Griechenland Tsipras vergrault milliardenschwere Investoren

Noch am Sonntag warb der griechische Premier Tsipras um ausländische Investitionen. Einen Tag später legt der Minenkonzern Eldorado Gold alle seine Projekte in Hellas auf Eis. Und das könnte erst der Anfang gewesen sein.

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Für Investoren, die ein Engagement in Griechenland erwägen, ist der Schritt ein abschreckendes Alarmsignal. Quelle: AP

Athen Wer in Griechenland investiere, werde das „nicht bereuen“, versprach Alexis Tsipras vergangene Woche französischen Unternehmern, die im Tross von Staatspräsident Emmanuel Macron nach Athen gekommen waren. George Burns, dem Vorstandschef des kanadischen Bergbaukonzerns Eldorado Gold, müssen diese Worte des griechischen Premiers wie Hohn vorkommen.

Zwei Milliarden Euro haben die Kanadier 2012 in die Übernahme der Minengesellschaft Kassandra in Nordgriechenland gesteckt, eine weitere Milliarde investierte Eldorado bereits, um neue Stollen ins Gestein zu treiben und Aufbereitungsanlagen zu bauen. Noch einmal den gleichen Betrag wollte das Unternehmen in die Minen bei den Ortschaften Olympias und Skouries investieren. So sollte Griechenland zum größten Goldproduzenten Europas aufrücken. Aber seit zweieinhalb Jahren liegt Eldorado im Clinch mit der Regierung Tsipras.

Immer wieder verweigerten oder verzögerten die zuständigen Minister Bau- und Betriebsgenehmigungen. Jetzt zieht CEO Burns den Stecker: Der Konzern legt das Milliardenprojekt auf Eis. „Wegen der ständigen Verzögerungen der Genehmigungsverfahren seitens der griechischen Regierung ist Eldorado nicht in der Lage, die Investitionen in Griechenland fortzusetzen“, erklärte Burns am Montag in Athen. „Wir haben gegenüber unseren Aktionären eine Verantwortung, unser Kapital nicht nur in renditestarke Projekte zu investieren, sondern auch in Ländern, deren Regierungen unsere Investitionen unterstützen und mit uns zusammenarbeiten“, sagte Burns zur Begründung.

Betroffen von dem Stopp sind drei Goldminen auf der nordgriechischen Halbinsel Chalkidiki und zwei Minenprojekte in der Provinz Thrazien. In den Bergen der Chalkidiki werden mindestens 230 Tonnen reines Gold, 1500 Tonnen Silber und weitere Edelmetalle vermutet.

Hier gruben schon die alten Griechen nach Gold. Jetzt könnte der Goldabbau helfen, das Krisenland auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen. Aber das Projekt war von Anfang an umstritten. Die örtliche Bevölkerung ist gespalten. Hellas Gold, die griechische Tochtergesellschaft von Eldorado, ist der wichtigste Arbeitgeber der Region. Die 2400 Beschäftigten und ihre Familien kämpfen deshalb für die Minen. Weitere 1000 Menschen hätten in der Goldproduktion Arbeit finden können. Kritiker des Projekts fürchten hingegen Schäden für die Umwelt und den Tourismus. Organisiert werden die Proteste vor allem von der Neonazi-Partei Goldene Morgenröte und dem radikalen Linksbündnis Syriza.

Schon als Oppositionsführer bekämpfte Syriza-Chef Tsipras das Vorhaben. Mit seiner Regierungsübernahme Anfang 2015 verschärfte sich der Konflikt. Im Herbst 2015 widerrief die Regierung alle bis dahin erteilten Bau- und Betriebsgenehmigungen. Hellas Gold rief daraufhin die Gerichte an. In nicht weniger als 18 Urteilen bestätigte inzwischen der Staatsrat, Griechenlands oberstes Verwaltungsgericht, dass der Investor alle Vorschriften erfüllt hat, einschließlich der Umweltauflagen. Eigentlich wollte Eldorado Gold die Anlagen beim nordgriechischen Olympias am 15. September feierlich einweihen.

Prominenz und Firmenvertreter aus aller Welt waren eingeladen. Aber weil Energie- und Umweltminister Giorgos Stathakis die bereits für Januar in Aussicht gestellten Betriebsgenehmigungen weiter zurückhält, musste die Eröffnung abgesagt werden. Im August kündigte Stathakis an, die Regierung werde ein Schlichtungsverfahren einleiten. Worum es dabei gehen soll, hat der Minister bis heute nicht erklärt. In Unternehmenskreisen sieht man in der Schlichtung einen weiteren Versuch, das Projekt zu verzögern.

Jetzt reagiert Eldorado Gold. Das Unternehmen werde ab dem 22. September alle weiteren Investitionen in Griechenland aussetzen, teilte Konzernchef Burns mit. Für die Einmottung bereits fertiggestellter oder im Bau befindlicher Anlagen will das Unternehmen einmalig 30 Millionen Euro und für die laufende Wartung jährlich weitere 25 Millionen aufwenden. Die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit den Beschäftigten und die Verträge mit den Subunternehmern sollen „im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen“ aufgelöst werden, teilte das Unternehmen mit.

CEO Burns schlägt allerdings die Tür nicht ganz zu: „Sofern die griechische Regierung bereit ist, im Rahmen ihrer vertraglichen Verpflichtungen mit Hellas Gold zusammenzuarbeiten, die Genehmigungen rechtzeitig zu erteilen und die Investition zu unterstützen, ist Eldorado in der Lage, ihre Investitionspläne neu zu überdenken“, sagte der Konzernchef.


Rückschlag für ausländische Investoren

Minister Stathakis wies in einer am Montag herausgegebenen Erklärung die Vorwürfe zurück. Die Genehmigungen für die Mine bei Olympias seien vollständig und die für Skouries zu 60 Prozent erteilt. Weitere Genehmigungen habe das Ministerium „Mitte September“ erteilen wollen. Stathakis bezeichnete es als „unerhört“, dass der Vorstandschef eines Unternehmens es wage, in einer Pressekonferenz den Regierungschef und seine Minister zu kritisieren. Offensichtlich sei das kanadische Unternehmen mit den Gepflogenheiten in Europa „nicht vertraut“, stichelte Stathakis.

Eldorado-Chef Burns berichtete am Montag auf einer Pressekonferenz in Athen, er habe „in einer Reihe von Briefen“ an Ministerpräsident Tsipras die Probleme dargelegt. Auf keines der Schreiben habe er eine Antwort erhalten, sagte Burns. Beobachter vermuten, die Regierung habe von Anfang an das Ziel verfolgt, den kanadischen Investor mit der Verschleppung der Genehmigungsverfahren zu zermürben und zum Rückzug zu bewegen. Dann könnte die Regierung dem Investor den Schwarzen Peter für den Verlust der Arbeitsplätze zuschieben – was nun auch geschieht: Das Unternehmen trage „selbstverständlich die Verantwortung gegenüber den Beschäftigten“, erklärte Minister Stathakis am Montag.

Für die Gegner des Goldprojekts in der griechischen Regierung ist die Entscheidung des Konzerns, alle Investitionen auszusetzen, ein Triumph. Für Investoren, die ein Engagement in Griechenland erwägen, ist dieser Schritt hingegen ein abschreckendes Alarmsignal.

Und die nächste Hiobsbotschaft könnte schon bald folgen. Denn ein weiteres griechisches Großprojekt steht auf der Kippe. Rund acht Milliarden Euro will ein Firmenkonsortium unter Führung des größten griechischen Immobilienentwicklers Lamda Development in die Nutzung des seit 15 Jahren brachliegenden ehemaligen Athener Flughafens Ellinikon stecken – die größte Investition in der jüngeren Geschichte des Landes. Auch dieses Vorhaben bekämpfte Tsipras schon als Oppositionschef.

Seit er regiert, werden die Investoren mit immer neuen Hürden konfrontiert. Erst deklarierte das Kulturministerium das Flughafengelände zur archäologischen Grabungszone, dann wies eine Behörde große Teile des Areals als „Waldgebiet“ aus, das nicht bebaut werden darf. „Inzwischen liegen die Nerven blank“, heißt es in Kreisen des Konsortiums. Lässt die Regierung auch Ellinikon scheitern, wäre das ein weiterer schwerer Rückschlag bei den Bemühungen, ausländische Investoren nach Griechenland zu locken.

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