Griechenland und die Zahlungsmoral Die große Schuldenspirale von Athen

Die „Liste der Schande“ hilft nicht: Griechische Finanzbeamte sollen in NRW das Eintreiben von Steuern lernen. Doch nicht nur bei den Bürgern ist die Zahlungsmoral schlecht. Der Staat schuldet Lieferanten Milliarden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Euromünzen auf der Griechenland-Fahne Quelle: dpa

25 griechische Finanzbeamte drücken seit diesem Montag in einer Fortbildungsakademie der Finanzverwaltung Nordrhein-Westfalens die Schulbank. Themen des einwöchigen Weiterbildungskurses, an den sich nächste Woche eine Schulung für weitere 25 Beamten des griechischen Fiskus anschließen wird: Steuerfahndung, Betriebsprüfung, Korruptionsbekämpfung, Risiko-Management und Vollstreckung von Forderungen.

Die Schulung tut not: 16 Milliarden Euro im Jahr – auf dieses Volumen beziffern Experten die Steuerhinterziehung in Griechenland. Das entspricht rund einem Drittel des letztjährigen Steueraufkommens. Würden alle Griechen ehrlich ihre Steuern zahlen, hätte das Land überhaupt keine Finanzprobleme.

Im Kampf gegen die Steuerhinterziehung arbeitet das griechische Finanzministerium jetzt eng mit den NRW-Finanzbehörden zusammen. Die Kooperation begann damit, dass NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans seinem griechischen Kollegen Tryfon Alexiadis im vergangenen November einen Datenträger mit den Daten von 10.588 griechischen Kunden der Schweizer Großbank UBS übergab. Viele Griechen hatten in den Krisenjahren große Beträge ins Ausland geschafft, oft unversteuertes Schwarzgeld. Gegen rund 1000 Kontoinhaber hat die griechische Staatsanwaltschaft inzwischen Anklagen erhoben, weitere 5000 Ermittlungsverfahren laufen.

Während die Ermittler noch die „Borjans-Liste“ durchgehen, hat jetzt der griechische Finanzminister ein weiteres Verzeichnis ins Internet gestellt: Die so genannte „Liste der Schande“ (hier verlinkt) enthält die Namen von fast 14.000 säumigen Steuerzahlern, die dem Fiskus jeweils mehr als 150.000 Euro schulden.

Eigentlich eine spannende Lektüre. Aber die meisten Griechen gähnen nur. Es nicht das erste Mal, dass der Finanzminister Steuersünder im Internet an den Pranger stellt. Bewirkt hat es aber nicht viel. Der Berg der festgestellten Steuerschulden wächst immer weiter an. Er hat sich von 44 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf inzwischen 88 Milliarden Euro verdoppelt. Das entspricht mehr als 200 Prozent der letztjährigen Steuereinnahmen oder fast der Hälfte des griechischen Bruttoinlandsprodukts (BIP).

Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt belaufen sich die Außenstände des Fiskus auf weniger als fünf Prozent des BIP. In Griechenland kamen allein im Jahr 2015 festgestellte neue Steuerschulden von 13,5 Milliarden Euro hinzu. Eintreiben konnte der Fiskus im gleichen Zeitraum nur Außenstände von 1,6 Milliarden.


Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%