Treffen in Berlin CDU empfängt Fillon wie den neuen Präsidenten

Essen mit der Kanzlerin, Treffen mit Schäuble und von der Leyen, programmatische Rede in der Konrad-Adenauer-Stiftung: Der konservative französische Präsidentschaftskandidat François Fillon trumpft auf in Berlin.

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Der französische Präsidentschaftskandidat der Konservativen, François Fillon, hält im Europaforum der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin eine Rede zum Thema „Unsere Verantwortung für Europa“. Quelle: dpa

Berlin Auch wenn in seiner Kampagne nicht alles rund läuft, mit seiner Berlin-Reise hat der konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon am Montag wichtige Punkte gemacht. „Frankreich ist künftig neben Deutschland eines von zwei großen Ländern der Europäischen Union“, sagte er in einer programmatischen Rede zu Europa und zur Außenpolitik in der Konrad-Adenauer-Stiftung. Vorbei die Zeit, da Frankreich sich sorgte um einen Verlust an internationaler Bedeutung, um das verlorene Gleichgewicht im Verhältnis zu Deutschland: Fillon gab sich in Berlin nicht nur selbstbewusst, er meldete auch Forderungen an.

Mit einem rhetorischen Kniff erleichterte der konservative Kandidat sich das Geschäft. Viel zu lange habe Frankreich sich über deutsche Stärke beschwert. Die sei das Ergebnis „von deutscher Arbeit“ und von mangelnder französischer Leistungsfähigkeit. „Deshalb werde ich schnell alle Reformen in Angriff nehmen, die notwendig sind“, sagte Fillon und nahm das Versprechen geradezu als bereits erfüllt. In seinem eigenen Lager stößt er  mit seinen Reformvorstellungen teilweise auf Widerspruch: Die beabsichtigte Streichung von 500.000 Beamtenstellen beispielsweise halten manche seiner Anhänger für eine politische Hypothek.

Auf dieser Basis zeichnete er das Europa, dass er sich wünscht: Eines das eine Rolle spielt „im Kräfteverhältnis Trump-Putin-Xi Jinping“ und das „nicht mehr kuscht und zahlt, aber von den echten Entscheidungen ausgeschlossen ist.“ Das ist eine Perspektive, die auch viele Deutsche begeistern wird. Etwas längere Gesichter machten deutsche Diplomaten bei Fillons Forderung, „die bestehenden europäischen Kompetenzen von Grund auf neu zu gestalten.“ Denn in der Praxis würde das auf jahrelange Verhandlungen über eine Vertragsänderung hinauslaufen – das Gegenteil von dem, was Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel wollen, nämlich rasche, konkrete Fortschritte, die den Bürgern beweisen, dass Europa ihre Sicherheit und ihren Wohlstand schützt.

Fillon legte es darauf an, bestehende Meinungsunterschiede nicht unter den Teppich zu kehren, etwa in der Flüchtlingspolitik. „Wir werden keine europäischen Quoten für Flüchtlinge akzeptieren“, sagte er. Und falls der Schutz der Außengrenzen nicht klappe, werde er die nationalen französischen Grenzen wieder umfassend  kontrollieren. Ein Vorhaben, das in der Praxis scheitern dürfte.

Mit der Kanzlerin und mit Schäuble sprach Fillon sowohl über seine Pläne für Europa als auch über seine beabsichtige Wirtschafts- und Finanzpolitik – und über sein Verhältnis zu Russland. In Berlin sieht man Putins Einmischungen in die Wahlkämpfe in westlichen Ländern und die Hackerangriffe als Gefahr, nämlich als den Versuch, die westlichen Gesellschaften zu destabilisieren.  Fillon dagegen ist der Ansicht, der Westen habe Russland lange nicht richtig ernst genommen, habe es zu sehr in die Ecke gedrängt. Nun müsse man die Grundlage für einen neuen Dialog legen. Sowohl die Regierung der Ukraine als auch Putin müssten sich bewegen, um die Lage dort zu entspannen, und dann sollten die westlichen Sanktionen gegen Russland schnell aufgehoben werden. „Niemand sollte glauben, man könne ein Land wie Russland mit Sanktionen in die Knie zwingen“, warnte Fillon im Gespräch mit Journalisten.


Merkel lehnt Wirtschaftsregierung ab

Eher kühl reagierte Merkel wohl auf Fillons Vorschlag einer neuen Wirtschaftsregierung für die Eurozone: Zu oft hat man die Idee schon aus Paris gehört, ohne das viel gefolgt wäre. Fillons Vorschlag, die Steuern zu harmonisieren, steht man aufgeschlossen gegenüber. Allerdings erinnerte ein deutscher Politiker: „Mit Sarkozy hatten wir das schon mal weitgehend verhandelt – aber dann ist nichts passiert.“  Schäuble habe sich offen dafür gezeigt, dass Fillon beim Defizit anfangs etwas über die Stränge schlagen können, wenn er dafür harte Strukturreformen angehe, sagte Bruno Le Maire, Ex-Europaminister, der Fillon begleitete.

Für Fillon war die Reise nach Berlin wichtig, weil er seinen Landsleuten zeigen wollte, dass er als Partner der Deutschen ernst genommen wird. Merkel empfing ihn sogar im Kanzleramt, was im Falle von parteipolitischen Kandidaten normalerweise nicht geschieht. Der linksliberale Emmanuel Macron dagegen bekam vor zehn Tagen keinen CDU-Minister oder die Kanzlerin zu sehen, und die rechtsradikale Marine Le Pen kann nicht einmal davon träumen. Zugleich hat Fillon verdeutlicht, dass er auf Augenhöhe mit den Deutschen redet. Dazu gehört auch, dass er einen höheren deutschen Verteidigungsbeitrag verlangt. Die Ausgaben für Rüstung sollen irgendwie vergemeinschaftet werden und mehr deutsche Soldaten sollen an Kampfeinsätzen teilnehmen, regte Fillon in Berlin an. Wie die Kanzlerin darauf reagierte, sagte er nicht.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier war ganz auf Wohlwollen gepolt. „Wir hoffen, dass wir hier heute den künftigen französischen Präsidenten empfangen“, sagte der Kanzleramtschef in der Adenauer-Stiftung. „Und wir wünschen uns, dass sie möglichst bald als Präsident wiederkommen“, schmeichelte er weiter. Die CDU wünscht sich Fillon als Präsidenten, um Frankreich zu stabilisieren, das ist absolut klar. Über Differenzen, etwa was das Verhältnis zu Russland angeht, kann man dann später reden.

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