Betsy DeVos Warum die US-Bildungsministerin so umstritten ist

Bei der Wahl von Betsy DeVos zur Bildungsministerin stimmten sogar zwei Republikaner gegen sie. Für die umstrittene 59-Jährige ist das Bildungswesen Neuland – ausgerechnet sie muss ein komplexes Problem lösen.

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Die neue US-Bildungsministern bei ihrer Vereidigung. Ob DeVos irgendwelche Ideen hat, das zum Teil marode öffentliche Schulsystem zu reformieren, bleibt im Nebel. Quelle: AP

New York Kaum ein Mitglied in Donald Trumps Regierung ist so umstritten wie die Bildungsministerin Betsy DeVos. Nur mit der Stimme von Trumps Stellvertreter Mike Pence bekam sie die Zustimmung des Senats. Sogar zwei Mitglieder der republikanischen Partei hatten gegen sie gestimmt.

Dass die Frau aus einer reichen Familie in Michigan so umstritten ist, hat zwei Gründe. Einmal ist das Thema „Schule“ in den USA besonders kompliziert und heftig umstritten. Und dann ist DeVos bisher eher als Lobbyistin und Geldgeberin für Politiker in Erscheinung getreten – und gerade nicht als Expertin für das Bildungswesen. Ihre mitunter konfusen Antworten bei der Anhörung im Senat haben diesen Eindruck verstärkt. Auf die Frage, was sie von Waffen in Schulen halte, merkte sie an, die könnten hier und da zum Schutz gegen Bären sinnvoll sein.

Bekannt ist bisher nur, dass DeVos sich stets für private Schulen stark gemacht. Ob sie irgendwelche Ideen hat, das zum Teil marode öffentliche Schulsystem zu reformieren, bleibt im Nebel. Offenbar hat sie sich damit noch nie beschäftigt. Kein Wunder: Weder sie noch ihre Kinder haben jemals eine öffentliche Schule besucht. Jetzt ist sie für rund 55 Millionen Schülerinnen und Schüler zuständig.

Die Probleme der öffentlichen Schulen fangen mit den Finanzen an. Die Schulen werden von den Städten und Gemeinden finanziert, im Wesentlichen über die zum Teil sehr hohen Grundsteuern. Daraus ergibt sich eine einfache Gleichung: Reiche Gemeinden können sich gute Schulen leisten, Gemeinden mit sozialen Brennpunkten dagegen haben nicht nur mehr Probleme, sondern auch weniger Geld, sie zu lösen.

Es gibt zwei Ansätze, dieses Problem anzugehen. Einmal gibt es so genannte Charter-Schulen. Das sind auch öffentliche Schulen, aber sie sind außerhalb des üblichen Systems angesiedelt. Sie sind oft besser ausgestattet und können sich ihre Schüler aussuchen, werden aber auch strenger überprüft. Diese Schulen sind umstritten, haben aber wenigstens zum Teil gute Ergebnisse gezeigt. Dort besteht allerdings die Gefahr, dass sie sich nur die besten Schüler rauspicken und dann mit den besten Ergebnissen glänzen. Wo es Charter-Schulen gibt, ist der Andrang mitunter groß.

Dann gibt es die Idee, private Schulen mit Gutscheinen zu finanzieren. Die Eltern bekommen Gutscheine, die staatlich finanziert sind, und können damit Kinder auf Schulen ihrer Wahl schicken. Die Idee ist, so eine Art Markt einzuführen, was zur Verbesserung der Qualität führen soll. Dieses Konzept scheint die Kernidee von DeVos zu sein. Bisher hat es aber sehr durchmischte Ergebnisse erzielt, wo es eingeführt wurde.

Die Gefahr bei Charter-Schulen und Gutschein-Konzepten ist, dass noch mehr Geld aus den regulären öffentlichen Schulen abgezweigt wird, um es in diese Kanäle umzuleiten. Hinzu kommt, dass öffentliches Geld in Einrichtungen fließt, die zum Teil kommerziell betrieben werden oder dezidiert als christliche Schulen auftreten. DeVos scheint auch eine Vorliebe für christliche Schulen zu haben.

Die ganze Debatte ist sehr stark ideologisch überlagert. Auch die Lehrergewerkschaft steht Veränderungen nicht gerade aufgeschlossen gegenüber. Um sich in diesem Dschungel zurecht zu finden, bräuchten die USA jemanden mit viel praktischer Erfahrung. Damit ist jetzt für die nächsten vier Jahre nicht mehr zu rechnen.

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