EU-Außenministertreffen Streit über stärkeren Grenzschutz auf dem Balkan

Ist die Sicherung der griechisch-türkischen Grenze sinnlos geworden? Österreichische und ungarische Politiker erwägen, den Grenzschutz auf europäische Binnengrenzen zu konzentrieren. Die EU warnt vor einem Domino-Effekt.

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An der Grenze zu Griechenland stellen mazedonische Soldaten Stacheldrahtzäune auf. Dort sollen sich Flüchtlinge künftig registrieren und ein Ausweisdokument erhalten. Quelle: dpa

Amsterdam/Wien In der Europäischen Union gibt es Streit über einen stärkeren Schutz der Grenzen entlang der sogenannten Balkanroute. Die Forderung des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz (ÖVP), nicht mehr auf die Absicherung der türkisch-griechischen Grenze zu setzen, sondern stärkere Kontrollen in Mazedonien oder Serbien zu einzuführen, stieß bei EU-Politikern am Samstag auf Widerstand. Auch Österreichs Kanzler Werner Faymann (SPÖ) richtete den Fokus darauf, die türkisch-griechische Grenze zu stärken. In Amsterdam berieten die EU-Außenminister mit ihren Kollegen aus den Balkanländern und der Türkei über Wege aus der Flüchtlingskrise.

Faymann forderte, dass die EU-Grenzschutzagentur Frontex Flüchtlinge direkt in die Türkei zurückschicken soll. Die Menschen, die nach Griechenland flüchteten, sollten zunächst aufgegriffen werden, sagte er laut Online-Ausgabe der Zeitung „Österreich“. „Dann wäre Frontex nicht mehr nur ein Rettungsprogramm, sondern tatsächlich auch ein Grenzschutzprogramm.“ Allerdings müsste die Türkei bei diesem „Plan A“ mitspielen, sagte der SPÖ-Politiker weiter. Anderenfalls müsse „Plan B“ umgesetzt und die Innengrenzen wieder gesichert werden.

Österreichs Außenminister Kurz (ÖVP) hatte am Donnerstag angekündigt, beim EU-Außenministertreffen dafür zu werben, die mazedonische Grenze zu Griechenland zu stärken. Rückendeckung erhielt er dabei von seinem ungarischen Kollegen Peter Szijjarto: „Wenn Griechenland nicht bereit oder fähig ist, die Schengen-Grenze zu schützen, brauchen wir eine andere Verteidigungslinie, die offensichtlich Mazedonien und Bulgarien ist“, sagte der Fidesz-Politiker in Amsterdam. Ungarn hat wie andere Staaten in der Region Grenzzäune errichtet, um den Zustrom von Migranten einzudämmen.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, sie glaube nicht, dass das Schließen von Grenzen eine Lösung sei. EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn warnte vor einem „Domino-Effekt“, wenn ein Land in Europa seine Grenzen schließe. „Wir müssen eine Situation vermeiden, in der unsere Beitrittskandidaten auf dem Westbalkan eine Art Parkplatz für Flüchtlinge werden“, sagte Hahn, der wie Kurz der ÖVP angehört. Wie Hahn warb auch der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn dafür, den Schengen-Raum zu bewahren: „Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht vom Rechtsruck in Europa in eine Ecke ziehen lassen, in der Europa sein Gesicht verliert.“

Über die Türkei gelangen weiterhin tausende Flüchtlinge pro Tag nach Griechenland und machen sich von dort über die sogenannte Balkanroute auf in Richtung Mittel- und Nordeuropa. Die EU-Kommission hatte zuletzt in einem Bericht erhebliche Mängel beim Schutz der EU-Außengrenze in Griechenland festgestellt.

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