Absicherung bei Airline-Pleiten SPD fordert Insolvenzschutz für Fluggäste

Im Fall der Insolvenz eines Reiseveranstalters sind Verbraucher abgesichert – nicht aber, wenn eine Fluggesellschaft pleitegeht. Die SPD will das ändern und fordert von der Bundesregierung auf EU-Ebene aktiv zu werden.

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Berlin Manchmal kann Urlaubsfreude schnell in Urlaubsärger umschlagen. Dass Flugreisen verspätet beginnen, weil die Flieger verspätet sind oder gar ausfallen, kalkuliert man ja schon fast in die Reiseplanung mit ein. Womit wohl aber kaum jemand rechnet, sind Airline-Pleiten. Und das, obwohl solche Szenarien gar nicht so selten vorkommen.

Im Jahr 2012 stellte etwa die ungarische Malev Antrag auf Insolvenz. Ein Jahr später folgte die Nachfolgegesellschaft Solyom Hungarian Airways. Die österreichische Intersky musste 2015 Insolvenz anmelden, ein schwerer Verlust für den Bodensee-Flughafen Friedrichshafen. Der schaffte es zwar, die belgische Regionalfluggesellschaft VLM als Ersatz zu gewinnen. Doch auch die meldete vor im vergangenen Jahr Insolvenz an.

Auch große Fluggesellschaften sind nicht gegen Pleiten gewappnet, wie das Beispiel Alitalia zeigt. Die insolvente einstige italienische Staatsairline hofft derzeit noch auf potenzielle Käufer. Doch es ist ungewiss, ob es sich bis zum Ablauf der Angebotsfrist im Herbst tatschlich jemand für eine Fluggesellschaft interessiert, die seit Jahren hohe Verluste schreibt.

Der Ärger für Flugreisende beginnt, wenn nach eine Pleite die Frage nach einer Entschädigung aufkommt. Die Antwort dürfte für viele ernüchternd sein. Denn reiserechtlich ist für solche Fälle nicht vorgesorgt. Soll heißen: Da eine rechtliche Absicherung der Kundenzahlungen bei Flugbuchungen fehlt, ist im schlimmsten Fall das bezahlte Geld weg.

Verbraucherschützer sehen daher schon seit Jahren, die Politik am Zug, die Schutzlücke zu schließen. Die SPD will das nun angehen und fordert eine verpflichtende Insolvenz-Absicherung für Fluggesellschaften zum Schutz der Kunden. „Eine gesetzliche Regelung über eine Insolvenzabsicherung von Fluglinien muss auf europäischer Ebene oder sogar international getroffen werden“, sagte die tourismuspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Gabriele Hiller-Ohm, dem Handelsblatt. Bei der Beratung zur Fluggastrechterichtlinie in der EU müsse die Bundesregierung daher darauf hinwirken, dass eine „Insolvenzabsicherungspflicht für Airlines“ in diese Richtlinie aufgenommen werde. „Es reicht nicht aus, dass nur einige wenige Airlines einen freiwilligen Versicherungsschutz gegen Insolvenz für ihre Fluggäste anbieten.“

Aus Sicht von Hiller-Ohm muss eine solche Versicherung die Kosten für einen Flug, der aufgrund einer Insolvenz der Fluggesellschaft nicht durchgeführt werden konnte, abdecken. „Zwar hat ein Fluggast schon heute, über den mit der Airline abgeschlossen Luftbeförderungsvertrag rechtlichen Anspruch auf Rücktritt vom Vertrag mit Rückerstattung des Ticketpreises“, fügte die SPD-Politikerin hinzu, „aber praktisch ist der Fluggast einer von vielen Gläubigern im Falle der Insolvenz des Unternehmens.“ Dies bedeutet, dass ein Fluggast als sogenannter nicht bevorrechtigter Gläubiger meist die vorausbezahlten Kosten nicht zurück erhalte. „Das ist nicht im Sinne des Verbraucherschutzes, hier müssen wir die Rechte der Fluggäste stärken“, betonte Hiller-Ohm.


Vorteile für Pauschalreisende

Das sieht auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) so. „Wir brauchen einen Insolvenzschutz, der alle Fluggäste wirksam gegen eine Insolvenz von Fluggesellschaften absichert“, sagte kürzlich Marion Jungbluth, Teamleiterin Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), dem Handelsblatt. „Airlines sollten grundsätzlich gesetzlich verpflichtet werden, eine Insolvenzversicherung zugunsten vorausbezahlter Kundengelder abzuschließen, wie es bereits bei Pauschalreiseanbietern seit über zwanzig Jahren der Fall ist.“

Tatsächlich bewegen sich Reisende jetzt schon sicherem Terrain, wenn sie Flüge im Rahmen einer Pauschalreise gebucht haben. Denn wenn bei einer gebuchten Pauschalreise die Airline Pleite geht, haften der Veranstalter und sein Versicherer, dass der Ticketpreis zurückgezahlt wird oder Folgekosten einer abgebrochenen Reise übernommen werden.

Hier ist das Reiserecht ziemlich deutlich. Für Pauschalreisen sieht es eine zwingende Absicherung der Reisekosten durch den Veranstalter durch einen externen Versicherer vor, der dem Kunden die Erstattung des Reisepreises im Fall einer Insolvenz vor Reiseantritt garantiert. Mit dem sogenannten Sicherungsschein können Urlauber dann ihr Geld zurückbekommen, wenn sie zum Beispiel auf eigene Kosten nach Hause fliegen müssen.

Die Absicherung gilt aber eben nur für Pauschalreisen, also eine Kombination von wenigstens zwei Leistungen, die vom Veranstalter als Paket angeboten werden, etwa Anreise und Übernachtung. Wird nur eine Leistung verkauft, wie ein Flug, eine Bahn- oder Busfahrt, handelt es sich nicht um einen Pauschalreise-Vertrag im Sinne des BGB, sondern um eine Vermittlungsleistung des Reisebüros oder Online-Anbieters, zu der kein Schutzmechanismus vorgesehen ist.

Ob in Sachen Insolvenzabsicherung bei Airlines etwas in Bewegung kommt, ist allerdings fraglich. Zwar sieht auch die EU-Kommission Risiken durch mögliche Airline-Pleiten. Allerdings vertritt Brüssel die Auffassung, dass die geltende Regelung „bereits einen angemessenen Rechtsrahmen für die Unterstützung von Fluggästen bei Insolvenzen von Luftfahrtunternehmen bietet“.

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