Arbeitsmarkt Bundestag beschließt Anhebung der Minijob-Grenze

Es ist die erste Anhebung der Verdienstgrenze für Minijobber seit 2003. Ab 2013 dürfen geringfügig Beschäftigte bis zu 450 Euro monatlich verdienen. Zeitgleich gibt es eine Änderung im Rentenrecht.

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Ab 2013 dürfen Minijobber bis zu 450 Euro im Monat verdienen. Quelle: dpa

Berlin Minijobber dürfen ab Januar 450 statt 400 Euro im Monat verdienen, ohne dass ihnen die damit verbundenen Vergünstigungen bei Sozialabgaben und Steuern gestrichen werden. Der Bundestag beschloss am Donnerstag mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP die erste Anhebung der Verdienstgrenze seit der Reform der Minijobs unter Rot-Grün im Jahr 2003. In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstag 315 Abgeordnete von Union und FDP dafür, 268 Parlamentarier der Opposition stimmten dagegen. Die öffentlichen Kassen kostet die Reform durch Mindereinnahmen bei Steuern und Sozialabgaben jährlich etwa 300 Millionen Euro.

Die Zahl der geringfügig entlohnten Beschäftigten, wie die Minijobber in der Statistik heißen, hatte 2011 einen Rekord von 7,5 Millionen erreicht. Ende März 2012 waren es noch knapp 7,3 Millionen. Jeder fünfte Job ist ein Minijob. Dagegen stehen rund 29 Millionen sozialversicherungspflichtige Jobs.

Der Großteil der Minijobber (4,76 Millionen) geht keiner anderen Beschäftigung nach. Neun von zehn dieser ausschließlich geringfügig Beschäftigten arbeiten nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zu Niedriglöhnen. Minijobber verdienen demnach pro Stunde nur halb soviel wie regulär Beschäftigte. Minijobs stehen daher im Ruf, zur Festigung des Niedriglohnsektors beizutragen.

Minijobs sind eine Domäne der Frauen. Sie stellen mit 63 Prozent fast zwei Drittel der Minijobber. Die vier Branchen mit den meisten Minijobbern waren laut BA im März 2012 Handel, wirtschaftliche Dienstleistungen wie Reinigungsgewerbe, das Gastgewerbe sowie das Gesundheits- und Sozialwesen.

Arbeitnehmer zahlen für Minijobs keine Sozialabgaben. Stattdessen entrichten Arbeitgeber pauschal 30 Prozent für Kranken- und Rentenversicherung sowie Steuern.


Opposition erwartet keinen Lohnanstieg

Die Erwartung, dass das Einkommen der Minijobber durch die Anhebung steigt, ist nach Einschätzung der Opposition abwegig. Im Schnitt erhielten Minijobber nicht 400, sondern nur 220 Euro, sagte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Anette Kramme. Der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling (CDU), verteidigte die Neuregelung: Damit werde ein Inflationsausgleich und „ein Stück Gerechtigkeit“ geschaffen. Er hoffe, dass viele Minijobber die Chance zum Eintritt in die Rentenversicherung nutzten, da sie damit Zugang zu Rentenanwartschaften, zur Erwerbsminderungsrente, zur Rehabilitation und zum Riestersparen erhielten.

Für die Linksfraktion forderte Diana Golze vergeblich die komplette Abschaffung der Minijobs. „Nicht die Löhne der Minijobber werden steigen, sondern deren Zahl“, kritisierte sie. Altersarmut sei für Minijobber vorprogrammiert. Daran ändere auch die neue Pflicht zur Rentenversicherung nichts: Nach 45 Jahren im 450-Euro-Minijob gebe es am Ende nur eine Rente von 205,70 Euro. Nach den Worten der Grünen-Arbeitsmarktexpertin Brigitte Pothmer haben Minijobs als Brücke in den regulären Arbeitsmarkt versagt.

Redner der Koalition verwahrten sich dagegen, geringfügige Beschäftigung zu skandalisieren. Dies sei unredlich, da es in allen Fraktionen - selbst bei den Linken - 400-Euro-Jobs gebe, sagte der FDP-Abgeordnete Sebastian Blumenthal. Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, wies den Vorwurf des Lohndumpings zurück: „Minijobs haben im Regelfall mit Niedriglohn nichts zu tun“, sagte er unter Berufung auf das Statistische Bundesamt. „Minijobs sind gewollt und werden gebraucht.“

Verbunden mit der Neuregelung zum Jahreswechsel ist eine Änderung im Rentenrecht. Minijobber müssen es dann ausdrücklich ablehnen, wenn sie den Rentenbeitrag der Arbeitgeber in Höhe von 15 Prozent nicht auf den vollen Beitragssatz von dann voraussichtlich 18,9 Prozent aufstocken wollen. Sie müssten dann für einen 450-Euro-Job bis zu 22 Euro aus eigener Tasche an die Rentenversicherung abführen.

Die im Bundesrat nicht zustimmungspflichtige Neuregelung sieht auch eine Anhebung der Einkommensgrenze für Midijobs um 50 Euro auf 850 Euro vor. Zwischen Einkommen von 450 bis 850 Euro steigen die Sozialabgaben schrittweise auf die volle Höhe an.

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