Bundespräsidentenwahl in Österreich Van der Bellen liegt vorne – Hofer räumt Niederlage ein

Der Wahlkrimi um das höchste Staatsamt in Österreich geht zu Ende. Mit dem besseren Ausgang für Ex-Grünen-Chef Alexander van der Bellen. Er liegt hauchdünn vor dem rechtspopulistischen FPÖ-Politiker Norbert Hofer.

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Alexander Van der Bellen wird wohl Österreichs neuer Bundespräsident. Quelle: AFP

Wien Mit großer Spannung haben die Österreicher und viele Europäer das Endergebnis der Bundespräsidentenwahl in der Alpenrepublik erwartet. Nun ist klar: Ex-Grünen-Chef Alexander van der Bellen hat den Wahlkrimi für sich entschieden. Hauchdünn siegte der unabhängige Kandidat vor dem rechtspopulistischen FPÖ-Politiker Norbert Hofer. Erst durch das Auszählen der vielen Briefwählerstimmen konnte das Patt am Wahltag beseitigt werden.

Noch bevor der letzte Wahlkreis ausgezählt war, gestand Hofer seine Niederlage ein. Beobachter sahen zu diesem Zeitpunkt seinen Kontrahenten mit etwa 24.800 Stimmen vorne. Noch steht das Ergebnis aus Innsbruck aus. Dennoch schrieb Hofer um kurz nach 16 Uhr auf seiner Facebookseite: „Natürlich bin ich heute traurig. Ich hätte gerne für Euch als Bundespräsident auf unser wunderbares Land aufgepasst.“

Der spannende Urnengang zeigt die tiefe Spaltung Österreichs. Auf der einen Seite sind die Frustrierten, Zu-Kurz-Gekommenen und Protestierenden, die mit Hilfe eines rechtspopulistischen Präsidenten in der Wiener Hofburg einen Systemwechsel herbeisehnen. Auf der anderen Seite stehen die Bürgerlichen, Intellektuellen und Unternehmer, die an der Reformfähigkeit der verunsicherten Alpenrepublik mit einem liberalen und grünen Bundespräsidenten glauben.

Die Wahl ist aber vor allem ein Votum gegen den Filz der beiden Großparteien, der sozialdemokratischen SPÖ und der konservativen ÖVP. Ihre Kandidaten hatten es erstmals in der Geschichte des Alpenlandes seit dem Zweiten Weltkrieg nicht einmal in die Stichwahl geschafft. Die Bürger haben mit ihrem Votum bei der Bundespräsidentenwahl gegen den rot-weiß-roten Filzstaat mit seiner schamlosen „Freunderlwirtschaft“ protestiert. Die Postenschieberei, die Machtarroganz und die Bürokratisierung hat das Land zwischen Bodensee und Neusiedler See polarisiert.

In dieser Situation wird die größte Aufgabe des neuen Bundespräsidenten Brücken über den tiefen Graben zu bauen. Denn Österreich braucht angesichts der vielen wirtschaftlichen Herausforderungen und der politischen Zerrissenheit eine neue Kultur des Kompromisses. Statt Missgunst und Neid benötigt das Land Kooperationsbereitschaft und Miteinander – Dialog statt Verteufelung des politischen Gegners. Nur durch eine konstruktive Zusammenarbeit über die ideologischen Gräben hinweg, kann die Alpenrepublik wieder an frühere Zeiten anknüpfen und die Identitätskrise überwinden.

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