Flüchtlinge in Europa Amnesty besorgt wegen Lage an Schweizer Grenze

Für viele Flüchtlinge gibt es seit Juli an der Grenze zur Schweiz kaum noch ein Weiterkommen. Der daraus resultierende Rückstau alarmiert Amnesty International. Immer mehr Menschen stranden in Italien.

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In der italienischen Grenzstadt Como sind mehrere hundert Flüchtlinge gestrandet. Quelle: dpa

Zürich Ein Rückstau von Flüchtlingen an der schweizerisch-italienischen Grenze hat Besorgnis bei Menschenrechtlern ausgelöst. Amnesty International forderte am Mittwoch von den Schweizer Behörden Klarheit, ob Kindern auf dem Weg zu ihren Eltern die Einreise verwehrt wird. „Wir sind besorgt über Berichte von Minderjährigen, die nach eigenen Angaben an der Schweizer Grenze wieder nach Italien zurückgeschickt wurden und an der Weiterreise zu ihren Familienangehörigen in der Schweiz gehindert wurden“, erklärte Amnesty.

Für viele Flüchtlinge aus Eritrea, Äthiopien und anderen afrikanischen Ländern gibt es seit Juli auf ihrem Weg nach Nordeuropa an der Grenze zum Schweizer Kanton Tessin kaum noch ein Weiterkommen. Seit Anfang Juli ließen die Zöllner nur rund ein Drittel von fast 7500 Migranten passieren. In der italienischen Grenzstadt Como sind mehrere hundert Flüchtlinge gestrandet. Ein Park am Bahnhof des malerischen Ortes am Comer See, an dem Hollywood-Star George Clooney eine Villa besitzt, ist zu einem Flüchtlingscamp geworden.

Personen, die Asyl oder Schutz suchen, würden an das Staatssekretariat für Migration übergeben, sagte ein Sprecher der Schweizer Zollverwaltung. Migranten, die in die Schweiz einreisen oder diese lediglich durchqueren wollen und die Einreisevoraussetzungen nicht erfüllten, würden vom Grenzschutz zurück nach Italien gebracht. Basis dafür sei ein seit dem Jahr 2000 bestehendes Rückübernahmeabkommen. „Es gab in den vergangenen Wochen keine Änderung an dieser Praxis“, erklärte der Sprecher.

Amnesty zufolge wäre eine systematische Zurückweisung von Minderjährigen nicht vereinbar mit der besonderen Schutzwürdigkeit von Kindern auf der Flucht. Angesichts der prekären Lebensbedingungen für Flüchtlinge im Norden Italiens sei es inakzeptabel, besonders verletzliche Menschen abzuweisen. „Die Schweiz hat die Verpflichtung, in jeden Fall die UNO-Konvention zum Schutz des Kindes zu respektieren“, erklärte die Organisation.

Flüchtlinge, die in der Schweiz und in Frankreich abgewiesen wurden, strömen inzwischen nach Mailand. Mehr als 3000 Migranten auf dem Weg in andere europäische Länder seien bereits gestrandet, sagte der Bürgermeister der norditalienischen Metropole, Giuseppe Sala, am Dienstag.

Auch Deutschland hat sich der Fokus der Flüchtlingspolitik im ersten Halbjahr gegenüber 2015 deutlich verschoben. Bis Ende Juni wurden wesentlich mehr Menschen an der Grenze zurückgewiesen als im gesamten letzten Jahr.

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