Ifo-Chef Hans-Werner Sinn Kapitalflucht aus Italien „alarmierend“

Laut Ifo-Institut zogen Investoren in den vergangenen zwei Monaten 67 Milliarden Euro aus Italien ab. Ifo-Chef Hans-Werner Sinn sieht die Schuld bei der EZB-Politik, ein Ende der Euro-Krise sei so nicht absehbar.

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Ifo-Chef Hans-Werner Sinn: Kritik an der EZB-Politik, Krisenländer mit niedrigen Zinsen und Staatsanleihen-Aufkauf zu stützen. Quelle: dpa

München Investoren haben nach Angaben von Ifo-Chef Hans-Werner Sinn im Sommer im großen Stil Geld aus Italien abgezogen. Im August und September seien nach Berechnungen des Ifo-Instituts insgesamt 67 Milliarden Euro aus dem Krisenland abgeflossen, sagte der Wirtschaftsprofessor am Dienstagabend im Club Wirtschaftspresse in München. „Das ist ein alarmierendes Signal.“

Die Summe ergebe sich aus dem Verrechnungssystem Target der Europäischen Zentralbank (EZB) und der ihr angeschlossenen Nationalbanken, sagte Sinn. „Das sieht schon so ähnlich aus wie 2011.“ Damals hätten Investoren ähnlich fluchtartig Geld aus dem Land abgezogen, woraufhin es schließlich sogar vorübergehend Geheimgespräche über einen Austritt Italiens aus der Euro-Zone gegeben habe.

„Ich will nicht sagen, dass es schon wieder so schlimm ist“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler. „Ich glaube nicht, dass Italien aus dem Euro austreten sollte oder wird.“ Italien hatte zuletzt seine Prognosen für die Wirtschaftsleistung in diesem und im kommenden Jahr gesenkt.

Sinn kritisierte erneut die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB), Krisenländer vor allem in Südeuropa mit niedrigen Zinsen und einem Aufkauf von Staatsanleihen zu stützen. Damit werde ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum verhindert.

Zwar rechne er nicht mit einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone, sagte Sinn. „Es ist nicht notwendigerweise der Fall, dass es einen Knall gibt.“ Doch die Euro-Krise werde immer wieder aufflackern, solange die zugrundeliegende realwirtschaftliche Krise nicht gelöst sei.

„Jetzt gibt's eine Flaute, dann gibt's mal wieder einen kleinen Aufschwung“, sagte Sinn. Seine Einschätzung für die Euro-Zone in zehn Jahren sei, dass der Euro wohl noch bestehen werde „und wir eine unbefriedigende Wachstumssituation haben“. Dieses „ewige Siechtum“ sei das Wahrscheinlichste.

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