Donald Trump hält sich für überlegen. Angetrieben von seinem Erfolg als Immobilientycoon, ist der US-Präsident fest davon überzeugt, schlauer, gewiefter und besser zu sein als sein Umfeld. Kritik sieht es deswegen auch als Majestätsbeleidigung an, die mit harten Gegenangriffen gekontert werden muss. „Donald Trump glaubt, er ist unfehlbar“, sagt Johnston. Die problematische Folge: Trump hört nicht auf Berater, er lässt sich politische Zusammenhänge nicht erklären, er bildet sich nicht fort. Deswegen ist er auch nach mehr als 100 Tagen im Amt noch immer in wichtigen außenpolitischen Fragen nicht im Bilde, und unterschätzt sowohl das Problem Nordkorea als auch die Schwierigkeit, Frieden im Nahen Osten zu schaffen.
„Trump ist in seinem Weltbild die Nummer Eins – und er würde entsetzt sein, dass Sie das nicht erkennen“, weiß Johnston. Bei Widerspruch würde Trump seine Kritiker „ungläubig anschauen und als „Verlierer“ bezeichnen“. Wer dann nicht spurt, muss damit rechnen, verklagt zu werden.
Erdoğan hat weder internationale Erfahrung noch wirtschaftliche Sachkompetenz. Der Mann aus dem Armenviertel Istanbuls spricht kein Englisch oder eine andere Fremdsprache. Seine Ausbildung verdankt er einer konservativen Imam-Hatip-Schule. Dafür spricht der die Sprache des einfachen Volkes und weiß - wie kaum ein anderer türkische Politiker -, wie die Menschen denken.
Erdoğan ist kein Islamist. Er strebt nicht die Einführung der Scharia an. Aber er ist fromm, und glaubt damit, über die Hälfte der türkischen Bevölkerung zu repräsentieren. Immer wieder nutzt er die religiösen Gefühle und Befindlichkeiten, um Wähler zu mobilisieren. Der Islam ist für ihn nicht Ziel, sondern Vehikel zur Macht, das er bedenkenlos ausnutzt.
Von Wirtschaft scheint der Mann wenig Ahnung zu haben. Trotz einer immer stärker anziehenden Inflation fordert Erdoğan zum Beispiel von der türkischen Zentralbank die Zinsen zu senken. Das ist zwar eine absurde Verdrehung ökonomischer Kausalrelationen. Bei vielen seiner Wähler aber kommt es gut an, wenn er gegen die „internationale Zinslobby“ wettert.
Denken im Freund-Feind-Schema
Donald Trump stellt klare Kosten-Nutzen-Rechnungen an – und teilt Menschen in zwei Lager auf. Die, die ihn nützen. Und jene, die ihm schaden. Loyalität ist dem US-Präsidenten wichtiger als Fachwissen. Und so umgibt er sich im Weißen Haus mit Familienmitgliedern und langjährigen Weggefährten. Interne Kritik kann er so fast vollkommen verhindern. Neue Ideen – oder auch der nötige Widerspruch an der einen oder anderen Stelle – werden so aber auch nicht ins Weiße Haus getragen.
Wer das Trump’sche Vertrauen verspielt, ist ein für alle Mal untendurch. „Das Prinzip ,Auge um Auge‘ gehört zum festen Bestandteil der Gedankenwelt des US-Präsidenten“, sagt Johnston. Trump habe ihm gegenüber einst offen bekannt, dass man „umso härter zurückschlagen muss“, wenn man angegriffen werde. Und so teilt der Präsident auch heute wild aus: gegen die Medien, gegen Politiker aus der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen – und natürlich auch gegen Leute wie David Johnston, der Trumps Denken und Handeln in der Öffentlichkeit erklärt. Gleich mehrmals drohte der Milliardär den Journalisten, von dessen Buchprojekt er einst angetan war, ihn zu verklagen.
Erdoğan hingegen hatte nie Probleme, Allianzen zu wechseln, wenn er es für nötig hielt. Jahrelang machte er gemeinsame Sache mit den Anhängern des Predigers Gülen, um die kemalistischen Eliten zu bekämpfen. Heute verfolgt er die ehemaligen Verbündeten erbittert.
Zu Beginn der AKP-Regierung war erklärtes Ziel des damaligen Premierministers die EU-Mitgliedschaft. Den Rückenwind aus der EU nutzte er, um das Militär zu entmachten. Heute erwägt er selbst die Wiedereinführung der Todesstrafe, wohlwissend, dass diese die Beitrittsverhandlungen mit einem Male beenden würde.
Als klar wurde, dass die pro-kurdische HDP seinen Kurs zur Verfassungsänderung nicht mittragen würde, ließ er den Kurdenkonflikt wiederaufflammen. Heute sitzt fast die gesamte Führung der Partei im Gefängnis. Dabei hatte Erdoğan in den Anfangsjahren seiner Regierung die Aussöhnung gesucht, und der kurdischen Minderheit viele Freiheiten gewährt.
Nirgendwo deutlicher aber zeugt sich Erdoğans Pragmatismus im Umgang mit Russland. Nachdem die türkische Luftabwehr im November 2015 einen russischen Kampfjet abgeschossen hatte, war der mächtige Nachbar im Norden zum Staatsfeind geworden. Die russischen Sanktionen aber schmerzten derart, dass Erdoğan nach Moskau flog, um um Entschuldigung zu bitten. Heute zelebrieren die beiden Staatsoberhäupter wieder ihre Männerfreundschaft.