Putin-Gegner Diese Männer wollen Russland regieren
Ein Altkommunist, ein Provokateur und ein reicher Riese fordern Wladimir Putin heraus. Von wem geht die größte Gefahr für den Favoriten aus?
Wladimir Putin – der umstrittene Unumstrittene
Aktuelle Funktion: Ministerpräsident, „Nationaler Führer“
Alter: 59
Aktueller Umfragewert: 53,5 % (Umfrage des Moskauer Meinungsforschungszentrums WCIOM vom 18./19. Februar 2012)
Bei vollem Verstand zweifelt niemand daran, dass Russlands früherer Präsident und aktueller Premierminister die Kreml-Wahl am Sonntag gewinnen wird. Aktuelle Umfragen sehen ihn bei etwas über 50 Prozent der Stimmen – womit der starke Mann des Landes auch die Stichwahl umgehen kann. Und doch zittert der erfolgsverwöhnte Machtpolitiker, der sich gern als alleinigen Garanten für Stabilität und Wohlstand inszenieren lässt: Stimmten früher bei früheren Wahlen stets mehr als 70 Prozent für Putin oder dessen Ziehsohn Dmitrij Medwedjew, fällt die Zustimmung diesmal laut Umfragen deutlich schmaler aus, zumal die Wahlbeteiligung bei kaum über 50 Prozent liegen dürfte. Mit anderen Worten: Nur jeder Vierte russische Wähler steht laut Umfragen hinter Putin – und die anderen erwarten sichtbare Reformen, zu denen sich Putin auch als Premierminister nicht entschließen konnte.
Bild: dpa
Gennadi Sjuganow – der Altkommunist
Aktuelle Funktion: Vorsitzender der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF)
Alter: 67
Aktueller Umfragewert (lt. WCIOM): 10,8 %
Der „ewige Zweite“ bei russischen Wahlen tritt – mit Ausnahme des Jahres 2004 – seit 18 Jahren immer wieder an. Jedes Mal landete Russlands Ober-Kommunist auf Platz zwei. Anfangs war das Rennen noch knapp; dem launenhaften russischen Ex-Präsidenten Boris Jelzin hätte er 1996 fast den Einzug in den Kreml streitig gemacht. Seither sinkt der Stern der Kommunisten, deren durchaus mächtige Basis bis heute unentschlossen ist, ob man sich die Sowjetunion zurückwünscht und Stalin weiter verehren sollte – oder ob die Marktwirtschaft doch ganz okay ist und die KPRF eine Art sozialdemokratische Partei werden sollte. Dass mit Sjuganow ein alternder Apparatschik an der Spitze steht, macht die Kommunisten für die junge Generation nicht wählbarer, obwohl sich Sjuganow im Wahlkampf klar auf die Seite der Putin-Kritiker geschlagen hatte.
Bild: dapd
Wladimir Schirinowski – der Provokateur
Aktuelle Funktion: Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei der Russischen Föderation (LDPR)
Alter: 65
Aktueller Umfragewert (lt. WCIOM): 8,9 %
An diesem Mann scheiden sich in Russland die Geister der Intelligenz: Die einen halten ihn für einen gefährlichen Nationalisten, die anderen sehen ihn als eine Inkarnation des Kremls. Jedenfalls hetzt Wladimir Schirinowski seit Jahren munter gegen Zuwanderer, er verlangt die Aufrüstung und am liebsten würde er auch noch in Georgien oder der Ukraine einmarschieren. Da Xenophobie in Russland durchaus verbreitet ist und sich die unpolitische Mehrheit des russischen Elektorats vom Polit-Clown Schirinowski gern erheitern lässt, ist den Politiker ein stabiles Stimmenpotenzial sicher. Doch wenn die Fernsehkameras ausgeschaltet sind, hat die Schirinowski-Partei LDPR im Parlament stets geschlossen für die Vorlagen der Regierungspartei Einiges Russland gestimmt. Das nährt den Verdacht, der Populist sei eine Kreml-Marionette, die die rechtsextremen Wähler einfangen und kontrollierbar halten soll. Wenn dem so ist, hat es bislang gut funktioniert.
Bild: dapd
Michail Prochorow – der Undurchsichtige
Aktuelle Funktion: Unternehmer
Alter: 46
Aktueller Umfragewert (lt. WCIOM): 5,6 %
Es ist noch kein Jahr her, da galt der Multimilliardär als völlig unpolitisches Wesen. Zwar versuchte er, mit dem Bau eines LED-Werks und der Entwicklung eines russischen Elektroautos, Russlands Wirtschaftsstruktur ganz im Sinne von Noch-Präsident Dmitri Medwedew zu diversifizieren. Im Privatleben fiel er indes weiter durch pompöse Partys auf. Plötzlich schickte er sich allerdings an, eine liberale Partei namens „Rechte Sache“ zur Duma-Wahl zu führen. Als der Kreml der Parteiführung die Kandidatenliste diktieren wollte, zog sich Prochorow zurück – und zog los, gegen Premier Putin um den Einzug ins Präsidentenamt zu kämpfen. Seither präsentiert er sich als wackeren Liberalen, der den Reformdruck der Bevölkerung kanalisiert. Doch die Rechnung geht nicht auf: Die Moskauer Intelligenz, die da auf der Straße demonstriert, betrachtet ihn als Kreatur des Kremls. Und der einfachen Landbevölkerung kommen alle Milliardäre seit der Privatisierung als raffgierig daher. Wählen wird ihn die Mehrheit daher nicht.
Bild: dapd
Sergej Mironow – der Farblose
Aktuelle Funktion: Vorsitzender der Kommunistischen Partei der Russischen Föderation (KPRF)
Alter: 59
Aktueller Umfragewert (lt. WCIOM): 4,3 %
Die meisten Russen können sich schwer vorstellen, dass Sergej Mironow mal als Fallschirmjäger im Dienste der Sowjetarmee war, wie seine Biografie verrät. In der Politik gilt der Geophysiker, bis Juni letzten Jahres noch Vorsitzender des russischen Föderationsrats, als friedlich und handzahm. Er mag ein kluger Analytiker sein, doch bei öffentlichen Auftritten stört, dass er Lispelt. Daran indes liegt es nicht, dass sich seine Partei „Gerechtes Russland“ trotz passabler Wahlergebnisse nie als linksliberale Kraft hat durchsetzen können. Vielmehr war die Partei eine Totgeburt, weil Mironow selbst sich zu lange scheute, sich und seine Partei inhaltlich von der Regierungspartei „Einiges Russland“ abzugrenzen. Die kritischen Töne der letzten Monate kommen zu spät, sein Rücktritt als Parteichef auch – und Mironow wird als Putin-Herausforderer mit wehenden Fahnen untergehen. Warum tut er sich das überhaupt an?
Bild: dapd
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