INSS-Studie So viele Tote bei Selbstmordattentaten wie nie

Paris, Brüssel und Deutschland – Selbstmordanschläge gibt es mittlerweile auch in Europa. Die meisten Attacken treffen aber andere Länder. Eine blutige Bilanz des vergangenen Jahres.

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Selbstmordattentate beschränken sich zwar hauptsächlich, aber nicht nur auf den Nahen Osten. Quelle: dpa

Tel Aviv Bei Selbstmordattentaten sind im vergangenen Jahr weltweit so viele Menschen getötet worden wie noch nie. Rund 5650 Menschen kamen ums Leben, wie das israelische Institut für Nationale Sicherheitsstudien (INSS) am Freitag in Tel Aviv mitteilte. 800 Täter hätten 469 Bombenanschläge in 28 Ländern begangen.

Für 268 Attacken und damit rund 70 Prozent der Angriffe war demnach die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) direkt oder indirekt verantwortlich. Der IS kontrolliert Teile des Iraks und Syriens. Dabei agiert die Miliz wie ein echter Staat, was sie von anderen Terrorgruppen unterscheidet.

„Angesichts der Gebietsverluste des Islamischen Staates (...) scheint es, dass der Selbstmordterrorismus ein Schlüsselwerkzeug des Islamischen Staates sein wird, um sein Image zu stärken, unbesiegbar zu sein“, erklärt das Institut. Darüber hinaus dienten die Anschläge als Abschreckung der Feinde und als Rache wegen der internationalen Aktionen gegen das Terrornetzwerk.

Das INSS geht davon aus, dass auch Partner des IS und andere Terrorgruppen sich darauf konzentrieren werden, große Anschläge mit vielen Toten zu verüben. Diese Art der Attacken werde seit Anfang der 80er-Jahre von Terroristen eingesetzt.

„Westeuropa wurde 2016 ein aktiverer Schauplatz für Selbstmordbombenanschläge“, schreibt das INSS. „Zeichen dieses Trends zeigten sich schon Ende 2015 mit einer Serie von Bombenanschlägen in Paris im November.“ Dies sei die erste Umsetzung der IS-Drohung gewesen, im Herzen Europas zuzuschlagen.

Die zahlreichsten Angriffe wurden wie in den Vorjahren im Nahen Osten verübt: Die mit Abstand meisten gab es mit 146 im Irak und mit 55 in Syrien. 52 wurden zudem in Afghanistan gezählt. Allein dort starben dabei 500 Menschen.

Die Terroristen, die nach dem IS am häufigsten Anschläge verübt haben, waren Anhänger der nigerianischen Terrorgruppe Boko Haram. Im Jahr 2016 begingen sie 53 Attacken. 39 Attentate wurden von den Taliban verübt, die ein Islamisches Emirat Afghanistan errichten wollen.

Einen starken Anstieg von Attacken hat es 2016 in der Türkei gegeben: Das INSS zählte 21 Selbstmordbombenanschläge, 2015 waren es demnach noch 5 gewesen. Gründe dafür seien das Engagement der Türkei im Syrienkonflikt und der interne Streit mit der kurdischen Minderheit im Land.

Die Zahl der Toten durch Anschläge weltweit ist laut INSS allein schon im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen: 2015 seien 4330 Menschen bei 452 Anschlägen getötet worden – es habe 8800 Verletzte gegeben. 2016 habe die Zahl der Verletzten bei 9480 gelegen.

Die ganz überwiegende Mehrheit der Attentate wurde von Männern begangen. Allerdings gab es auch 44 Selbstmordbombenanschläge von 77 Frauen, bei denen allein 400 Menschen starben. Die meisten davon fanden in Nigeria statt.

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