Massive Steuersenkungen Gewinner und Verlierer von Trumps Steuerplänen

Donald Trump kündigt die größte Steuersenkung in der US-Geschichte an – und stellt die Eckpunkte vor. Die Kritiker formieren sich schon. Kann sich Trump gegen die Lobbymacht von Wirtschaft und Wall Street durchsetzen?

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Die ersten hundert Tage als US-Präsident sind bald um: Donald Trump will mit seiner Steuerreform punkten. Quelle: Reuters

Er hat es versprochen und in der letzten Minute noch gehalten. Ganz am Ende der ersten hundert Tage seiner Präsidentschaft skizziert der US-Präsident seine Pläne zu Steuersenkungen und Vereinfachungen. Die ganz großen Gewinner werden im Prinzip Unternehmen sein. Der Spitzensteuersatz soll von 35 auf 15 Prozent fallen. Im Ausland vor der US-Steuer versteckte Gewinne in Milliardenhöhe dürfen für einen geringen Pauschalbetrag zurückgeholt werden.

US-Unternehmen werden den Plänen nach einem „territorialen Steuersystem“ unterliegen. Wie das genau aussehen wird, ist noch unklar. Generell wird angestrebt, nur noch US-Einkommen von globalen US-Firmen in den USA zu versteuern. Bei einem Steuersatz von 15 Prozent könnten, so die Theorie, Unternehmen sogar Gewinne aus anderen „Hochsteuerländern“ wieder in den USA ausweisen.

Wer wäre auf der Verliererseite? Viele Silicon-Valley-Unternehmen wie Apple, Google oder auch Amazon oder Microsoft, die virtuos auf der Klaviatur der internationalen Steuervermeidung spielen, ebenso Öl- und Pharma-Unternehmen, die Gewinne und Ausgaben steuervermeidend weltweit hin und herschieben. Gewinner wären „einheimische“ Branchen wie Handel oder Bau, die kaum Chancen hatten, bei diesem Spiel mitzuspielen.

Verlierer könnten auch extrem hoch verschuldete Unternehmen werden, wenn im Gegenzug für den geringen Steuersatz beispielsweise die Abziehbarkeit für Zinsen wegfällt oder durch den geringen Steuersatz nicht mehr so viel Sinn macht. Die Lobbyisten aller Branchen dürften nun in Washington D.C. ausströmen und versuchen, für ihre Industrien bei den weiteren Verhandlungen Ausnahmen und Vergünstigungen herauszuhauen.

Das Vermögen der Regierungs-Unterhändler, die von Senatoren und Repräsentanten an sie herangetragenen Sonderwünsche heranzutragen wird zeigen, ob Trump wirklich noch die Macht hat, seine Pläne durchzusetzen. Insofern ist sein Steuerplan noch entscheidender für seine politische Zukunft als die Gesundheitsreform. Chronisch Kranke und Arme haben keine Lobby. Milliardenkonzerne, Banken und Wall Street schon.

Kritiker fürchten einen Tsunami an „Unternehmensgründungen“



Umstritten ist bereits eine weitere Neuerung: Der 15-prozentige Unternehmens-Höchstsatz wird auch „Pass-Through“-Unternehmen zugutekommen, das sind kleine Unternehmen, bei denen das Geschäft das Einkommen des Steuerzahlers darstellt. Das können Tante-Emma-Läden sein, kleine Handwerker, aber auch Anwälte oder Arztpraxen oder Teile milliardenschwer Immobilienunternehmen wie dem von Donald Trump, die jetzt noch den Höchstsatz von 35 Prozent zahlen.

Auch amerikanische Haushalte sollen profitieren. Die Steuerklassen sollen von sieben auf drei reduziert werden, zehn, 25 und 35 Prozent. In jedem Fall werden sie am höher als bei Unternehmen liegen. Man werde sicherstellen, so jedenfalls Finanzminister Steven Mnuchin gegenüber der Presse, „dass reiche Bürger keine Scheinfirmen aufmachen können, um der hohen Besteuerung als Privatperson zu entkommen.“

Als Beispiel werden Partner von Anwaltsfirmen mit Millioneneinkommen genannt, die nicht in den Genuss der neuen Steuersenkungen für „Kleinunternehmen“ kommen sollen. Kritiker warnen aber ein gigantisches Potenzial für trickreiche Top-Anwälte, ihre Klientel oder deren Lebensgefährten und Familien zu „Kleinunternehmern“ umzuformen. Kritiker fürchten einen wahren Tsunami an „Unternehmensgründungen“ in den USA. Den könnte man dann als explosives Wirtschaftswachstum interpretieren – oder als Steuervermeidung.

Der Median des Haushaltseinkommens in den USA liegt bei gut 50.000 Dollar im Jahr. Verheiratete Paare bei gemeinsamer Veranlagung werden eine Verdoppelung des Steuerfreibetrags auf 24.000 Dollar sehen, dafür aber viele andere Vergünstigungen verlieren. Absetzbar sollen dann nur noch Hypothekenzinsen und Kirchenspenden sein. Ebenso ist die Absetzbarkeit der lokalen Steuern des Bundesstaates von der Steuerschuld gegenüber dem Bund auf der Streichliste. Aufgabe des Bundes sei es nicht, einzelne Bundesstaaten zu alimentieren, so Mnuchin. Dieser Einschnitt trifft überproportional demokratische Staaten wie Kalifornien oder Washington.

Die USA als Staat und die einzelnen Bundesländer erheben ihre eigenen Einkommenssteuern. Viele republikanische US-Bundesstaaten haben aber ihre eigenen Einkommensteuern abgeschafft oder gesenkt und im Gegenzug Verbrauchssteuern angehoben oder neu eingeführt, zum Beispiel auf Lebensmittel. Das trifft überproportional die untere Mittelklasse, die praktisch ihr gesamtes Einkommen für Konsum ausgibt, und deren Steuerlast so steigt. Geplant ist eine Entlastung bei der Kinderbetreuung. In San Francisco etwa kostet eine arbeitende Mutter eine private Kinderbetreuung schnell 2000 Dollar im Monat. Doch Details gibt es dazu noch nicht.

Fallen wird eine Sondersteuer von 3,8 Prozent auf hohe Investmenteinkommen bei Privatinvestoren, um Obamacare mitzufinanzieren. Erste Versicherer haben schon gewarnt, dass die Prämien dann steigen könnten. Ebenso wird die „Estate-Tax“ auf privatem Immobilienbesitz in Milliardenhöhe „am ersten Tag, an dem die Verordnung in Kraft tritt“ abgeschafft werden.

Die Planung ist, kurz gesagt, eine gewaltige Orgie der Steuersenkungen, die sich im Gegenzug, so der Finanzminister, alleine durch eine kräftige und anhaltende Stimulierung der US-Wirtschaft finanzieren wird. Denn das werde trotz niedrigerer Sätze zu höheren Einnahmen führen und damit die Staatsschulden nicht erhöhen.


Skepsis bei Wirtschaftsexperten und Trump-Gegnern

Soweit die Theorie. Doch Wirtschaftsexperten und Trump-Gegner in Senat und Kongress sind skeptisch. „Das kann funktionieren“, so der demokratische Senator Sherrod Brown aus Ohio gegenüber Journalisten, „wenn man bereit ist, ein riesiges Loch in den Haushalt zu reißen, im Gegenzug jede Menge Dienste für die Bürger wie „Essen auf Rädern“ oder die Revitalisierung des Erie-Sees streicht und dann über die Wachstumszahlen lügt.“ Selbst Republikaner im Kongress ventilieren laut CNN relativ offen ihre Frustration darüber, dass Trump „nicht mal ansatzweise“ eine Steuerreform angefasst, sondern nur Steuersenkungen vorgestellt habe ohne Refinanzierung.

Die Republikanische Fraktion hat zuletzt verhindert, dass Trumps milliardenschwerer Bau eine Mauer an der mexikanischen Grenze in den Haushalt kommt. Was in dem Steuervorschlag auch fehlte, war die umstrittene Grenzausgleichssteuer zur Gegenfinanzierung der Steuerentlastungen. Während Exporteure geschont würden, sollten Importeure höhere Steuern zahlen Hier scheint sich das Weiße Haus nicht mit der Partei einig geworden zu sein.

Aber eine Entmutigung für alle die, die hoffen, die Härten für bestimmte Einkommensgruppen, im privaten oder Unternehmensbereich, könnten noch nachverhandelbar sein, hielt Gary Cohn, Director of the White House National Economic Council, am Mittwoch bereit: „Um das ganz klar zu machen“, so Cohn am Mittwoch, „das trägt die Handschrift von Donald Trump.“

Die Börsen jedenfalls geben Trump einen gewissen Vertrauensvorschuss. Die Aktien der großen Steuerberatungsfirma H&R Block lag im späten Handel rund 1,5 Prozent schwächer, Intuit, Verkäufer einer beliebten Steuersoftware für private Steuerzahler und Kleinunternehmen verlor knapp zwei Prozent, nachdem die Senkungs- und Vereinfachungspläne offiziell waren. Vielleicht wird Trump ja doch zumindest den Steuersumpf trockenlegen können.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%