Post aus Harvard

Kommt die große US-Steuerreform?

Martin Feldstein Quelle: Bloomberg, Montage
Martin S. Feldstein US-amerikanischer Ökonom, Professor für Wirtschaftswissenschaften und ehemaliger Oberster Wirtschaftsberater für US-Präsident Ronald Reagan Zur Kolumnen-Übersicht: Post aus Harvard

Die Steuerpläne der Republikaner sind ökonomisch sinnvoll. Die Reform würde Investitionen und Wachstum in den USA ankurbeln und den Staatshaushalt nur vorübergehend belasten.

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Donald Trump spricht über die geplante Steuerreform. Quelle: REUTERS

Die Führung der Republikanischen Partei im US-Repräsentantenhaus arbeitet seit über einem Jahr an einer großen  Steuerreform für Privatpersonen und Körperschaften. Auch angesichts der 2018 anstehenden Wahlen scheinen die Republikaner entschlossen, ein Reformpaket zu schnüren und zur Verabschiedung in den Senat zu schicken.

Diese Reform würde sich deutlich von der letzten großen, 1986 verabschiedeten Steuerreform unterscheiden. Der Tax Reform Act von 1986 konzentrierte sich auf die private Einkommensteuer. Damals sank der Spitzensteuersatz von 50 Prozent auf 28 Prozent, zugleich verringerten sich die Sätze für Steuerzahler mit niedrigerem Einkommen. Der Einnahmeausfall wurde durch Änderungen bei den Steuerabzügen sowie weiteren Rechnungslegungsregeln ausgeglichen. Das Ergebnis war eine Reform, die auf jeder Einkommensstufe einnahmeneutral war - und zwar selbst, wenn man die positiven Folgen der niedrigeren Steuersätze auf das Wirtschaftswachstum unberücksichtigt lässt.

In den 30 Jahren seit dieser Reform  sind die Steuersätze für Spitzenverdiener deutlich von 28 auf 39,6 Prozent gestiegen, hinzu kommt eine Steuer von 3,8 Prozent auf die  Kapitaleinkommen dieser Steuerzahler. Eine detaillierte Steuerstudie für die Jahre 1979 bis 2013 durch das Congressional Budget Office (CBO) kam zu dem Schluss, dass, obwohl der effektive Steuersatz in jedem Quintil der Einkommensverteilung gefallen ist, er für Steuerzahler im obersten ein Prozent der Einkommensverteilung deutlich über den 35-Jahres-Durchschnitt gestiegen ist.

Der Plan der Republikaner würde den Spitzensteuersatz wieder auf 30 Prozent oder darunter absenken und vergleichbare Steuersenkungen für diejenigen umfassen, die jetzt niedrigere Steuersätze zahlen. Das neue Steuergesetz könnte zudem dem kanadischen Beispiel folgen und die Erbschaftsteuer beseitigen, zugleich jedoch eine Steuer auf vor dem Tod des Steuerzahlers aufgelaufene Kapitalerträge verhängen. Um einige der hieraus resultierenden Einnahmeverluste auszugleichen, könnte das neue Gesetz Steuerabzüge für die Steuern der Einzelstaaten und für Kommunalabgaben beseitigen und einige zusätzliche Arbeitgeberleistungen besteuern, die derzeit nicht unter das steuerpflichtige Einkommen fallen.

Der große Unterschied zwischen dem Plan der Republikaner im Repräsentantenhaus und der Steuerreform von 1986 ist, dass der aktuelle Vorschlag zugleich die steuerliche Behandlung der Unternehmensgewinne und anderer Unternehmenseinkünfte in Angriff nehmen würde. Der gesetzliche Steuersatz auf Unternehmensgewinne beträgt heute 35 Prozent und ist der höchste innerhalb der OECD. Das neue Gesetz würde diesen Satz auf 25 Prozent oder weniger verringern, was eine Umkehr der Kapitalflüsse aus Kapitalanlagen in Wohnimmobilien und Landwirtschaft hin zu Unternehmensinvestitionen im Inland auslösen würde.

Inlandsinvestitionen

Das neue Steuergesetz dürfte zudem die Inlandsinvestitionen der Unternehmen steigern, indem es die steuerliche Behandlung der Gewinne der ausländischen Tochterunternehmen von US-Konzernen ändert. Nach aktuellem Recht zahlt eine Tochtergesellschaft Steuern an den Staat, in dem diese Gewinne erzielt werden. Sie kann die versteuerten Gewinne dann überall auf der Welt außerhalb der USA investieren. Wenn sie dieses Geld in die USA zurückführt, um dort zu investieren oder Dividenden an die Aktionäre auszuschütten, muss sie den vollen US-Körperschaftsteuersatz zahlen, wobei sie eine Gutschrift für die bereits im Ausland gezahlten Steuern erhält.

Diese Strafe für die Rückführung von Geldern führt dazu, dass die US-Konzerne die versteuerten Gewinne im Ausland lassen. Das US-Finanzministerium schätzt, dass sich die Auslandsinvestitionen amerikanischer Tochtergesellschaften auf mehr als 2,5 Billionen Dollar belaufen.

Diese Methode zur Besteuerung der Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften gibt es nur in den USA. Alle anderen Industrieländer nutzen die sogenannte territoriale Methode, bei der die Gewinne ausländischer Tochtergesellschaften ohne eine zusätzliche Besteuerung oder unter Zahlung einer lediglich geringen zusätzlichen Steuer ins Land zurückgebracht werden können. Durch eine Kursänderung der USA hin zu einem derartigen System würde der republikanische Vorschlag die Rückführung einiger dieser im Ausland angehäuften Gelder fördern sowie zu erhöhten Zuflüssen künftiger Auslandsgewinne führen.

Doch was bedeutet das für die Staatsfinanzen? Das CBO schätzt, dass das Defizit selbst ohne Änderung der Steuerregeln im Laufe der kommenden zehn Jahre von 3,4 auf über 4 Prozent vom BIP steigen wird. Kurzfristig dürften die Steuersenkungen dieses Haushaltsdefizit noch weiter erhöhen. Die Anreizwirkung niedrigerer Steuersätze und die erhöhte Anhäufung von Kapital wird aber zu höherem Wirtschaftswachstum und höheren Realeinkommen führen - was wiederum die verfügbaren Einkommen steigert und langfristig zu niedrigeren Haushaltsdefiziten führt.

Fazit: Ich bin ich optimistisch, dass in den USA eine Steuerreform, die dazu dient, Kapitalbildung und Wachstum zu steigern, durchsetzbar ist - und dass ein hierdurch bedingter Anstieg des Haushaltsdefizits nur vorübergehender Art sein wird.

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