Enthüllungen durch „Panama Papers“ Wer ist der Nächste?

Die Liste der Namen, die im Zusammenhang mit Offshore-Geschäften in Panama fallen, wird immer länger. Und für den Mittwoch werden weitere prominente Enthüllungen erwartet. Panama und Mossack Fonseca wehren sich derweil.

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DIe Offshore-Geschäfte im lateinamerikanischen Staat werden an die Öffentlichkeit gezerrt. Quelle: AP

Panama-Stadt, Berlin Die Enthüllungen über Zehntausende Briefkastenfirmen in Steueroasen sorgen weiterhin weltweit für Unruhe. Nachdem bereits der isländische Regierungschef Sigmundur David Gunnlaugsson über die Affäre stolperte, wird am Mittwoch mit Spannung auf neue Enthüllungen und mögliche prominente Opfer gewartet. Auch die Behörden in Panama stehen unter Druck.

Kritik der Industrieländer-Organisation OECD an mangelnder Kooperationsbereitschaft beim Austausch von Finanzdaten wies die Regierung des mittelamerikanischen Landes zurück. Die Äußerungen von OECD-Generalsekretär Angel Gurría seien respektlos und unverantwortlich gewesen, sagte der Minister im Präsidialamt, Álvaro Alemán, am Dienstag. Panama werde zum alleinigen Sündenbock gemacht, obwohl in den Enthüllungsberichten weitere 21 Länder erwähnt würden. Außerdem habe Panama zuletzt mehrere Gesetze zur Regulierung des Finanzsektors geändert.

Nach der Aufdeckung von 214 000 Briefkastenfirmen durch die „Panama Papers“ hatte Gurría dem Land bescheinigt, internationale Standards für Steuertransparenz trotz früherer Zusagen zu missachten. „Panama ist der letzte große Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden“, kritisierte der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Die panamaische Regierung hat die Kritik der Industrieländer-Organisation OECD an der Kooperationsbereitschaft des mittelamerikanischen Landes beim Austausch von Finanzdaten zurückgewiesen. Die Äußerungen von OECD-Generalsekretär Angel Gurría in Berlin seien respektlos und unverantwortlich gewesen, sagte der Minister im Präsidialamt, Álvaro Alemán, am Dienstag. Panama werde zum alleinigen Sündenbock gemacht, obwohl in den Enthüllungen der „Panama Papers“ weitere 21 Länder erwähnt würden.

Alemán wies auf die jüngsten Reformen hin. Panama habe zuletzt eine Reihe von Gesetzen zur Regulierung des Finanzsektors geändert. Im Februar habe der OECD-Arbeitskreis für Maßnahmen zur Geldwäschebekämpfung (Gafi) das Land deshalb von der grauen Liste gestrichen, auf der Staaten mit Defiziten beim internationalen Austausch von Finanz- und Steuerinformationen geführt werden.


Auch Fifa-Chef Infantino dabei

Die „Panama Papers“ erinnern nach Worten von US-Präsident Barack Obama daran, dass Steuerhinterziehung ein globales Problem bleibt. In seiner ersten Reaktion auf die Veröffentlichung sagte Obama am Dienstag: „Es wird immer eine Art verbotener Bewegung von Fonds rund um die Welt geben, aber wir sollten es ihnen nicht einfach machen. Wir sollten nicht gestatten, sich an Transaktionen nur zu beteiligen, um Steuern zu vermeiden.“

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) nannte die Dimension der Enthüllungen „schockierend“. Allerdings sei das grundsätzliche Problem bereits seit Jahren bekannt, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Mittwoch). In den vergangenen Jahrzehnten habe sich auf legale Weise durch „zügellose Liberalisierung“ ein professionelles System der Steuervermeidung, Geldwäsche und Steuerhinterziehung gebildet. „Da müssen wir entschlossener ran.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Dienstagabend: „Man wird bei den Fragen der Steuervermeidung immer wieder schauen, mit welchen Mitteln man das am besten bekämpfen kann.“ Für einige Banken in Deutschland hätten solche Praktiken auch schon Strafen nach sich gezogen - und „sicherlich wird man jeden Anlass nehmen, um zu schauen, ob das Strafrecht schon ausreichend ist“. Grundsätzlich seien Transparenz und Meldepflichten „von allergrößter Bedeutung“.

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann will deutsche Banken, die systematisch Beihilfe zum Steuerbetrug betreiben, hart bestrafen lassen. „Banken, die sich an der organisierten Steuerhinterziehung beteiligen, muss die Banklizenz entzogen werden“, sagte er der dpa.

Am Dienstag hatte die Partei von Islands Regierungschef nach massiven Protesten der Bevölkerung seinen Rücktritt verkündet, nachdem Gunnlaugssons Name im Zusammenhang mit den Enthüllungen aufgetaucht war. Das Volk ist erzürnt, dass der Ministerpräsident und seine Frau Millionen in einer Offshore-Firma versteckt haben könnten. Der Politiker weist die Vorwürfe zurück.

Unklar ist nach wie vor, ob und inwiefern die bekanntgewordenen Geschäftstätigkeiten von Politikern, Reichen, Sportlern und Banken illegal sind. Darauf weisen auch die an der monatelangen Recherche beteiligten Medien ausdrücklich hin. Zahlreiche Prominente sahen sich wegen der Enthüllungsberichte aber bereits zu Erklärungen genötigt.

Auch der neue FIFA-Präsident Gianni Infantino soll während seiner Zeit beim europäischen Dachverband UEFA angeblich zweifelhafte Geschäfte mit einer Briefkastenfirma abgezeichnet haben, ließ dies aber dementieren. „Es gibt keinerlei Anzeichen für irgendein Fehlverhalten der UEFA oder mir in dieser Angelegenheit“, wurde Infantino am Dienstagabend in einer Pressemitteilung der FIFA zitiert. Die UEFA äußerte sich „schockiert“ über die Medienberichte.


Mossack Fonseca klagt gegen unbekannt

Die in den „Panama Papers“ beschuldigte Kanzlei Mossack Fonseca geht derweil strafrechtlich gegen die Verantwortlichen des Datenlecks vor. „Niemandem gefällt es, bestohlen zu werden“, teilte ein Sprecher der Kanzlei der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag auf Anfrage mit. „Wir werden unser Möglichstes tun, um die Schuldigen zu bestrafen.“

Die „Süddeutsche Zeitung“ hatte berichtet, das Datenmaterial im Umfang von 2,6 Terabyte sei ihr von einer anonymen Quelle zugespielt worden. „Ich habe die Quelle nie gesehen. Wir haben einen verschlüsselten Chat, in dem wir uns austauschen“, sagt der Reporter Bastian Obermayer in einem Dokumentationsvideo zu der Recherche. „Ich frage ihn auch ganz direkt, warum er das macht - und er sagt, weil er findet, dass das aufhören sollte, was die machen.“

Mossack Fonseca geht davon aus, dass der Kanzlei-Server gehackt wurde. „Ein Hackerangriff ist eine Straftat. Ein schweres Verbrechen, das mit Gefängnis bestraft wird“, sagte Kanzlei-Teilhaber Ramón Fonseca Mora in einem Interview des Fernsehsenders Telemetro.

Die Kanzlei habe in Panama bereits Strafantrag gestellt, sagte die Chefin der Rechtsabteilung, Sara Montenegro. „Das müssen wir tun, um unsere Kunden zu verteidigen, die auf die eine oder andere Weise betroffen sind.“

Mossack Fonseca meint zu wissen, wer hinter dem Datendiebstahl steckt. „Wir haben einen Verdacht. Wir können dazu aber nicht mehr sagen, weil wir keine Beweise haben“, sagte Fonseca Mora. Auf die Frage, ob er glaube, dass es ein Insider-Job war, antwortete er: „Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.“

Von der Berichterstattung über den Fall fühlt sich der Anwalt in ein schlechtes Licht gestellt. Die Geschäfte seien vollkommen legal, und seine Kanzlei halte sich stets an die Regeln. Mossack Fonseca gründe die Kapitalgesellschaften lediglich und verkaufe sie an Zwischenhändler weiter, erklärte er. Ein Kontakt zu den Endkunden bestehe in der Regel nicht.

„Bisher war man so lange unschuldig, bis die Schuld bewiesen war“, sagte Fonseca Mora. „Heute leben wir in einer Welt, in der man so lange schuldig ist, bis man das Gegenteil beweisen kann. Das gefällt mir überhaupt nicht.“

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