Politische Interessen China missbraucht Auslandsinvestitionen

China investierte im vergangenen Jahr rund 20 Milliarden Euro in der EU. 70 Prozent davon kommen von Staatsunternehmen. Die Volksrepublik benutzt laut einem Thinktank das Geld um ihre politischen Ziel zu verfolgen.

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Ren Jianxin, Chef von ChemChina bei der Pressekonferenz. Die Übernahme des Baseler Milliarden-Konzern Syngenta sorgte für Aufsehen. Und es ist nicht das einzige Unternehmen, das vom Reich der Mitte verschluckt wird. Quelle: AFP

Berlin China investiert immer mehr Geld in Europas Wirtschaft - und nutzt dies auch als politischen Hebel. Das ist das Ergebnis einer Studie des China-Thinktanks Merics und des Analysehauses Rhodium, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt.

2015 habe es Rekordinvestitionen von 20 Milliarden Euro gegeben, 70 Prozent davon von staatlichen Unternehmen aus der Volksrepublik. In den kommenden fünf Jahren werde China wohl jährlich rund 200 Milliarden Dollar im Ausland investieren. An der Börse sorgte zuletzt zum Beispiel die geplante Übernahme des Basler Pflanzenschutz-Spezialisten Syngenta durch ChemChina für 43 Milliarden Dollar für Aufsehen.

Die Strategie verändere sich momentan, heißt es in der Studie weiter. Zwar werde der größte Teil immer noch in den "Großen Drei" - Deutschland, Frankreich und Großbritannien - investiert. Aber die Käufer hätten nun auch Süd- und Südosteuropa entdeckt.

Im vergangenen Jahr habe deshalb fast jeder EU-Staat bilaterale Wirtschaftskontakte mit Peking gesucht. China wiederum versuche mit seiner "16 plus 1"-Initiative, Osteuropa als Wirtschaftsraum zu erobern.

"Chinas Diplomaten nutzen das Versprechen von Investitionen und anderen Finanzströmen zunehmend als diplomatisches Instrument, um politisch vorteilhafte Ergebnisse in Verhandlungen mit der EU und deren Mitgliedstaaten zu erhalten", so die Autoren der Studie.

Beispiel Großbritannien: Hier hätten Investitionen dazu beigetragen, dass es einen Wandel der britischen China-Politik gebe. Premierminister David Cameron will sich dafür einsetzen, dass die kommunistisch regierte Volksrepublik den Status einer Marktwirtschaft bekommt.

Erkennt die EU das an, würde es sehr viel schwerer für Firmen aus der EU, sich gegen Wettbewerber aus China mit Anti-Dumping-Klagen durchzusetzen.

Die EU-Regierungen sollten dafür sorgen, dass europäische Firmen in China die gleichen Freiheiten bekämen, fordern die Autoren der Studie. Denn das Ungleichgewicht bei Investitionen werde wegen der chinesischen Restriktionen im eigenen Land immer größer.

Laut der Studie werden Investitionen aus China mittlerweile auch breiter gestreut. Käufer seien nun an einer ganzen Palette von Sektoren interessiert, die vom Autosektor (Pirelli) über den Endkunden (Tank und Rast) bis hin zu Agrarfirmen (KTG Agrar) reichten.

Mit dem neuen Fonds "Industrie 4.0" wolle Chinas Führung auch verstärkt in deutsche Forschungs- und Hightech-Firmen investieren. Zudem erhielten chinesische Bieter zuletzt vielfach Zuschläge bei Infrastrukturprojekten - von Kraftwerken in Rumänien über Eisenbahnprojekte in Ungarn bis zu britischen Atomkraftwerken.

Trotz der konjunkturellen Abkühlung in China wird der Trend wohl anhalten. Ministerpräsident Li Keqiang hat bis 2020 Auslandsinvestitionen von einer Billion Dollar angekündigt. "Für 2016 ergeben sich durch den Kampf der chinesischen Regierung gegen Kapitalflucht und die hohe Verschuldung vieler chinesischer Investoren auch einige Risiken", sagte Mikko Huotari, einer der Autoren der Studie, zu Reuters. Das ändere aber nichts daran, dass chinesische Firmen ihre Internationalisierungs-Strategie fortsetzten.

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