Weniger Aufträ Ukraine-Krise treibt Maschinenbauer in die Pleite

Durch die Krise in der Ukraine geraten deutsche Maschinenbauer, Reedereien und Schiffe in Schieflage. Russland will unterdessen die Besitzrechte von Ausländern in einheimischen Medien drastisch beschneiden.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Der deutsche Maschinenbau leidet unter der Krise in der Ukraine. Quelle: dpa

Frankfurt/Kiew Die Ukraine-Krise zieht nach Ansicht von Sanierungsexperten vor allem deutsche Maschinenbauer in Mitleidenschaft. Seit Juli rolle eine neue Welle von Sanierungsfällen auf Deutschland zu, berichtete Joachim Englert, Partner der Wirtschaftsprüfungsfirma PwC am Mittwoch in Frankfurt. „Unter den Problemen in Russland leidet vor allem der Maschinenbau“, sagte Englert. Bei mittelständischen Unternehmen machten Aufträge von dort oft mehr als zehn Prozent des Bestandes aus. Auch Reedereien und Schiffe gerieten immer mehr in Schieflage. „Da kommen jeden Tag neue Fälle herein.“

Im ersten Halbjahr hatten die Sanierer weit weniger Firmenpleiten zu bewältigen als 2013. Unter den Insolvenzen dominierten Mittelständler. Doch nun zeigten auch Branchen wie Aluminium- und Kupferschmelzen, dass die Probleme zunähmen. „Das sind echte Frühindikatoren“, sagte Englert.

Als großes Risiko sehen die Restrukturierer vor allem die Hochzinsanleihen, mit denen sich auch kleinere Unternehmen – etwa über Mittelstands-Bonds – finanziert haben. „Wir werden vermehrt Restrukturierungen von High-Yield-Anleihen sehen“, sagte Max Mayer-Eming voraus, der für die Investmentbank Macquarie das Sanierungsgeschäft in Deutschland leitet. Angelockt von niedrigen Zinsen griffen mehr Unternehmen zu riskanteren Finanzierungen. Die breite Streuung der Schuldtitel erschwere in einer Krise aber die Umschuldung, weil die Unternehmen es dann nicht mit wenigen Kreditgebern, sondern mit vielen – teilweise an einer Sanierung kaum interessierten – Anlegern zu tun hätten.

Eine positive Zwischenbilanz zogen die Experten für das Schutzschirmverfahren, das seit einer Reform des Insolvenzrechts vor gut zwei Jahren einer Insolvenz vorgeschaltet werden kann. „Vorher hätte ich keinem Unternehmen geraten, eine Insolvenz als Mittel zur Restrukturierung in Erwägung zu ziehen. Heute ist das automatisch Teil der Prüfung“, sagte Englert. Unternehmer seien nun früher bereit, einer Sanierung ins Auge zu sehen, Kunden und Lieferanten verfielen anders als bei der klassischen Insolvenz nicht in Schockstarre, sagte Frank Grell, der für die Kanzlei Latham & Watkins Sanierungen begleitet. Damit sei die Absicht der Reform erfüllt. „Das Schutzschirmverfahren hat nicht das Stigma der Insolvenz“, sagte Mayer-Eming.

Russland will unterdessen die Besitzrechte von Ausländern in einheimischen Medien drastisch beschneiden. Ein am Mittwoch vorliegender Gesetzentwurf könnte auch den deutschen Konzern Axel Springer betreffen, dessen Russland-Tochter Zeitschriften wie „Forbes“, „Geo“ oder „Gala Biografia“ verlegt. Der Vorstoß sieht vor, den ausländischen Anteil an einem Medium auf maximal 20 Prozent zu kappen. Damit soll Russlands „Souveränität“ auf dem Informationsmarkt gewahrt bleiben, wie es in dem Gesetzentwurf heißt. Die Regierung von Präsident Wladimir Putin wirft dem Westen vor, einen „Medienkrieg“ gegen Russland zu führen. Dabei sind der Führung in Moskau insbesondere westliche Berichte ein Dorn im Auge, in denen von Lieferungen russischer Waffen und Truppenkontingenten für die Rebellenverbände im Osten der Ukraine die Rede ist.

Sergej Schelesniak, ein Parlamentarier der regierenden Partei „Einiges Russland“ sagte, mit dem Gesetz solle der „Einfluss des Auslandes auf Ereignisse im Land“ eingedämmt werden. Die Gesetzesvorlage war von der Kommunistischen Partei, der Bewegung „Gerechtes Russland“ und der nationalistischen LDPR eingebracht worden. Falls das Parlament den Entwurf billigt, tritt das Gesetz im Januar 2016 in Kraft. Die Anteilseigner der betroffenen Medien sollen jedoch bis zum Februar 2017 Zeit haben, die Eigentümerstruktur dem neuen Gesetz anzupassen.

Axel Springer wollte sich zu den Gesetzesplänen nicht äußern. Der Medienkonzern bezeichnet seinen Umsatzanteil in Russland als klein, weist dazu aber keine Zahlen aus. Springer hatte sein Portfolio in dem Land vor fünf Jahren um Titel der Bertelsmann-Tochter Gruner + Jahr erweitert, die Springer seitdem in Lizenz verlegt. Seit sich auch die Bertelsmann-Tochter RTL Group im vergangenen Jahr aus Russland zurückzog, ist Bertelsmann in dem Land nicht mehr an Medien beteiligt. Der deutsche Privatsender ProSiebenSat.1 betreibt ebenfalls kein Russland-Geschäft.


Kanada sagt Kredit über 200 Millionen Dollar zu

Kanada hat der vom Konflikt mit prorussischen Separatisten angeschlagenen Ukraine einen Kredit über 200 Millionen Dollar (rund 154 Mio Euro) zugesagt. Das teilte das ukrainische Präsidialamt am Mittwoch nach einem Treffen zwischen Staatschef Petro Poroschenko und dem kanadischen Regierungschef Stephen Harper in Ottawa mit. Poroschenko dankte Harper für Kanadas Unterstützung in dem Konflikt in der Ostukraine. Beide Seiten vereinbarten eine erweiterte Kooperation im Investitions- und Energiebereich. Am Donnerstag wird Poroschenko in Washington erwartet, wo er US-Präsident Barack Obama treffen soll.

Im Streit um angeblich verringerte Gaslieferungen nach Westeuropa hat der russische Konzern Gazprom nach Angaben aus Kiew und Bratislava den Transit durch die Ukraine massiv gesenkt. Über Uschgorod im Westen des Landes „findet ein Transit statt, doch wurde er um 25 Prozent reduziert“, sagte der ukrainische Energieminister Juri Prodan am Mittwoch in Kiew. Der slowakische Gaskonzern SPP teilte nach einem Bericht der Kiewer Agentur Unian mit, die Lieferungen seien bereits den zweiten Tag in Folge geringer ausgefallen.

Auch Polen und der deutsche Energiekonzern Eon hatten in den vergangenen Tagen geklagt, dass weniger Gas durch die Pipelines gekommen sei. Russland hatte Mitte Juni seine Gaslieferungen an die Ukraine mit der Begründung gestoppt, das Land begleiche seine Schulden nicht. Gazprom will nur noch gegen Vorkasse liefern, was Kiew verweigert.

Die EU plant ein Gespräch mit Vertretern Russlands und der Ukraine zu den Gaslieferungen. Ein Termin steht noch nicht fest.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%