OECD-Studie Wenn Reiche unversteuert bleiben

Eine OECD-Studie prangert die Steuersysteme an: Viel zu häufig könnten Reiche Steuern vermeiden oder hinterziehen – auch in Deutschland. Dabei gäbe es eine einfache Möglichkeit, das zu verhindern.

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Was uns Superreiche nicht verraten
Immer mehr ReichtumWährend die Zahl der Milliardäre weltweit steigt, sinkt das Durchschnittsvermögen des Durchschnittsverdieners. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Finanzmärkte immer wieder neue Rekorde erzielen und so das Nettovermögen der Reichsten steigen lassen. Die leben übrigens in den USA, gefolgt vom asiatisch-pazifischen Raum, Europa, dem übrigen Amerika, dem Nahen Osten und Afrika. Quelle: dpa
Frauen gesuchtDie Forbes-Liste umfasst derzeit 1426 Menschen - darunter nur 136 Frauen. Mehr als 90 Prozent der Milliardäre sind Männer, das ist wenig verwunderlich. Schließlich sind auch nur vier Prozent der CEO-Positionen der 1000-Fortune-Unternehmen mit Frauen besetzt. Wenn man es nicht die Karriereleiter hochschafft, muss man das Geld wohl wie die reichste Frau der Welt, Liliane Bettencourt, von seinem Vater erben. Quelle: dpa
Millionär-Sein für JedermannIm Chinesischen gibt es ein Wort für neureiche Menschen, die mehr Geld als Geschmack haben und es für unnötige Dinge ausgeben: tuhao. Frei nach dem Motto: "Je auffälliger, desto besser". Millionäre sind nicht mehr das, was sie mal waren. Denn wer viel Geld hat, umgibt sich nur mit Menschen, die genauso viel Geld haben. Menschen, die für den Außenstehenden viel besitzen, haben in der Finanzelite wahrscheinlich nur "Peanuts". Quelle: REUTERS
Geld ausgebenWer es hat, gibt das Geld mit vollen Händen aus: Eine Tasche für knapp 40.000 Dollar, ein Gemälde für 140 Millionen Dollar - das zählt für den Vermögenden am Ende gar nichts, wenn er viel mehr Geld besitzt. Und weniger geizig sind sie dann auch nicht, sie setzen nur andere Prioritäten, wofür sie das Geld ausgeben möchten. Quelle: AP
Gute Familie, gute Universität, viel GeldSagen wir es so: Es hilft, wenn die Eltern schon im Besitz eines nicht gerade kleinen Vermögens sind - gleichzeitig bedeutet es aber nicht, dass einem das Glück hold ist. Allerdings, so eine Studie, sei es wahrscheinlicher, dass Milliardäre ein College mit sehr hohen Zulassungsbeschränkungen besuchen als Menschen, die "nur" CEOs oder Richter sind. Aber man kann sich bekanntlich auch hocharbeiten. Quelle: REUTERS
Reichtum durch AktienAn den Beispielen von Steve Jobs, Bill Gates und Mark Zuckerberg zeigt sich deutlich, dass Reichtum nicht unbedingt aus einem Aktienpaket kommen muss, sondern viel mehr durch die Gründung eines Unternehmens oder den Verkauf dessen entsteht. Mit keinem oder wenig Kapital kann man auch nur schwer eine gute Rendite erzielen. Quelle: dpa
Steuerhinterziehung - oder doch nicht?Medienaufmerksamkeit ist besonders reichen Menschen gewiss - das sollte bereits eine warnende Tatsache sein. Trotzdem hinterziehen einige Steuern oder zahlen sie zumindest nicht in der verlangten Höhe. Allerdings lässt sich nicht klar nachvollziehen, ob sie es in einem größeren Ausmaß tun, als der Normalbürger. Wahrscheinlich fällt es nur häufiger auf. Die Besonderheit ist viel mehr, dass viele Reiche nur einen kleineren Teil ihres Einkommens versteuern müssen als ein durchschnittlicher Steuerzahler, weil sie auch mit Investments Geld verdienen und die werden niedriger versteuert. Quelle: dpa

Düsseldorf Deutschland schont seine Gutverdiener. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Steuerbehörden seien nicht streng genug, mahnt die Organisation.

In der Studie „Tax Administration 2015“ vergleicht die Organisation Strukturen und Effektivität der Steuerbehörden in 56 Ländern. Das Fazit: In den meisten Industrieländern seien die Steuerbehörden nicht ausreichend auf die mehr werdenden Reichen eingerichtet. Nur wenige Behörden, ein Drittel der untersuchten Länder, hätten den Rat aus einer Studie von 2009 umgesetzt und spezielle Abteilungen für sie eingerichtet. Deutschland ist nicht dabei.

Die „High Net Worth Individuals“ sind Einzelpersonen mit einem Vermögen von mehr als einer Million Dollar. Diese seien für die Steuerbehörden eine besondere Herausforderung, weil sie häufiger Wege fänden Steuern zu hinterziehen. Das habe Auswirkungen auf die Integrität des gesamten Steuersystems, urteilt die OECD.

Deswegen fordern die Macher der Studie erneut eine Sonderabteilung für Reiche mit speziell geschulten Beamten. Zudem müsse die grenzübergreifende Zusammenarbeit der Steuerbehörden deutlich gesteigert werden.

Die Reichen werden immer mehr: Der Report „Global Wealth 2015 – Winning The Growth Game“ der Beratungsfirma Boston Consulting Group (BCG) sieht die Konzentration der Vermögen noch stärker bei den Superreichen als in den Jahren zuvor. Die Zahl der Millionäre weltweit kletterte im vergangenen Jahr nach Angaben der Beratungsfirma deutlich von 15 auf 17 Millionen.

Der Anteil dieser Haushalte am gesamten Privatvermögen nahm von 40 auf 41 Prozent zu. Nach Schätzung von BCG dürfte er bis 2019 auf 46 Prozent steigen. Das rasanteste Wachstum sagen die Forscher der Spitzengruppe mit Vermögen von mehr als 100 Millionen Dollar voraus, bei der sich zuletzt bereits sechs Prozent des globalen Reichtums ballten. 

Die Gesichter des Reichtums
Die Ausstellung "Fette Beute. Reichtum zeigen" läuft vom 17. Oktober 2014 bis 11. Januar 2015 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Sie versammelt künstlerische Arbeiten, Reportage-Fotografie und Videoarbeiten. Hinzu kommen Amateuraufnahmen aus dem Fotosharing-Portal Instagram und Ausschnitte aus dem Reality-TV-Format „Rich Kids of Beverly Hills“. Hier ist eine Fotografie von Anna Skladmann zu sehen: Der fünf Jahre alte Vadim auf der Dachterrasse seines Zuhauses in Moskau. Wie ein snobistischer älterer Herr blickt er auf die Fotografin herab. Vadim on his Rooftop, Moskau, 2009, aus der Serie Little Adults, 2008-2010 Quelle: © Anna Skladmann
Die Fotografin ging zwischen 2008 und 2010 in den Villen des russischen Geldadels ein und aus. Hier ist ein Junge namens Jakob zu sehen, der mit einer MP40 aus seiner eigenen Waffensammlung posiert. Auf dem Fernseher hinter ihm, der von einem Bilderrahmen umgeben ist, läuft eine Ballettaufführung. Die Fotografin erzählte, dass der Junge mit dem Gewehr auf die Tänzerinnen zielte, als sie den Raum betrat.Jacob shooting at Ballerinas, Moskau, 2009, aus der Serie Little Adults, 2008-2010 Quelle: © Anna Skladmann
In die Ausstellung schafften es auch Bilder, die im Blog "Rich Kids of Instagram" gesammelt werden. Sie zeigen reiche Söhne und Töchter, die sich selbst auf Instagram inszenieren - ob im Champagnerbad, mit Geldbündeln oder Selfies mit Helikoptern und Yachten.You can’t sit with us… If you aren’t wearing army tops and flip flops. #Valentino #youcantsitwithus by venetobynetosoberanes, Blogeintrag vom 27.03.2014 Quelle: © netobynetosoberanes
Die Kinder und Jugendlichen inszenieren sich selbst und ihr Leben als sündige Luxuswelt voll Wollust, Habgier, Völlerei und Müßiggang. Pool in the backyard that look like Metropolis. #LA #canyon #pool #water #beer #raft #dolphins #neon #sunday by groverlight, Blogeintrag vom 24.09.2013 Quelle: © groverlight
Pelz, Bling-Bling und hübsche Mädchen: So präsentieren sich die "Rich Kids of Beverly Hills" in der gleichnamigen TV-Serie. Quelle: © E! Entertainment Television
Der Fotograf Paolo Woods reiste durch Afrika und untersuchte dort die Expansion Chinas auf dem Kontinent. Er dokumentierte gemeinsam mit zwei Journalisten das Aufeinanderprallen zweier Kulturen. Die reichen, selbstbewussten Chinesen heben sich in den Fotografien deutlich von den "untergebenen" Afrikanern ab. Hier ist ein Vorarbeiter zu sehen, der sich nicht nur durch seinen gelben Helm hervorhebt.On the building site of the Imboulou dam, Republik Kongo, aus der Serie Chinafrica, 2007 Quelle: © Paolo Woods, INSTITUTE
Hier ist der Unternehmer Jacob Wood auf einer Baustelle zu sehen. Er gibt sich betont leger. Im krassen Kontrast dazu steht an seiner Seite ein bewaffneter Bediensteter, der ihm den Schirm hält.Mr. Wood, Lagos, Nigeria, aus der Serie Chinafrica, 2007 Quelle: © Paolo Woods, INSTITUTE

Die meisten Millionäre und Superreichen hatten zuletzt die USA vor dem stark aufholenden China. Die höchste Millionärsdichte macht die Studie in der Schweiz aus, wo 135 von 1.000 Einwohnern mehr als eine Million Dollar auf der hohen Kante hatten. Dahinter folgen Bahrain, Katar, Singapur, Kuwait und Hongkong.

In Deutschland nahm die Zahl der Millionäre zum Vorjahr um 3,6 Prozent auf 350.000 zu, damit landete die Bundesrepublik auf Rang sieben des Rankings. Deutlich schneller - um 6,9 Prozent - wuchsen die Vermögen der Superreichen hierzulande. 679 deutsche Haushalte mit Privatvermögen von mehr als 100 Millionen Dollar zählten die BCG-Forscher. Damit rangiert Deutschland hinter den USA, China, Großbritannien und Indien auf Platz fünf.

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