Gaza-Konflikt USA verurteilen „barbarische“ Entführung

USA, Uno und Netanjahu verurteilen die mutmaßliche Entführung eines israelischen Soldaten. Israel weitet seine Angriffe bei der Suche nach dem Soldaten aus. Die Palästinenser weisen den Bruch der Waffenruhe zurück.

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Die Kämpfe im Gazastreifen gehen weiter: Die Waffenruhe hatte keine zwei Stunden gehalten. Quelle: Reuters

Jerusalem Die Hoffnungen auf eine humanitäre Atempause für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen hat am Freitag nicht einmal zwei Stunden gehalten. Dann wurden nach Angaben des israelischen Militärs bei Rafah zwei Soldaten getötet und ein weiterer vermutlich entführt. Auf der Suche nach dem Soldaten Hadar Goldin drangen israelische Truppen in den Süden des Gazastreifens vor. 62 Menschen wurden dabei nach palästinensischen Angaben getötet und 400 verletzt.

Eigentlich hätte am Freitagmorgen eine 72-stündige Waffenruhe in Kraft treten sollen. Beide Seiten beschuldigten sich aber wenig später, sie gebrochen zu haben. Nur eine Stunde nach Beginn seien Bewaffnete durch einen oder mehrere Tunnel aus dem Gazastreifen nach Israel gekommen und hätten das Feuer eröffnet, sagte Militärsprecher Peter Lerner. Mindestens einer von ihnen habe einen Sprengstoffgürtel gezündet. In dem Chaos sei offenbar der 23 Jahre alte israelische Soldat Goldin in den Tunnel gezerrt und verschleppt worden. „Wir vermuten, dass er entführt wurde“, sagte Lerner. Zwei weitere Soldaten kamen ums Leben.

Die US-Regierung bezeichnete die mutmaßliche Entführung als „barbarisch“ und verurteilte den Bruch der Waffenruhe durch radikale Palästinenser. Außenminister John Kerry forderte die sofortige Freilassung des Soldaten. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte in einem Telefonat mit Kerry, die Hamas habe die Waffenruhe einseitig gebrochen, wie sein Büro mitteilte. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf der Hamas den Bruch der Waffenruhe vor.

Hamas-Vizechef Mussa Abu-Marsak sagte dem Sender Al-Arabija hingegen, der bewaffnete Arm der Gruppe habe nach Inkrafttreten der Feuerpause keine Angriffe mehr durchgeführt. Ein Sprecher der Hamas, Fausi Barhum, wollte die Gefangennahme Goldins weder bestätigen noch dementieren. Sie dürfte dazu führen, dass Israel seine Offensive ausweitet und jegliche Waffenruhe ablehnt, bis der Soldat freikommt. Das israelische Militär erklärte, dass Angriffe auf Rafah am Freitag der Suche nach Goldin gedient hätten. Bewohner der Region wurden aufgerufen, in ihren Häusern zu bleiben, während das Militär dort nach Goldin suchte. Das israelische Kabinett kam am Abend trotz des Sabbaths zu einer Sitzung zusammen.

Ein Freund des 23-Jährigen sagte der Nachrichtenagentur AP, Goldin sei verlobt und habe an einem jüdischen Seminar in Eli im Westjordanland studiert. Er habe auch einen Zwillingsbruder, der ebenfalls an der Front im Gazastreifen kämpft.

Der Vater ist Universitätsprofessor für aschkenasisches Judentum in Tel Aviv. In einer Stellungnahme drückte er seine Unterstützung für Israels Kampf gegen die Hamas aus. „Wir sind sicher, dass das Militär nicht aufhören wird, bis es jeden Stein in Gaza umgedreht und Hadar sicher nach Hause gebracht hat.“

Der Beschuss von Rafah nach der mutmaßlichen Entführung tötete mindestens 44 Menschen, wie der Sprecher der palästinensischen Gesundheitsbehörden, Aschraf al-Kidra, sagte. Er warf den israelischen Streitkräften vor, willkürlich in Wohngebiete gefeuert zu haben. Familien waren zu sehen, die aus ihren Wohnblocks flohen. Auf Bahren wurden Verwundete und blutige Leichen ohne Unterlass in das Krankenhaus Al-Nadschar in Rafah getragen. Viele der Verletzten waren Kinder.

Der saudische König Abdullah brandmarkte den Gaza-Krieg als „kollektives Massaker“, bei dem kein Palästinenser von „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verschont bleibe. Die Kämpfe im Gazastreifen würden eine Generation von Kindern hervorbringen, die mit nichts als nur mit der Sprache der Gewalt aufwachse, sagte er. Israel verurteilte er aber nicht explizit.

Seit Beginn des Gazakonflikts am 8. Juli wurden mindestens vier kurze humanitäre Feuerpausen angekündigt - jede wurde binnen Stunden gebrochen. Nach palästinensischen Angaben wurden bislang mehr als 1500 Palästinenser getötet, auf israelischer Seite gab es mehr als 60 Opfer.

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