Mordkomplott Terror-Vorwürfe gegen Iran lösen Besorgnis aus

Plante der Iran ein Attentat auf den saudischen Botschafter in Washington? Noch liegen die Details im Dunkeln, doch international wächst die Angst, dass die Situation eskalieren könnte.

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Iran-Flagge. Quelle: handelsblatt.com

Nach den US-Vorwürfen gegen den Iran, einen Anschlag auf den saudi-arabischen Botschafter in Washington geplant zu haben, hat die Europäische Union Teheran vor „sehr ernsten Konsequenzen“ gewarnt. „Wir nehmen die Sache sehr ernst“, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch in Brüssel. Wenn sich die Vorwürfe bestätigten, handele es sich dabei um „eine klare Verletzung“ zwischenstaatlichen Rechts, die „nach internationalem Strafrecht“ verfolgt werden müsse. Den Iran rief die Sprecherin zur Zusammenarbeit mit den USA auf, um die Vorwürfe aufzuklären.

Die US-Regierung hatte dem Iran am Dienstag die Planung eines Attentats auf den saudi-arabischen Botschafter in den USA vorgeworfen. Nach Angaben des Justizministeriums wurde gegen zwei iranische Staatsbürger Anklage erhoben; einer von ihnen wurde festgenommen, der andere ist flüchtig. Teheran bezeichnete die Vorwürfe als „böse Verschwörung“ und wies die „schändliche Behauptung kategorisch und auf das Schärfste zurück“.

Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen sieht den Iran am Zug, die Vorwürfe auszuräumen, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. „Sollten die Anschuldigungen der USA zutreffen, wäre dies eine besorgniserregende Eskalation“, sagte Annen Handelsblatt Online. „Der sorgfältig formulierte Vorwurf gegen ‚Elemente der iranischen Regierung’ deutet nicht nur darauf hin, dass die USA offenbar von einem Machtkampf innerhalb des Regimes in Teheran ausgehen, er hält Präsident Obama auch die Option für eine flexible Antwort offen.“

Nach Überzeugung Annens zeigen die „ungeheuerlichen“ Vorgänge in Washington zudem, wie sehr sich der Iran durch die nordafrikanischen Revolutionen marginalisiert sieht. Doch, fügte das SPD-Vorstandsmitglied hinzu: „Der offene Rückgriff auf terroristische Mittel kann von der Staatengemeinschaft nicht akzeptiert werden.“ Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, sei daher die iranische Regierung jetzt gefordert, „die Vorwürfe umfassend aufzuklären und gegebenenfalls die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen“.

Restaurant im Visier

Das mutmaßliche Mordkomplott gegen den saudiarabischen Botschafter soll nach dem Willen der USA eine neue Runde internationaler Sanktionen gegen den Iran zur Folge haben. Die US-Regierung sprach von einem „flagranten Verstoß“ gegen internationale Abkommen, legten aber keine Begründung vor, warum Teheran mit Hilfe der mexikanischen Rauschgiftmafia Botschafter Adel Al-Dschubair umbringen lasse wollte.

Der Vorfall war am Dienstag von Justizminister Eric Holder, FBI-Direktor Robert Mueller und dem US-Bundesstaatsanwalt in Manhattan, Preet Bhahara, auf eine Pressekonferenz bekannt gemacht worden. Iranische Agenten einer Spezialeinheit der Revolutionsgarde hätten bei einem mexikanischen Drogenkartell einen Auftragsmörder anheuern wollen. Gespräche über den Plan seien von verdeckten Ermittlern mitgeschnitten worden. Demnach sollte eine Bombe in dem Restaurant gezündet werden, in dem der Botschafter Stammgast ist. Mueller sagte, dabei hätte es viele Tote geben können.

US-Außenministerin Hillary Clinton sagte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP, ein iranisches Dementi sei erwartet worden. „Wir wollen unserem Freunden versichern, dass die Vorwürfe gegen den Iran wohlbegründet sind“, betonte sie. „Die Vorstellung, dass sie zu einem mexikanischen Drogenkartell gehen, um einen Auftragskiller anzuheuern, um den saudiarabischen Botschafter zu ermorden - das kann doch niemand erfinden, oder?“

Clintons State Department gab am Dienstagabend eine Terrorwarnung für alle Amerikaner im Ausland heraus. Vom Iran in Auftrag gegebene Anschläge könnten auch in den USA selbst versucht werden.

Das New Yorker Bundesgericht erhob am Dienstag Anklage gegen einen 56-jährigen US-Bürger mir iranischem Pass, Manssor Arbabsiar, und das mutmaßliche Mitglied der iranischen Spezialeinheit Al-Kuds, Gholam Schakuri.

Lebenslange Haft droht

Arbabsiar lebte nach Behördenangaben seit Jahrzehnten im US-Staat Texas. Zuletzt wohnte er in der Ortschaft Round Rock nördlich von Austin, davor in der Region Dallas/Fort Worth und in Corpus Christi.

Die Angeklagten sollen in Mexiko ein vermeintliches Mitglied eines Drogenkartells als Auftragsmörder angeheuert haben. Der Mann war jedoch Informant der US-Drogenbehörde DEA und verriet die Anschlagspläne unter dem Codenamen „Chevrolet“ an die US-Behörden.

Es habe keine Gefahr bestanden, erklärte Bharara. Arbabsiar wurde Ende September am New Yorker John F. Kennedy Flughafen festgenommen. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft. Schakuri befindet sich im Iran auf freiem Fuß.

Arbabsiar habe eingeräumt, dass er von einem ranghohen Al-Kuds-Mitglied den Auftrag erhalten habe, einen Auftragsmörder für den Anschlag auf Botschafter Adel Al-Dschubeir anzuheuern, hieß es in den Ermittlungsakten. Das US-Finanzministerium verhängte am Dienstag Sanktionen gegen Arbabsiar und Schakuri sowie vier weitere Al-Kuds-Offiziere.

US-Präsident Barack Obama rief am Dienstag Al-Dschubair an und versicherte ihm die Solidarität der USA. Das Mordkomplott sei ein flagranter Verstoß gegen amerikanisches und internationales Recht. Saudi-Arabien bedankte sich bei den USA für die Aufdeckung des Komplotts.

Die US-Regierung erklärt seit langem, im Umgang mit dem wegen seines Atomprogramms unter internationalem Druck stehenden Iran würden keine Optionen ausgeschlossen. Aus Regierungskreisen verlautete nach den jüngsten Vorwürfen, zunächst gehe es Washington vor allem um eine Verstärkung des diplomatischen und wirtschaftlichen Drucks gegen Teheran.

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