Kampf gegen Steuerhinterziehung „Das Bankgeheimnis hat ausgedient“

Wolfgang Schäuble findet im Kampf gegen Steuerhinterziehung klare Worte: „Das Bankgeheimnis in seiner alten Form hat ausgedient.“ Auf der Welt wird es zukünftig immer weniger Verstecke für Schwarzgeld geben.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und der französische Finanzminister Michel Sapin (r.). Ein internationales Abkommen über den Austausch von Steuerdaten soll einen Meilenstein im Kampf gegen Steuerhinterziehung bilden. Quelle: dpa

Berlin Das Bankgeheimnis wird weltweit zum Auslaufmodell. Gut 50 Länder wollen ab 2017 detaillierte Kontendaten von Ausländern automatisch austauschen und damit dem Steuerbetrug einen Riegel vorschieben. Ihre Vertreter unterzeichneten am Mittwoch bei einer internationalen Steuerkonferenz in Berlin eine entsprechende Vereinbarung.

Unterstützung und die Bereitschaft, sich zu einem späteren Zeitpunkt anzuschließen, haben mehr als ein Dutzend weiterer Staaten signalisiert - darunter die Schweiz. Basis für den automatischen Informationsaustausch über Konten und darauf verbuchte Zinsen, Dividenden und andere Einkünfte ist ein Standard, den die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet hat.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sprach von einem „wichtigen Schritt“ für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Steuerfragen. Er lud andere Länder ein, der Vereinbarung beizutreten. Zu den Folgen erklärte er zuvor in der „Bild“: „Steuerhinterziehung wird viel schwieriger.“ Und er fügte hinzu: „Das Bankgeheimnis in seiner alten Form hat ausgedient.“ Mit dem Informationsaustausch verliere es künftig auch an Sinn, Steuer-CDs mit Kontendaten von deutschen Bürgern aus anderen Ländern zu kaufen.

Unterdessen begann eine Debatte innerhalb des deutschen Regierungslagers, ob der neue Informationsaustausch nicht auch Folgen für die Besteuerung von Kapitalerträgen in Deutschland haben sollte. SPD-Politiker forderten, die Abgeltungssteuer, mit der Zinsen, Dividenden und ähnliche Einkünfte pauschal mit 25 Prozent belegt werden, zu ändern. Es sollte sichergestellt werden, dass auf solche Einkünfte wieder der persönliche Steuersatz erhoben wird.

Mit der Vereinbarung zum automatischen Informationsaustausch verlieren Steuerbetrüger in aller Welt Fluchtburgen für Geld, das sie vor ihrem heimischen Fiskus verstecken wollen. Zu den Erstunterzeichnern der Vereinbarung, mit der diese sich zur Umsetzung der neuen Regeln in nationales Recht verpflichten, zählen neben Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien auch vermeintliche Steueroasen wie Liechtenstein, Bermuda und die Cayman-Inseln.


Es geht um Billionen

Die Initiative ist Teil der Bemühungen der Gruppe der großen Schwellen- und Industrieländer (G20), nicht nur Steuerbetrügern das Leben schwerzumachen, sondern auch legale Steuerfluchtmöglichkeiten für international tätige Großkonzerne zu unterbinden, wie sie auch von Unternehmen aus der Internetwirtschaft genutzt werden.

Auch auf nationaler deutscher Ebene stehen Steuerbetrüger unter Druck. Mit Beginn des kommenden Jahres wegen über höhere Strafzuschläge und andere Maßnahmen die Bedingungen deutlich verschärft, um mit einer Selbstanzeige der Strafverfolgung zu entgehen. Fast 32.000 Steuersünder sollen sich nach Medienberichten in diesem Jahr schon gemeldet haben, deutlich mehr als im gesamten Vorjahr, um noch die alte, billigere Regelung zu nutzen.

Genaue Zahlen, wie viel Geld den Steuerbehörden der Länder durch Betrügereien entgehen, gibt es nicht. Die EU-Kommission hatte unlängst von rund einer Billion Euro im Jahr gesprochen, die den Ländern der Union durch Steuerbetrug und -vermeidung verloren gehen. OECD-Generalsekretär Angel Gurria sprach jüngst von zwei Billionen Dollar, die Privatpersonen und Konzerne in Steueroasen und Niedrigsteuerländer verschöben.

Bei dem neuen OECD-Standard zum automatischen Informationsaustausch geht es schwerpunktmäßig um private Vermögen, die an den Steuerämtern vorbeigeschleust werden. Künftig sollen aber Banken und andere Finanzinstitute in den einzelnen Ländern ihren nationalen Steuerbehörden Informationen über Konten und darauf verbuchte Transaktionen melden, die sie dann den Kollegen in Partnerländern weiterleiten. Dabei geht es aber nicht nur um Konten von Privatpersonen, sondern auch von Treuhändern, Trusts und Stiftungen, hinter denen solche ihre Geldgeschäfte oft verbergen.

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