Bürokratieabbau Mittelstand fordert Verfallsdatum für Gesetze

Wirtschaftsminister Gabriel hat einen ersten Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau fertiggestellt. Vorschriften sollen so verändert werden, dass sie die Unternehmen künftig weniger belasten. Dem Mittelstand ist das zu wenig.

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Viele Unternehmen leiden unter zu vielen komplizierten Gesetzen. Quelle: dpa

Berlin Dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft gehen die Pläne zum Bürokratieabbau von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) nicht weit genug. Skeptisch äußerte sich Verbands-Präsident Mario Ohoven etwa zu Gabriels Idee, dass für jede neue Regulierung eine bestehende gestrichen werden soll, um das „Monster Bürokratie“ zu bändigen. „Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube – siehe Mindestlohn“, sagte Ohoven dem Handelsblatt (Online-Ausgabe).

Er schlage daher einen einfacheren Weg vor. „Ab sofort bekommen alle neuen Gesetze und Vorschriften ein Verfallsdatum“, sagte Ohoven weiter. „Was sich nach, sagen wir, zwei Jahren nicht bewährt hat, entfällt. Automatisch, ohne bürokratischen Aufwand.“

Mit der Selbstverpflichtung zum Grundsatz „One in, one out“ war das Ministerium auf den Mittelstand zugegangen. Künftig soll demnach die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien um einen Passus ergänzt werden, wonach ein Ministerium, das ein Gesetz mit neuer Bürokratie vorschlägt, einen gleichwertigen Abbau von Bürokratie vorschlagen muss. Diese Regelung solle zum 1. Juli 2015 in Kraft treten.

Ohoven reagierte damit auf einen ersten Gesetzentwurf zum Bürokratieabbau, den Gabriels Ministerium fertiggestellt hat. Mit ihm sollen Vorschriften aus insgesamt 16 bestehenden wirtschaftsrechtlichen Gesetzen so verändert werden, dass sie die Unternehmen künftig weniger belasten.

Allein damit werde die Wirtschaft „um insgesamt rund 514 Millionen Euro pro Jahr entlastet“, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ aus dem Referentenentwurf.


Vereinfachungen im Einkommensteuerrecht geplant

Verbandspräsident Ohoven beklagte, dass in der Wahrnehmung der Unternehmen die ausufernde Bürokratie stetig zunehme. „Zuletzt haben die im Zuge der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns zum 1. Januar 2015 wirksam gewordenen Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten dem Ziel des Bürokratieabbaus einen Bärendienst erwiesen“, kritisierte er.

Unternehmer würden zunehmend von ihrer eigentlichen Tätigkeit abgehalten und zwangsweise zu Erfüllungsgehilfen der Bürokratie. „Diese Entwicklung halte ich für sehr bedenklich, gerade auch im Hinblick auf die abnehmende Zahl Gründungswilliger.“

Für „aberwitzig“ hält Ohoven auch Vorgaben aus Brüssel zum Datenschutz. „Danach müssen die Unternehmer sämtliche betrieblichen Datenverarbeitungsprozesse dokumentieren. So, als hätten sie mit dem bisherigen Papierkram nicht schon genug zu tun“, kritisierte er. Allein im Energierecht gebe es 500 Meldepflichten. Um ihre steuerlichen Verpflichtungen zu erfüllen, bräuchten deutsche Mittelständler zudem im Schnitt 218 Stunden. In der Schweiz seien es 63 Stunden.

Geplant ist nach Gabriels Papier demnach außerdem, mehr Unternehmen als bisher von den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des Handelsgesetzbuchs zu befreien. Auch Existenzgründer sollen entlastet werden. Sie sollen künftig in der Regel in den ersten drei Jahren bis zu einem Umsatz von 800.000 Euro von den Meldepflichten befreit bleiben. Dies betrifft Angaben für Branchenstatistiken, aber auch die Preis- und die Verdienststatistik.

Der Gesetzentwurf sieht auch Vereinfachungen im Einkommensteuerrecht vor. Und auch die Energiewirtschaft soll von einer Reihe von Berichtspflichten befreit werden. So sollen etwa einige bisher geforderte Angaben zur Einspeisung von Biogas ins Gasnetz wegfallen.

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