François Fillon „Das ist eine Stinkbombe“

François Fillons Chancen auf die Präsidentschaft in Frankreich dürften gesunken sein. Er soll seine Frau jahrelang aus der Parlamentskasse bezahlt haben. Ohne, dass sie für ihn gearbeitet hat. Doch er streitet alles ab.

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Der Favorit für die französische Präsidentschaftswahl präsentierte sich bislang als Saubermann. Nun muss sich Francois Fillon für das Arbeitsverhältnis seiner Frau Penelope rechtfertigen. Quelle: AFP

Paris Rund 500.000 Euro hat Penelope Fillon, die Frau des konservativen Präsidentschaftskandidaten François Fillon, in acht Jahren als Parlamentsmitarbeiterin verdient. Ein ansehnliches Gehalt, an dem in Frankreich an sich erstmal nichts Illegales wäre: Viele Abgeordnete stellen ihre Familienangehörigen auf Kosten des Steuerzahlers ein.

Das Problem im Falle Fillon ist, dass sich bislang niemand daran erinnern kann, sie in acht Jahren auch nur ein einziges Mal in der Nationalversammlung gesehen zu haben. Sogar sie selbst hob in der Vergangenheit stets hervor, sie sei Hausfrau und halte sich von den politischen Aktivitäten ihres Mannes fern. Sollte Penelope Fillon eine fiktive Mitarbeiterin gewesen sein, könnten auch Fillons Ambitionen auf die Präsidentschaft bald ins Reich der Fiktion entschwinden.

Der Kandidat selber reagierte am Mittwoch wenig überzeugend auf die Enthüllungen der Wochenzeitung „Canard Enchainé“. „Das ist eine Stinkbombe“, erregte er sich am Rande einer Wahlkampfreise. „Die Anschuldigungen sind frauenfeindlich, nur weil sie meine Frau ist, darf sie nicht arbeiten?“ fragte Fillon haarscharf am Thema vorbei. Angesichts ihres Gehalts hätte sie nicht nur arbeiten dürfen, sondern müssen. Worin ihre Tätigkeit von 1998 bis 2002 für ihn selber und von 2002 bis 2007 für seinen Nachfolger Marc Joulaud bestanden hat, sagte der Kandidat nicht.

Penelope, die aus Wales stammt und seit 37 Jahren mit Fillon verheiratet ist, hat selber nie von einer Arbeit in der Nationalversammlung gesprochen. Die beiden haben fünf Kinder, in ihren spärlichen öffentlichen Auftritten hat Penelope sich als Hausfrau dargestellt, die sich voll der Kindererziehung widme. Der Dorfpfarrer stellte sie als „vorbildliche, zurückhaltende Mutter“ dar. Seit 2014 ist die ausgebildete Rechtsanwältin, die ihren Beruf nie ausgeübt hat, Stadtverordnete des Dörfchens Solesmes, in dem das Schloss der Fillons liegt.

Eine frühere Mitarbeiterin Fillons, deren Tätigkeit sich mit der von Madame Fillon hätte überschneiden müssen, sagte dem „Canard“, sie sei ihr nie begegnet. Ein Sprecher Fillons erklärte am Mittwoch, Frau Fillon habe nicht in Paris, sondern hauptsächlich auf dem Land gearbeitet. Die Nationalversammlung bestätigte, dass die Abgeordneten-Mitarbeiter arbeitsrechtlich Angestellte der Parlamentarier seien. Über die Hausausweise könne man aber nachvollziehen, wer tatsächlich diese Funktion ausübte. Auf eine konkrete Frage zu Frau Fillon wehrte der Sprecher des Parlaments jedoch ab: „Dazu sagen wir nichts“.

Der Parteichef der konservativen Republikaner, Bernard Accoyer, versicherte, er habe häufig gesehen, dass Penelope Fillon zur Arbeit ihres Mannes beigetragen habe. „Das ist eine Lokalpolitikerin, die im Schatten ihres Mannes arbeitet“, sagte der frühere Präsident Nationalversammlung dem Sender France Inter.

Laut französischer Nationalversammlung erhalten Abgeordnete 9.561 Euro pro Monat, um bis zu fünf Mitarbeiter zu beschäftigen. Fillon habe seiner Frau 2001 bereits 3.900 Euro monatlich bezahlt, berichtete der „Canard Enchaîné“, im Jahr darauf 4.600 Euro. Fillons Nachfolger Marc Joulaud habe ihr dann 6.900 Euro monatlich gezahlt, von 2006 an sogar 7.900 Euro.

Der konservative Kandidat wird jetzt rasch nachweisen müssen, dass seine Frau wirklich für ihn und seinen Nachfolger als Abgeordneter gearbeitet hat, wenn er Schaden von seiner Kampagne abwehren will. Der frühere Premier Alain Juppé, den Fillon in der Vorwahl der Konservativen geschlagen hat, war vor Jahren verurteilt worden, weil er in Paris für eine Affäre um fiktive Mitarbeiter verantwortlich war. Fillon hatte hohe Ansprüche an alle Bewerber gestellt: Wer das Land „führen will, muss selber vorbildlich sein“.

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