Parlamentswahl Griechenland Linksbündnis Syriza erziehlt historischen Sieg

Die Griechen sagen Nein zum bisherigen Sparkurs des Landes: Das Linksbündnis Syriza unter Alexis Tsipras ist eindeutiger Sieger der Parlamentswahl. Wird es auch für die absolute Mehrscheit reichen?

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Der junge Chef des Linksbündnis Syriza, Alexis Tsipras, signalisiert den europäischen Partnern Gesprächsbereitschaft für eine „gerechte und praktikable Lösung“. Quelle: ap

Athen Griechenland steht vor einem historischen Regierungswechsel: Das Linksbündnis Syriza hat bei der Parlamentswahl am Sonntag einen überwältigenden Sieg erzielt. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes ist die Linke stärkste Kraft. Die Partei von Alexis Tsipras kam nach Auszählung von mehr als 75 Prozent der Stimmen auf 36,1 Prozent. Im Wahlkampf versprach sie vor allem ein Ende der Sparmaßnahmen in dem hoch verschuldeten Euro-Krisenland. In der Wahlnacht signalisierte Tsipras den europäischen Partnern Gesprächsbereitschaft für eine „gerechte und praktikable Lösung“.

Die absolute Mehrheit von 151 der 300 Sitze im Parlament lag für die Linkspartei am Abend in greifbarer Nähe. Klarheit sollte allerdings erst nach Auszählung sämtlicher Stimmen herrschen. Abgestraft wurden die bislang regierenden Konservativen von Regierungschef Antonis Samaras. Sie lagen demnach bei 28,1 Prozent und 77 Sitzen.

Die Wahl war weltweit mit Spannung erwartet worden. Griechenland braucht dringend eine handlungsfähige Regierung. Das Hilfsprogramm der internationalen Geldgeber läuft Ende Februar aus. Sollte es keine neue Einigung geben, könnte das Land schon bald zahlungsunfähig sein.

Tsipras sagte, seine künftige Regierung wolle mit den Partnern in der EU über den Schuldenberg des Landes verhandeln. Es werde keinen katastrophalen Streit geben - doch Griechenland werde sich auch nicht länger dem Diktat der internationalen Geldgeber unterwerfen.

Die Konservativen im Europaparlament forderten nach dem Wahlsieg des Linksbündnisses die Erfüllung der Spar- und Reformzusagen des Landes.

Der scheidende griechische Regierungschef Antonis Samaras gestand noch am Abend im griechischen Fernsehen seine Niederlage ein.

Spannend war das Rennen um den dritten Platz. Die Rechtsextremisten der Goldenen Morgenröte lagen dabei bei 6,3 Prozent und 17 Sitzen. Dicht dahinter folgte die erst Anfang 2014 gegründete neue proeuropäische Partei der politischen Mitte, To Potami (Der Fluss), mit 6,0 Prozent und 16 Sitzen.

Den Einzug ins neue Parlament schafften demnach auch die Kommunisten mit 5,5 Prozent und 15 Mandaten und die bislang mitregierenden Sozialisten mit 4,7 Prozent und 13 Mandaten. Analysen zufolge wandten sich zahlreiche enttäuschte Stammwähler der sozialistischen Pasok nun Syriza zu. Die frühere Volkspartei steht damit vor dem Niedergang.

Die Rechtspopulisten der Unabhängigen Griechen schafften ebenfalls den Sprung über die Drei-Prozent-Hürde. Sie lagen bei 4,7 Prozent der Stimmen und 13 Mandaten. Parteichef Panos Kammenos signalisierte Tsipras Bereitschaft zur Zusammenarbeit, sollte Syriza die absolute Mehrheit verfehlen. Auch Potami-Chef Stavros Theodorakis zeigte sich kooperationsbereit.

Die Partei des ehemaligen griechischen sozialistischen Regierungschefs Giorgos Papandreou lag abgeschlagen bei 2,4 Prozent.

In Griechenland hält das Wahlrecht einen besonderen Bonus für den Sieger bei Parlamentswahlen bereit. 250 der 300 Sitze werden per Verhältniswahl vergeben. Die stärkste Partei erhält einen Zuschlag von 50 Sitzen, um die Chancen zur Bildung einer starken Regierung zu erhöhen.

Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) haben Griechenland bisher mit Darlehen in Höhe von rund 240 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. In der Eurogruppe wird über eine Verlängerung des griechischen Rettungsprogramms über den 28. Februar hinaus nachgedacht.

Die Euro-Finanzminister wollen bereits an diesem Montag über den weiteren Weg des Krisenlandes sprechen - auch wenn konkrete Beschlüsse noch nicht geplant sind. Belgiens Finanzminister Johan Van Overtveldt reagierte kühl auf den Wahlausgang. „Den Neuaufbau in Griechenland beenden und gleichzeitig in der Eurogruppe bleiben zu wollen, das ist unvereinbar“, sagte er.

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