Griechenland-Krise Tsipras zieht Varoufakis aus der Schusslinie

Als Amateur und Zocker musste sich der griechische Finanzminister von seine Euro-Kollegen beschimpfen lassen. Doch Premier Tsipras stärkt Varoufakis gegen Kritik. Personelle Konsequenzen zieht Tsipras an anderer Stelle.

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Stecken die Köpfe zusammen: Alexis Tsipras (r.) und sein Finanzminister Yanis Varoufakis. Quelle: dpa

Athen In der Hängepartie um weitere Finanzhilfen steht Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras Regierungskreisen zufolge ungeachtet der Kritik der Geldgeber fest hinter Finanzminister Yanis Varoufakis. Tsipras habe Varoufakis bei einem Treffen mit führenden Ministern und Beratern das Vertrauen ausgesprochen, sagte ein Regierungsvertreter am Montag. Varoufakis sei zur „Zielscheibe der internationalen Presse“ geworden. Er bewege sich aber im Rahmen der kollektiven Entscheidungen der Regierung und werde weiterhin „für eine nachhaltige Lösung arbeiten“, hieß es.

Bei dem Treffen sei außerdem beschlossen worden, ein neues Gremium zu schaffen, das künftig unter Aufsicht von Varoufakis die politischen Gespräche mit den Geldgebern führen solle. Koordinieren werde dieses Gremium allerdings der stellvertretende Außenminister Euclid Tsakalotos. Dies deutet daraufhin, dass der Wirtschaftsprofessor eine aktivere Rolle in den Verhandlungen mit den Euro-Partnern und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) übernehmen wird.

Im Streit über die Reformpläne zur Bekämpfung der Schuldenkrise war Varoufakis beim Treffen der Euro-Finanzminister am Freitag scharf kritisiert worden. Die neue Regierung in Athen will vom vereinbarten Sparkurs abkehren. Ohne eine Einigung mit den Geldgebern droht dem Land die Staatspleite.

Auch an anderer Stelle zog Tsipras Konsequenzen aus den schleppenden Verhandlungen. So berichten Regierungskreise, dass der Chefunterhändler der griechischen Delegation bei den Geldgebern ausgetauscht wird. Der erfahrene frühere Unterhändler Giorgos Chouliarakis ersetzt demnach Nikos Theocharakis – einen Vertrauten des griechischen Finanzministers Varoufakis. Chouliarakis war bereits während der vorigen Regierung als Fachmann bei den Verhandlungen dabei und soll das Vertrauen der Geldgeber-Experten haben.

Nach dem Eurogruppen-Treffen in Riga gehen die Expertenverhandlungen über ein griechisches Reformprogramm weiter. „Gespräche gibt es auf allen Ebenen“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Montag in Brüssel. Dazu gehöre auch die sogenannte „Brüssel-Gruppe“, die regelmäßig in der belgischen Hauptstadt zusammenkommt. Seit dem Minister-Treffen in Lettland am vergangenen Freitag und Samstag gebe es das „gemeinsame Verständnis, dass rascher Fortschritt nötig ist“.

Die Experten des Kölner IW-Instituts gehen davon aus, dass Griechenland im Streit mit seinen Gläubigern letztlich wohl einlenken muss. „Es muss klar sein, wenn sie Geld von anderen haben wollen, müssen sie sich auch den Bedingungen stellen“, sagte IW-Direktor Michael Hüther. Er gehe davon aus, dass der Athener Regierungschef Alexis Tsipras die geforderte Reformliste über kurz oder lang vorlegen werde.

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