen ein Wahlrecht zwischen Kündigungsschutz und einer vorher vereinbarten Abfindung im Entlassungsfall einzuräumen, dazu führen würde, "dass mehr Betriebe zusätzliche Arbeitsplätze anbieten ".

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