Asylrecht Bund und Länder beschließen schnellere Abschiebungen

Bund und Länder haben sich auf einen 15-Punkte-Plan geeinigt, um abgelehnte Asylbewerber schneller abzuschieben. Der entsprechende Gesetzesentwurf soll zeitnah vorgelegt werden.

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Abgelehnte Asylbewerber steigen im Rahmen einer landesweiten Sammelabschiebung in ein Flugzeug. Quelle: dpa

Bund und Länder wollen abgelehnte Asylbewerber schneller in ihre Heimat zurückschicken. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder einigten sich am Donnerstagabend auf einen 15-Punkte-Plan, der sowohl die Abschiebungen als auch die freiwilligen Rückführungen beschleunigen soll. Die Beschlüsse sollen "zeitnah" in ein Gesetz münden. Die Initiative sei nötig, um wirklich Schutzbedürftigen auch weiter helfen zu können, betonten Merkel (CDU) sowie die Ministerpräsidenten von Mecklenburg-Vorpommern und Hessen, Erwin Sellering (SPD) und Volker Bouffier (CDU), übereinstimmend.

Kern des Plans ist ein Maßnahmenpaket, das etwa die Ausdehnung des Ausreisegewahrsams auf zehn Tage, ein gemeinsames Zentrum für die Rückführung und eine bessere Überwachung abzuschiebender Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit vorsieht. Details des von Bund und Ländern geplanten Zentrums zur besseren Rückführung (ZUR) müssten noch beraten werden, betonte Merkel. Das ZUR soll auch Sammelrückführungen organisieren. Die Ländervertreter betonten das Interesse, dass der Bund sich hier stärker engagieren sollte. Hintergrund des Vorstoßes ist die schnell steigende Zahl von Asylentscheiden durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Dadurch wächst auch die Zahl der Menschen, die Deutschland wieder verlassen müssen."

Asylsuchende sollen möglichst noch aus der Erstaufnahmeeinrichtung bei einem negativen Asylbescheid abgeschoben und nicht mehr vor einem Urteil auf Kommunen verteilt werden. Der Bund will 2017 seine Mittel für Rückkehrprogramme und Reintegrationsmaßnahmen in den Herkunftsländern erhöhen, die Länder sagten dies ebenfalls zu.

Status und Schutz von Flüchtlingen in Deutschland

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge soll wie die lokalen Ausländerbehörden die Möglichkeit erhalten, im Verdachtsfall Handy-Daten von Antragstellern auszuwerten, um die Identität zu überprüfen. Die Länder sagten zudem zu, eine ausreichende Anzahl von Abschiebungshaftplätzen möglichst in der Nähe zentraler Ausreiseeinrichtungen bereitzustellen. Zudem soll der Datenaustausch über alle staatlichen Ebenen hinweg garantiert werden. In Zusammenarbeit mit Herkunftsstaaten sollen darüber hinaus schneller die für die Rückführung nötigen Papieren besorgt werden. Sowohl Merkel, Sellering als auch Bouffier betonten übereinstimmend, dass die freiwillige Rückkehr abgelehnter Asylbewerber und nicht anerkannter Flüchtlinge in ihre Heimatländer der bevorzugte Weg sei. Abschiebungen müssten aber in einem Rechtsstaat durchgesetzt werden und würden die Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr erhöhen.

Merkel widersprach der Einschätzung, dass dies das Ende der Willkommenskultur in Deutschland sei. Die Einigung sei vielmehr "die notwendige Voraussetzung dafür, dass wir weiter ein Land sein können, in dem Menschen, die Schutz suchen, willkommen geheißen werden können", betonte die Kanzlerin. Über die von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geforderte Stärkung der Zuständigkeiten der Bundespolizei werde man nicht mehr in dieser Legislaturperiode entscheiden.

In den Beratungen mit der Bundesregierung pochten die Ministerpräsidenten auf einen Passus, dass sie sich eine "abschließende Bewertung im Lichte des konkret vorliegenden Gesetzentwurfes" vorbehalten. Sellering und Bouffier betonten aber, dass dies die politische Einigung nicht infrage stelle. Er gehe davon aus, dass die SPD-geführten Bundesländern die Beschlüsse für eine beschleunigte Abschiebung und Rückführung mittrügen und umsetzten, betonte Sellering. Aber es werde sicher noch Diskussionen etwa in rotgrünen Landesregierungen geben. "Ich kann nur hoffen, dass wir auch nach der heutigen Diskussion handlungsfähig bleiben und dass wir das, was wir jetzt vereinbart haben, auch beschließen", mahnte Bouffier, der eine schwarz-grüne Koalition leitet.

Unter den 16 Ländern zeigten sich bereits bei der Beratung Differenzen: In einer Protokollerklärung kritisierte etwa die von der Linkspartei geführte rot-rot-grüne thüringische Landesregierung das Verfahren und betonte vor allem das Einverständnis zu freiwilligen Rückführungen. Die rot-rote Landesregierung Brandenburgs betonte, mit dem Beschluss sei die Zustimmung im Bundesrat nicht vorweggenommen. Und die grün-schwarze Landesregierung Baden-Württembergs betonte ebenfalls den Vorrang freiwilliger Ausreisen und pochte auf Ausnahmen für gut integrierte "Altfälle", also Fälle von abgelehnten Asylbewerbern, die sich bereits seit Jahren in Deutschland aufhalten.

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