Vermögensabgabe Reiche Griechen sollen bluten

Athen sorgt mit immer neuen Vorstößen zur künftigen Schuldenpolitik für Unruhe in Europa. Nun kommen auch Ideen aus Berlin, wie Tsipras & Co. ihren Staatshaushalt sanieren können – auf dem Rücken reicher Griechen.

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Der Euro könnte auch in Griechenland rollen, wenn auch reiche Griechen angemessen besteuert würden. Quelle: dpa

Berlin In der Debatte über einen Ausweg aus dem griechischen Schuldendrama könnten nun reiche Griechen in den Fokus geraten. Zumindest aus deutscher Sicht ließe sich bei dieser Gruppe noch einiges an Geld mobilisieren, um dem Mittelmeerstaat finanziell wieder auf die Beine zu helfen.

CDU-Politiker forderten die Regierung in Athen auf, die Steuerfreiheit für Reeder zu beenden. „Es ist höchste Zeit, dass Griechenland seine Reeder besteuert“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Fuchs, der „Bild“-Zeitung (Dienstag). Alles andere sei nicht mehr zu vermitteln.

Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, sagte der Zeitung: „Anstatt die europäischen Steuerzahler für die griechischen Schulden in Haftung zu nehmen, muss die eigene Steuerverwaltung in Gang gebracht werden.“ Jetzt müssten die reichen Griechen endlich zur Kasse gebeten werden.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann sagte: „Bevor den Deutschen in die Tasche gegriffen wird, sollten die Griechen sich lieber an ihre eigenen Milliardäre halten.“

Und der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach erklärte: „Es ist die souveräne Entscheidung des griechischen Staats, wenn er seine Reeder nahezu komplett von der Steuerpflicht befreit. Allerdings darf Griechenland dann nicht erwarten, dass die Steuerzahler der Eurozone die dadurch Jahr für Jahr entstehenden Einnahmeausfälle in Millionenhöhe kompensieren.“

Griechenland hat Staatsschulden in Höhe von etwa 320 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird der Schuldenberg Athens knapp 169 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, erlaubt sind höchstens 60 Prozent. Vor drei Jahren hatten Privatgläubiger wie Banken bereits einen Schuldenschnitt von 50 Prozent hinnehmen müssen.


Gabriel will Griechen gegen Steuerhinterzieher unterstützen

Von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kam die Forderung, die EU-Mitgliedstaaten sollten die neue Athener Regierung unterstützen, in dem sie Konten griechischer Steuerbetrüger einfrieren. „Wenn jetzt die neue griechische Regierung ernst macht mit der Bekämpfung von Korruption und Steuerhinterziehung, dann sollte die gesamte Europäischen Union das aktiv unterstützen“, sagte Gabriel der „Bild“-Zeitung (Dienstag).

Auch der Steuerexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Stefan Bach, ist der Ansicht, dass in Griechenland zu wenig gegen Steuerhinterziehung unternommen werde. Wichtig wäre daher vor allem, die Finanzverwaltung in Griechenland zu verbessern und die vorhandenen Steuern zu erheben.

„Da gibt es wohl noch erheblichen Nachholbedarf“, sagte Bach mit Blick auf Expertenschätzungen, wonach der griechische Staat durch Steuerhinterziehung jährlich 15 Milliarden Euro an Einnahmen verliert. Unabhängig davon hält es Bach für geboten, Steuerbefreiungen für Branchen abzuschaffen.

„Das geht natürlich nicht von heute auf morgen und bringt auch Härten mit sich“, räumte der DIW-Experte ein. „Denn wenn sich größere Wirtschaftsbereiche auf laxen Steuervollzug und Steuerprivilegien eingestellt haben, ist das auch in den Wirtschaftsstrukturen eingepreist.“ Aber auf Dauer komme man um solchen Reformen nicht herum, wenn man eine funktionierende Wirtschaft aufbauen wolle, betonte Bach.

Aus Bachs Sicht könnte die neue Regierung in Athen zudem den Staatshaushalt mit einer Sonderabgabe für vermögende Griechen sanieren. „Eine Vermögensabgabe in Griechenland ist sinnvoll, um die Wohlhabenden stärker an der finanziellen Sanierung des Staates zu beteiligen und die sozialen Härten für die breite Bevölkerung zu begrenzen“, sagte der DIW-Steuerexperte Stefan Bach dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

„Allerdings ist die ist Erhebung nicht einfach, da die Vermögenswerte ermittelt und im Fall von Finanzvermögen gesichert werden müssen, um Hinterziehung und Kapitalflucht zu unterbinden. Dabei sollten die EU-Länder Griechenland unterstützen.“


Athen arbeitet an Treffen mit Schäuble

Solche Maßnahmen werden in Griechenland jedoch nicht gerne gesehen. So hatte es der frühere griechische Ministerpräsident Antonis Samaras abgelehnt, vermögende Griechen extra zu belangen. Reiche Griechen würden bereits „substanziell besteuert“, die Steuern seien „auch für sie erheblich erhöht worden“, erklärte Samaras vor einem Jahr.

„Wir hätten unsere Ziele ohne die Steuereinnahmen von vermögenden Griechen nicht erreicht.“ Samaras widersprach damals auch einer Statistik, wonach Griechen im Durchschnitt mehr Vermögen besitzen als Deutsche. Diese Aussage basiere auf Daten von 2009, inzwischen habe es eine starke Rezession gegeben, die Immobilienpreise seien massiv gesunken.

Im Streit um einen Schuldenschnitt schlägt die Athener Regierung inzwischen moderatere Töne an. Finanzminister Yanis Varoufakis sagte in einem Interview, er wolle nicht mehr von einem Schuldenschnitt sprechen. Dieser sei politisch in Deutschland und anderen Gläubigerländern nicht akzeptabel, sagte Varoufakis in einem Interview mit der „Financial Times“ (Dienstag). Stattdessen denkt die Athener Regierung nach seinen Worten an eine Vorschlagsliste von Umschuldungsmaßnahmen statt des Schuldenerlasses auf einen Schlag.

Die griechische Regierung drückt aufs Tempo, um zu einer Lösung im Schuldenstreit zu kommen. Am Mittwoch trifft Varoufakis auf seiner Europatour nun auch den obersten Euro-Währungshüter EZB-Präsident Mario Draghi. Wie die Europäische Zentralbank bestätigte, kommt Varoufakis nach Frankfurt, es werde aber keine öffentlichen Stellungnahmen geben.

In Athen war zu hören, dass auch an einem Treffen mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gearbeitet wird. Die neue griechische Links-Rechts-Regierung hatte speziell Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Schäuble wegen ihrer harten Haltung zur Sparpolitik angegriffen.

Athen will weiter eine neue Neuregelung für den Schuldenberg erreichen. Sie hatte bereits die Zusammenarbeit mit der Geldgeber-Troika von EU, Internationalem Währungsfonds (IWF) und EZB aufgekündigt, die Spar- und Reformauflagen kontrolliert.

„Es gibt keine Abwendung“, sagte Regierungssprecher Gabriil Sakellaridis im griechischen Rundfunk. Seinen Worten nach geht es bei den neuen Vorschlägen um Techniken, die schwere Schuldenlast tragfähig zu machen.


Griechischer Finanzminister spricht von „Schulden-Leibeigenschaft“

Varoufakis schlug in dem Interview vor, Finanzhilfen der europäischen Partner durch Papiere zu ersetzen, die an das Wirtschaftswachstum des Mittelmeerlandes gekoppelt sind. Griechenland-Bonds, die die Europäische Zentralbank gekauft hatte, sollten durch Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit ersetzt werden. Zudem wolle Athen die Steuerhinterziehung hart bekämpfen und reiche Griechen schärfer besteuern.

Zu seinem Vorschlag gab Varoufakis in Athen noch eine Erklärung heraus: Um Griechenland aus der „Schulden-Leibeigenschaft“ zu befreien, werde die Regierung (in Athen) nicht zögern, auch „Euphemismen“ (beschönigende Bezeichnungen) zu benutzen, hieß es darin.

Die neue Regierung will im Gegenzug zu den erwünschten Schuldenerleichterungen im Haushalt einen sogenannten primären Überschuss erreichen. Dabei werden die Zinszahlungen für die immensen Schulden ausgeblendet. Er soll bei 1 bis 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes liegen.

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras wirbt zusammen mit seinem Finanzminister diese Woche in europäischen Hauptstädten für einen veränderten Umgang mit der griechischen Schuldenproblematik. Am Dienstag wollte Tsipras in Rom den italienischen Regierungschef Matteo Renzi treffen.

Am Mittwoch stehen wichtige Besuche in Paris bei Staatspräsident François Hollande und in Brüssel bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker an. Varoufakis wollte am Dienstag auch Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan treffen.

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