Konjunktur unter Druck Gaza-Krieg dämpft israelische Wirtschaft

Die israelische Wirtschaft leidet an den Folgen des 50-Tage-Krieges gegen die Hamas im Gaza-Streifen: Tourismus und die Industrieproduktion geraten unter Druck, Wachstumsziele rücken in weite Ferne.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der Krieg im Gaza-Streifen hat auch negative Auswirkungen auf die israelische Wirtschaft. Quelle: ap

Jerusalem Ob Weltfinanzkrise oder Krieg mit den Nachbarn: Mehr als ein Jahrzehnt hat Israel alle kritischen Situationen wirtschaftlich nahezu unbeschadet überstanden. Doch das Etikett "Best in the West", das der früherer Finanzminister Yuval Steinitz seinem Land anheftete, droht Israel zu verlieren. Grund ist der rund 50-tägige Krieg gegen die Hamas im Gaza-Streifen. Tourismus, Konsumausgaben und Industrieproduktion leiden stark unter der Auseinandersetzung, die nach mit dem Waffenstillstand nun zumindest vorläufig ein Ende gefunden haben könnte.

"Wir könnten in einer Rezession stecken", sagt die angesehene Ökonomin Ayelet Nir. "Wir haben definitiv einen Konjunkturabschwung", gesteht auch Zentralbankchefin Karnit Flug ein. Etwa ein halbes Prozentpunkt Wirtschaftswachstum dürfte der Krieg gegen die Hamas in diesem Jahr kosten, schätzt ihr Haus. Das Wachstumsziel von drei Prozent rückt damit in weite Ferne. Die Zentralbank senkte ihren Leitzins bereits auf das Rekordtief von 0,25 Prozent, um mit billigem Geld für mehr Schwung zu sorgen.

Mehr als zehn Jahre lang wuchs die Wirtschaft zwischen drei und fünf Prozent, wodurch sich das Bruttoinlandsprodukt auf 300 Milliarden Dollar nahezu verdreifachte. Im Vergleich zu vielen anderen Industrieländern steht Israel zwar immer noch gut da. Doch die Wirtschaft hängt zu 40 Prozent von den Exporten ab - vor allem Hightech-Produkte und Software. Während Europa immer noch in der Flaute steckt, kommen die USA nach dem Konjunktureinbruch zu Jahresbeginn erst allmählich in Fahrt. In diesen beiden Regionen landet der Großteil der israelischen Exporte.

Zu schaffen macht vielen Exporteuren zudem der hohe Kurs der Landeswährung Shekel, der viele Produkte im Ausland verteuert. Seit 2009 hat er um 20 Prozent zum Dollar aufgewertet. Die Zentralbank hat seit 2008 mehr als 55 Milliarden Dollar für den Kauf ausländischer Währungen ausgegeben, um den Shekel-Kurs zu drücken. "Der starke Shekel belastet den Handelssektor", sagt Mai Doan, Analystin der Bank of America Marrill Lynch.


Folgen für den Staatshaushalt

Der Gaza-Krieg hat das zweite Standbein der israelischen Wirtschaft beschädigt, die ausländischen Investitionen. Das kleine Land lockt jährlich etwa zehn Milliarden Dollar an ausländischen Direktinvestitionen an - Platz vier in der Rangliste der Industriestaaten-Organisation OECD mit seinen 34 Mitgliedsstaaten. Grund dafür ist vor allem, dass globale Konzerne von Apple bis Google aufstrebende israelische Firmen kaufen. Doch Ökonomen wie Nir fürchten, dass die ausländischen Interessen - abgeschreckt von dem Krieg - erst einmal zögern und abwarten werden.

Die schwächere Konjunktur hat auch Folgen für den Staatshaushalt. Die für 2014 geplante Neuverschuldung von drei Prozent der Wirtschaftsleistung dürfte verfehlt werden, musste Finanzminister Yair Lapid bereits einräumen. Wegen der steigenden Rüstungsausgaben ist auch das für 2015 vereinbarte Ziel von 2,5 Prozent kaum noch erreichbar. Trotzdem will Lapid weder die Steuern erhöhen noch die Sozialausgaben senken.

Zentralbankchefin Flug geht inzwischen von 3,5 Prozent aus, kommendes Jahr könnten es sogar vier Prozent werden. Das macht es deutlich schwerer, den Schuldenberg bis zum Ende des Jahrzehnts auf 60 Prozent der Wirtschaftsleistung abzuschmelzen. Ende 2013 waren es 67,4 Prozent.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%