Ausrüstungsmängel Sorge um Einsatzfähigkeit der Bundeswehr

Defekte Hubschrauber, die aus dem Verkehr gezogen werden, Transportflugzeuge, die wegen Technikproblemen am Boden bleiben müssen: Bei der Bundeswehr häufen sich Ausrüstungsprobleme. Experten sind alarmiert.

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU): Ausrüstungsmängel bei der Bundeswehr häufen sich. Quelle: dpa

Berlin Der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr Harald Kujat blickt angesichts der Ausrüstungsmängel bei der Truppe mit Sorge auf deren Einsatzfähigkeit. Die Bundeswehr laufe aufgrund unzureichender Ausstattung Gefahr, „als verlässliches Instrument der Außen- und Sicherheitspolitik auszufallen“, sagte Kujat der „Leipziger Volkszeitung“. „Das Material veraltet zunehmend und gleichzeitig wird jede Menge Geld aus dem Haushalt am Jahresende wieder zurückgegeben.“

Noch düsterer fällt die Analyse der Grünen-Verteidigungsexpertin Agnieszka Brugger aus. „Die Probleme beim Gerät der Bundeswehr sind immens und erstrecken sich jenseits der zahlreichen Beschaffungsskandale auch auf die Instandhaltung und den Betrieb“, sagte Brugger. Sie forderte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf, zeitnah Lösungsvorschläge in Angriff zu nehmen, „statt immer nur mit neuen Ankündigungen Wirbel zu erzeugen“. Es müsse endlich Schluss sein „mit einer Kultur, bei der Probleme dauernd vertuscht und verschleppt werden“, sagte die Grünen-Politikerin.

Hintergrund sind nicht nur immer wieder auftretende Probleme mit Transall-Maschinen. Zuletzt verzögerte sich der Abflug von Waffenausbildern der Bundeswehr in den Nordirak wegen eines Defektes an zwei Transportflugzeugen. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Bundeswehr-Marine 15 beschädigte Bordhubschrauber des Typs „Sea Lynx“ vorübergehend aus dem Verkehr gezogen. Sechs weitere dieser Helikopter würden derzeit planmäßig gewartet, so dass nur noch einer einsatzfähig sei, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums am Montag der Nachrichtenagentur dpa. Damit ist die halbe Hubschrauberflotte der Marine vorübergehend lahmgelegt.

Auf die aktuellen Einsätze hat der Ausfall nach Angaben des Verteidigungsministeriums aber keine Auswirkungen. Beim Anti-Piraterie-Einsatz am Horn von Afrika könne der Ausfall durch Bündnispartner und den Einsatz eines Bundeswehr-Aufklärungsflugzeuges vom Typ „Orion“ ausgeglichen werden, hieß es.

Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ wurde die Panne bereits am 16. Juni festgestellt. Bei einem „Sea Lynx“ an Bord der Fregatte „Lübeck“ sei ein etwa 20 Zentimeter langer Riss am Heck festgestellt worden, berichtet das Blatt. Bei anschließenden Kontrollen wurden an 14 weiteren Hubschraubern ähnliche Schäden festgestellt, die aber noch nicht so weit fortgeschritten waren. Bei den sechs Hubschraubern, die derzeit gewartet werden, ist noch nicht klar, ob sie ebenfalls beschädigt sind. Ein Hubschrauber ist unbeschädigt und fliegt nach einer Wartung seit vergangenem Freitag wieder.

Das Verteidigungsministerium geht davon aus, dass die beschädigten Hubschrauber bis Anfang 2015 repariert werden können. Insgesamt verfügt die Marine über 43 Hubschrauber – 22 „Sea Lynx“ und 21 „Sea King“.


Streit um Auslieferung des Transportfliegers A400M

Als großes Problem der Luftwaffe gilt auch der strategisch wichtige Bereich der Transportflugzeuge. Der europäische Transportflieger A400M steht immer noch nicht zur Verfügung, weshalb die Bundeswehr auf russisch-ukrainische Dienste zurückgreifen muss. Die Nato vereinbarte 2006 das Transportprogramm mit der Ruslan Salis, um die Zeit bis geliefert wird zu überbrücken.

Lufttransporte können demnach mit Maschinen aus dem Salis-Programm – russischen Transportflugzeugen des Typs AN-124-100 – stattfinden. Allerdings auch nur bedingt, weil es sich dabei um ungeschützte, gewerbliche Maschinen handelt. Deshalb kommen zusätzlich geschützte C-160-Transall-Flugzeuge zum Einsatz. Altersbedingt treten bei diesen Maschinen jedoch immer wieder technische Probleme auf.

Abgesehen davon beträgt die maximale Nutzlast der deutschen Transall zwölf Tonnen. Zum Vergleich: Die Großraummaschinen vom Typ AN-124 können bis zu 120 Tonnen Fracht transportieren. Eine Verbesserung sollte die A400M bringen. Doch technische Probleme verhinderten bislang eine Auslieferung des Militärtransporters von Airbus. Die Maschine kann große Lasten von bis zu 37 Tonnen über lange Strecken transportieren und dabei auch auf kurzen, unbefestigten Pisten landen. Die Möglichkeit, die A400M in der Luft zu betanken, erhöht dessen Reichweite.

Wegen der Auslieferungsverzögerungen und technischen Mängel bei der A400M fordert das Verteidigungsministerium inzwischen Preisnachlässe und längere Kündigungsfristen. Die „Bild am Sonntag“ zitierte aus einem Brief des Ministeriums an den Bundesrechnungshof und das Finanzministerium, nach dem das Ressort sich um „Preisnachlässe für die Minderleistungen sowie den Weiterbestand der Kündigungsrechte“ beim Hersteller bemüht. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte zu dem Bericht lediglich, man stehe in engem Kontakt mit dem Flugzeugbauer.

Nach dem Bericht fordert das Verteidigungsministerium Airbus auf, weitere Risiken offenzulegen. Zudem werde damit gedroht, die Kaufverträge für die Flugzeuge zu kündigen, die die vereinbarten Eigenschaften nicht erfüllten. Seit langem steht fest, dass die A400M später ausgeliefert und teurer als geplant wird.

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