Rom Verschrotter, Speedy Gonzalez, Senkrechtstarter, Hoffnungsträger, italienischer Tony Blair: Lang ist die Liste der Beinamen, die Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi trägt. Als der 40-jährige Sozialdemokrat vor einem Jahr in Rom das Amt des Regierungschefs antrat, waren die Erwartungen in seiner Heimat und in Europa groß. Das hoch verschuldete Land endlich aus der Krise führen, jeden Monat eine Reform, die alte Politikerkaste in die Tonne treten, Bürokratie abschaffen und Wachstum schaffen.
Nach einem Jahr ist der junge Florentiner zwar immer noch voller Tatendrang, Selbstbewusstsein und Optimismus. Doch die Arbeitslosigkeit liegt immer noch bei mehr als zwölf Prozent, die Verschuldung mit 130 Prozent der Wirtschaftsleistung weit über der erlaubten Grenze der EU und die Wirtschaft will einfach nicht wachsen. „Renzi hat sein erstes Jahr vor allem institutionellen Reformen gewidmet, die alle noch eine Baustelle sind - erst seit Ende letzten Jahres hat er sich der Finanzpolitik zugewandt“, sagt Francesco Galietti vom politischen Think Tank Policy Sonar, der Deutschen Presse-Agentur. Seine Popularität sei extrem gesunken, wegen der Art, wie er Wirtschaftsreformen angehe.
Wissenswertes über Italien
Das Klima und die mediterrane Küche sind wohl ausschlaggebend für die hohe Lebenserwartung der Italiener. In Europa führen sie die Liste aller OECD-Staaten an, weltweit belegen sie den zweiten Platz. Die Lebenserwartung beträgt bei Frauen circa 83 Jahre, bei Männern 78 Jahre. Ungefähr 19 Prozent der Italiener sind älter als 65 Jahre.
Dennoch ist auch im Stiefelstaat der Trend zum Übergewicht festzustellen. Italien hat der adipösen Gesellschaft den Kampf angesagt und so gibt es in Italien einige Krankenhäuser, die sich ausschließlich um fettleibige Patienten kümmern.
Der Süßwarenfabrikant Michele Ferrero ist der reichste Mann Italiens. Sein Vermögen wird auf 17 Milliarden Dollar geschätzt. Leonardo Del Vecchio, Gründer von Luxottica, folgt auf Rang zwei.
Die italienische Landwirtschaft spielt insgesamt keine große Rolle. In zwei Bereichen sind die Italiener dennoch Weltspitze: So produzierte das Land 2010 rund 44,8 Millionen Hektoliter Wein. Nur Frankreich stellt mehr Wein her. Außerdem ist Italien, nach Spanien, der zweitgrößte Erzeuger von Olivenöl.
Italiens Handelspartner befinden sich in direkter Nähe zu dem Land. Deutschland ist der wichtigste Partner, gefolgt von Frankreich. Italiens Produkte erfreuen sich besonders in Großbritannien, Spanien und den USA großer Beliebtheit. Importiert wird aus den Niederlanden, China, Libyen und Russland.
Eindeutig Brillen herstellen! Denn Luxottica, mit Sitz in Agordo (Provinz Belluno) ist der weltgrößte Brillenhersteller. Seit 1995 kauft das italienische Unternehmen US-Marken wie Ray-Ban und Oakley auf.
Mailand, Turin und Genua sind die größten Wirtschaftszentren Italiens. Sie sind Teil des europäischen Wirtschaftsraumes, der durch neun Länder führt und "Blaue Banane" heißt. Zentrale Einrichtungen der Europäischen Union und 20 Weltstädte befinden sich in der Zone. Hier sind die Bevölkerung, die Wirtschaft, das Kapital und die Infrastruktur sehr gut verwoben und bilden somit eine wirtschaftliche Achse Europas. Vergleichbar ist dieser Wirtschaftsraum mit BosWash in den USA.
Kuriose Gesetze sind in Italien keine Seltenheit. So müssen Hunde dreimal täglich Gassi gehen. Die Polizei darf sich bei den Nachbarn auch erkundigen, ob dies eingehalten wird. Hohe Geldstrafen sind ausgesetzt, wer sich nicht an die Gesetze halten will. Wer sich in der Lombardei abends auf einer Bank ausruhen will, muss sich vergewissern, dass nicht mehr als drei Personen Platz nehmen. Denn in einem öffentlichen Park ist dies streng reglementiert.
Italien ist das Land mit den meisten Welterbestätten. Italien ist in Besitz von 100.000 Denkmälern. Darunter befinden sich nicht nur Kirchen, Galerien und Schlösser. Auch archäologische Funde, Brunnen und Villen fallen unter den Denkmalschutz.
Trat Renzi am Anfang nicht nur im eigenen Land sondern auch in Europa sehr forsch auf, scheint er sich nun mehr der Realität des politischen Geschäfts gefügt zu haben. „Er hat schnell verstanden, dass in Europa die Dinge ein bisschen komplizierter sind“, sagt Ezio Mauro, Herausgeber der Zeitung „La Repubblica“. Immerhin konnte er seine Kandidatin Federica Mogherini für das Amt der EU-Außenbeauftragten durchdrücken. Zudem zeigte Brüssel Milde mit Defizitsündern wie Italien und verlängerte eine Frist, in der über mögliche Strafverfahren entschieden wird, bis März.