Nach Öffnung der Banken Zypern kontrolliert den Kapitalverkehr

Das Hilfspaket für Zypern steht - doch die Aussichten bleiben unsicher. Nach der Öffnung der Banken droht ein Ansturm auf die Geldautomaten. Präsident Anastasiades will ein Chaos durch strenge Kontrollen verhindern.

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Zyperns Präsident Nicos Anastasiades will den Kapitalverkehr einschränken. Quelle: Reuters

Nikosia/Brüssel/Berlin Nach der dramatischen Rettung Zyperns vor dem Staatsbankrott will Europa einen Ansturm auf die Banken verhindern. Der zyprische Präsident Nikos Anastasiades kündigte am Montagabend Einschränkungen des Kapitalverkehrs an. Damit wolle die Zentralbank das Bankensystem der Inselrepublik schützen, sagte er in einer TV-Ansprache. Am Dienstag sollen nach zehn Tagen die ersten Banken wieder öffnen - allerdings nur die kleineren Geldhäuser.

Die EU kündigte nach der Einigung mit Nikosia an, die sozialen Folgen der Krise auf der geteilten Mittelmeer-Insel abzufedern. Zypern droht mit der erzwungenen Banken-Schrumpfung ein langer Wirtschaftseinbruch. Die Märkte atmeten kurz auf, ehe Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem mit einer unbedachten Aussage wieder für ein Abrutschen sorgte.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hob die Beteiligung von Großanlegern und Bank-Eigentümern am Rettungspaket als gerechte Lastenverteilung hervor. „Das gefundene Ergebnis ist richtig, und es nimmt auch die in die Verantwortung, die die Probleme mit verursacht haben.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach von einer fairen Lösung: „Es bleibt ein schmerzlicher Weg für Zypern.“

Nach zehntägiger Schließung sollen auf Zypern zunächst nur die kleineren Genossenschaftsbanken und die drittgrößte Bank, die Hellenic Bank, wieder öffnen. Auch alle Filialen der ausländischen Banken, wie der griechischen Nationalbank und Alpha Bank werden die Schalter aufmachen. Die Bank of Cyprus und die Laiki Bank, deren Systeme noch „angepasst“ werden müssten, werden erst am Donnerstag wieder geöffnet, wie der zyprische Staatsrundfunk unter Berufung auf die Zentralbank am Montagabend berichtete.

Wie es weiter hieß, sollen bis Dienstag in Kooperation mit der Europäischen Zentralbank die Einschränkungen definiert werden, die für Kapitaltransfers der angeschlagenen Bank of Cyprus und der Laiki Bank gelten sollen. Die Laiki Bank soll in eine gute und eine Bad Bank geteilt werden. Unklar war zunächst ob und welche Einschränkungen für die Banken gelten werden. Das Limit für Geldautomaten war am Sonntag je nach Bank auf 100 bis 120 Euro reduziert worden.

Erwartet wird, dass Kunden künftig nur bestimmte Höchstbeträge pro Tag und Monat abheben dürfen. Mit den Einschränkungen soll verhindert werden, dass alle Sparer ihr ganzes Geld abziehen.

Anastasiades erklärte in seiner TV-Ansprache, die Beschränkungen im Kapitalverkehr seien zeitlich begrenzt. „Ich versichere Ihnen, dass dies nicht lange dauern wird.“ Die Maßnahmen sollten stufenweise wieder „abgeschwächt“ werden. Details nannte Anastasiades nicht..


Einlagen bis 100 000 Euro werden verschont. Damit revidierten die Euro-Finanzminister jetzt ihre umstrittene Entscheidung von Mitte März für eine generelle Zwangsabgabe für Bankguthaben. Das hatte Sparer in ganz Europa verunsichert. „Konten unter 100 000 Euro sind geschützt, da gibt es keinen Zweifel dran“, sagte Dijsselbloem.

Nun werden Großanleger, Eigentümer und Gläubiger der beiden größten Banken der Insel herangezogen. Die zweitgrößte Bank, Laiki, soll aufgespalten werden und am Ende de facto verschwinden. Der Branchenprimus, die Bank of Cyprus, wird saniert und übernimmt den lebensfähigen Teil von Laiki. Kunden beider Banken mit mehr als 100 000 Euro werden schmerzhafte Einschnitte verkraften müssen.

Euro-Länder und Internationaler Währungsfonds (IWF) hatten Zypern in der Nacht zu Montag vor dem Staatsbankrott bewahrt. Sie einigten sich mit der zyprischen Regierung nach einem über zwölfstündigen Verhandlungsmarathon auf ein Hilfsprogramm von 10 Milliarden Euro. Gemessen an der Wirtschaftskraft des Landes ist es das bisher umfangreichste in der europäischen Schuldenkrise.

Ohne Einigung hätte die Europäische Zentralbank (EZB) den zyprischen Banken am Dienstag den Geldhahn abgedreht. Am Montagabend teilte die EZB mit, es gebe keine Bedenken mehr gegen weitere Nothilfen für die maroden Banken des Euro-Krisenlandes. Die Währungshüter erkennen den Beschluss der Euro-Gruppe zu Zypern an, wie die EZB am Montag mitteilte.

Die Details des Hilfsprogramms sollen nun bis Mitte April ausgehandelt sein. Dann wird auch der Bundestag entscheiden. Eine Mehrheit gilt als sicher, da neben der schwarz-gelben Regierungskoalition auch SPD und Grüne Zustimmung signalisierten.

Auch Russland will Zypern helfen und Bedingungen für einen 2011 ausgezahlten Kredit von 2,5 Milliarden Euro möglicherweise lockern. Kremlchef Wladimir Putin wies die Regierung in Moskau an, die Bemühungen der Eurogruppe zu unterstützen.

Viele der 860 000 Zyprer fürchten nun Massenarbeitslosigkeit wie in anderen Euro-Krisenstaaten. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sagte rasche Hilfe zu. „Wir müssen jetzt alle hart arbeiten, um die sozialen Auswirkungen der Krise in Zypern abzumildern.“

Ein erstes Aufatmen der Finanzmärkte währte nur kurz. Händler machten Aussagen des neuen Eurogruppenchefs Dijsselbloem dafür verantwortlich. Dieser habe den Restrukturierungsplan für die zyprischen Banken als Vorlage für das Vorgehen im Fall wackelnder Banken im Rest der Eurozone empfohlen.


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