Neuwahlen im September Niederlande stehen vor politischem Vakuum

Am 12. September soll in den Niederlanden neu gewählt werden. Das bedeutet für den Staat einige ungewisse Monate. Noch genießt Deutschlands Nachbar an den Finanzmärkten zwar Vertrauen - doch das kann sich schnell ändern.

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Mark Rutte, der noch kommissarisch amtierende Ministerpräsident. Quelle: dpa

Amsterdam Die Niederlande wählen nach dem Zusammenbruch ihrer Regierung Mitte September ein neues Parlament. Damit stehen dem engen Verbündeten Deutschlands im Kampf gegen die europäische Schuldenkrise Monate der politischen Ungewissheit bevor. Eine Einigung im Streit um den Haushalt für 2013 ist bislang nicht absehbar. Bis Montag müssen die Pläne jedoch bei der Europäischen Union (EU) vorliegen. Sollte der kommissarisch noch amtierende Ministerpräsident Mark Rutte seinen Sparkurs nicht doch noch in letzter Minute durchsetzen, läuft die eigentlich ökonomisch stabile fünftgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone Gefahr, gegen den Stabilitätspakt zu verstoßen. Nicht zuletzt für die Finanzmärkte wäre das ein beunruhigendes Signal, zumal auch andere europäische Regierung zunehmend wegen ihrer Sparvorhaben unter Druck geraten.

Königin Beatrix bat Rutte am Mittwoch, die Volksvertretung aufzulösen und so den Weg frei zumachen für vorgezogene Wahlen am 12. September. Bis dahin soll sich an der Zusammensetzung des Parlaments nichts ändern. Einer Umfrage vom Sonntag zufolge würde derzeit keine politische Kraft bei einer Wahl eine Mehrheit hinter sich scharen können. Ruttes Liberale Partei würde jedoch ihre Führung ausbauen, gefolgt von zwei linksgerichteten Parteien.

Die Sparpläne von Ruttes Mitte-rechts-Koalition waren am Wochenende am Widerstand ihres wichtigsten Verbündeten gescheitert. Der Rechtspopulist Geert Wilders, der nach der Wahl 2010 der Minderheitsregierung als Königsmacher seine Unterstützung zugesichert hatte, stellte sich nach 18 Monaten plötzlich quer und brachte so das Kabinett zu Fall. Wilders begründete seine Haltung damit, dass er es nicht einsehe, Hilfen für schuldengeplagte Länder wie Griechenland zur Verfügung zu stellen und gleichzeitig im eigenen Land den Gürtel enger zu schnallen. Die Wahl erklärte er zu einem Referendum über Europa und die Souveränität der Niederlande.

Auch die größten Oppositionsparteien wollen die angepeilten Einsparungen in Höhe von 14 bis 16 Milliarden Euro nicht mittragen. Sie lehnen es ab, zwanghaft das von der EU vorgegebene Defizitziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzustreben, weil dies die Bürger ihrer Meinung nach zu sehr belasten würde. Ohne die Maßnahmen steuern die Niederlande 2013 allerdings auf eine Neuverschuldung von 4,6 Prozent zu.

Grundsätzlich sehen alle zehn im Parlament vertreten Parteien ein, dass gespart werden muss - Streitpunkt ist jedoch das Ausmaß. Rutte hofiert mittlerweile die kleineren Oppositionsparteien, von denen einige Unterstützung signalisiert haben. Ob das jedoch reicht, ist fraglich. Am Donnerstag will er dem Parlament seine Pläne vorlegen. Diese dürften sich kaum von denen unterscheiden, die Wilders am Wochenende ablehnte. Zu den besonders umstrittenen Punkten zählt die Anhebung der Mehrwertsteuer, die dem Staat 4,8 Milliarden Euro zusätzlich einbringen soll.

Mit Argusaugen verfolgen die Finanzmärkte die Entwicklung. Noch genießen die Niederlande dort Vertrauen. Sollten sich die Parteien auf Sparmaßnahmen einigen können, würde das insbesondere an den Anleihemärkten positiv vermerkt werden, erklärte der Analyst Walter Leering von der niederländischen Privatbank Theodoor Gilissen. Gelinge dies nicht, befände sich das Land bis zu den Wahlen in einem politischen Vakuum. Der Druck auf Zinsen und die Bestnote „AAA“ würde wieder zunehmen. Die Ratingagentur Moody's hatte vor einer Herabstufung gewarnt, falls das Land in seinem Sparbemühen nachlasse.

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