Japan Machtwechsel nach Neuwahlen erwartet

In Japan wird es noch in diesem Jahr Neuwahlen geben. Dann dürfte Oppositionsführer Shinzo Abe den amtierenden Ministerpräsidenten Yoshihiko Noda ablösen. Dies würde einen radikalen Politikwechsel bedeuten.

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Greift nach der Macht in Japan: Shinzo Abe Quelle: dapd

Tokio In Japan bahnt sich ein baldiger Regierungswechsel und damit eine dramatische Kehrtwende hin zu aggressiven Konjunkturhilfen an. Nach monatelangem Hickhack erfüllte Ministerpräsident Yoshihiko Noda eine Zusage an die Opposition und stellte Neuwahlen noch vor dem Jahreswechsel in Aussicht, obwohl eine Niederlage seiner Demokratischen Partei (DPJ) als äußerst wahrscheinlich gilt.

Meinungsumfragen zufolge dürften dann die Liberaldemokraten (LDP) unter Oppositionsführer Shinzo Abe die Macht zurückgewinnen. Abe will die Haushaltssanierung zurückstellen und stattdessen in einem Gewaltakt die in die Rezession abrutschende Wirtschaft wieder auf den Wachstumspfad führen. Dazu sollen etwa die staatlichen Bauausgaben erhöht und ein Nachtragshaushalt beschlossen werden, wie Abe am Mittwoch ankündigte.

Vor allem aber will er die Notenbank vor den Karren der Regierung spannen. Die Bank von Japan (BOJ) soll ungehemmt die Notenpresse anwerfen, um der Konjunktur wieder auf die Sprünge zu helfen. Noda kündigte an, das Unterhaus am Freitag aufzulösen.

Nach Angaben eines Abgeordneten seiner Partei soll einen Monat später, am 16. Dezember, neu gewählt werden. Noda hatte der Opposition im August baldige Neuwahlen versprochen - im Gegenzug für deren Zustimmung zu einer Mehrwertsteuererhöhung, mit der die ausufernde Staatsverschuldung beschnitten werden sollte.

Auch für die vorgezogenen Parlamentswahlen nannte Noda Bedingungen: So soll die Opposition, die mit ihrer Mehrheit im Oberhaus Gesetzesvorhaben blockieren kann, die geplanten Projekte zur Finanzierung der Staatsausgaben rasch durchwinken und eine Wahlrechtsreform billigen, die unter anderem auf eine Reduzierung der Unterhaussitze abzielt. Abe signalisierte umgehend Kooperationsbereitschaft.

Er war früher selbst Regierungschef. Sein Rivale Noda ist Japans sechster Ministerpräsident seit 2006. Nachdem die LDP mehr als ein halbes Jahrhundert lang ununterbrochen die Geschicke des Landes lenkte, kam 2009 die DPJ an die Macht. Doch ihr gelang es nicht, den politischen Stillstand in Japan zu überwinden. Schwindende Zustimmung in der Bevölkerung war die Folge.


Abe will den Schalter umlegen

Daher wollten viele in der DPJ, dass Noda den Wahltermin so weit wie möglich hinausschiebt. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt befindet sich auf dem Weg in die Rezession. Im abgelaufenen Quartal schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,9 Prozent, und der Rückgang wird sich nach Einschätzung vieler Experten im laufenden Vierteljahr fortsetzen.

Der für Freitag erwartete Wirtschaftsausblick der Regierung wird daher pessimistischer ausfallen, wie aus Regierungskreisen verlautete. Oppositionsführer Abe will den Schalter umlegen und setzt dazu vor allem auf die Bank von Japan. „Wenn wir an die Macht kommen, wollen wir alles dafür tun, die Deflation zu besiegen“, sagte Abe.

Er verlangte dazu eine enge Abstimmung zwischen Regierung und Notenbank und verwies auf die Möglichkeit, notfalls das Gesetz zu ändern, das der Zentralbank Unabhängigkeit von politischer Einflussnahme sicher soll. Die BOJ müsse ein neues Inflationsziel festlegen. Um dieses zu erreichen, müsse die Notenbank "unbegrenzt Yen drucken", forderte Abe auf einer Pressekonferenz.

Ähnlich seien die US-Notenbank (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) bereits vorgegangen. Auch den Börsen gilt ein Sieg Abes bei den Wahlen als wahrscheinlich. Als Reaktion auf den Wahltermin gab der Kurs des Yen kräftig nach, die Rendite japanischer Staatsanleihen zog an.

Die Schlüsselfrage sei, wen Abe als Wirtschaftsminister berufen und wen er an die BOJ-Spitze setzen werde, sagte Volkswirt Yasuo Yamamoto vom Mizuho Research Institute. Sollte die Wahl zu einer stabileren Regierung führen wäre dies positiv für die Wirtschaft, ergänzte Yamamoto.

Die BOJ trifft sich kommende Woche zu ihrer nächsten geldpolitischen Sitzung. Da der Leitzins effektiv bei Null liegt, bleibt ihr noch das Mittel weiterer Anleihenkäufe. Die jüngsten Lockerungsschritte dieser Art blieben jedoch ohne durchschlagende Wirkung.

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