Debatte um Ehrendoktor-Titel FDP stellt sich hinter Dr. h.c. Schavan

Ex-Bundesministerin Schavan hat wieder einen Doktortitel, allerdings nur ehrenhalber. Die SPD sieht das kritisch. Die FDP versteht die Aufregung nicht und rät den Sozialdemokraten, sich an die eigene Nase zu fassen.

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Peter Dominiak, Präsident der Universität Lübeck, überreicht in Lübeck der ehemaligen Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan (CDU), ihre Ernennungsurkunde zur Ehrendoktorin der Universität. Quelle: dpa

Berlin Dass die Uni Lübeck der wegen Plagiatsvorwürfen zurückgetretenen Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) die Ehrendoktorwürde verliehen hat, erhitzt die Gemüter. Die SPD sieht die Würdigung kritisch und fordert eine Debatte über die Anforderungen an solche Auszeichnungen, die FDP stellt sich dagegen hinter die CDU-Politikerin, der wegen Täuschung ihr Doktortitel aberkannt worden war.

FDP-Präsidiumsmitglied Volker Wissing wies die SPD-Vorbehalte via Twitter scharf zurück:

Der bildungs- und forschungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, hatte zuvor erklärt, dass die Initiative und die Begründungen für die Vergaben von Ehrendoktorwürden zwar in der Verantwortung der Hochschulen und ihrer Gremien lägen. Grundsätzlich gelte aber: „Weniger wäre gewiss mehr. Größere Distanz wäre gewiss wertvoller. Wissenschaftsnähe wäre gewiss hochschulgemäßer“, sagte Rossmann Handelsblatt Online.

Der Bund als Gesetzgeber kann die Bedingungen für Ehrendoktorgrade nicht festlegen, da, wie Rossmann betont, die Gestaltung der Hochschulgesetze in der Verantwortung der Länder liege. Dennoch hält der SPD-Politiker Konsequenzen aus dem Fall Schavan für geboten: „Jenseits aller aktuellen Ereignisse und Widrigkeiten braucht es eine sehr ernsthafte weiterführende Debatte um die Qualitätsanforderungen an wissenschaftliche Arbeiten und Promotionen und darin eingeschlossen auch die Verleihung von Ehrendoktorwürden“, sagte Rossmann.

Schavan war am Freitagabend mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet worden. Damit würdigte die Universität Lübeck den Beitrag, den Schavan 2010 zur Rettung des Medizinstudiengangs geleistet hatte. Als Bundesforschungsministerin hatte sie dem Land damals 25 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich für die Forschung zugesagt. Im Februar 2013 musste Schavan im Zuge einer Plagiatsaffäre zurücktreten. Die Hochschule hatte an der Auszeichnung festgehalten, obwohl die Universität Düsseldorf Schavan den wissenschaftlichen Doktortitel inzwischen aberkannt hat.

Wissing legte auf seiner Facebook-Seite nach und fragte: „Sollte die SPD nicht auch mal gönnen können?“ Die Verdienste von Schavan in der Bildungspolitik „dürften unumstritten sein“, schrieb der FDP-Politiker. Ihren akademischen Titel habe sie verloren. Die Ehrendoktorwürde sei aber „eher eine Würdigung ihrer bildungspolitischen Arbeit“.


SPD-Vize spricht von „peinlicher Provinzposse“

Mit Blick auf Ehrendoktoren mit SPD-Parteibuch fügte Wissing hinzu: „Übrigens gibt es auch bei den Genossen einige mit Ehrendoktorwürde, diese Titel müssten dann ebenfalls kritisch hinterfragt werden, oder?“ Der Vorstoß der SPD möge „politisch nachvollziehbar sein“, so Wissing weiter, „aber Ausdruck politischer oder menschlicher Größe ist er nicht unbedingt.“

Abgesehen davon würden Ehrendoktorwürden von den Universitäten oft als Anerkennung für besondere Verdienste vergeben. „Aber das Frau Schavan die Universität Lübeck mit 25 Millionen Euro unterstützt hat, um sich so einen Doktortitel zu sichern, das wollen Sie doch nicht ernsthaft behaupten, oder?“, so Wissing.

Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Schleswig-Holsteinischen SPD, Ralf Stegner, hatte den Fall als „peinliche Provinzposse“ bezeichnet. „Mit ihrer Intervention für die Lübecker Uni im Jahr 2010 hat Frau Schavan nichts anderes versucht, als der CDU in Schleswig-Holstein aus der Patsche zu helfen. Das ist gründlich schief gegangen. Mit Ehre hat das alles ganz gewiss nichts zu tun“, sagte er am Freitag.

Wissing erklärte: „Ich bin überzeugt, dass sie die Universität so oder so unterstützt hätte und sollte die Hochschule nicht das Recht haben, sich dankbar zu zeigen? Von dem Titel wird Frau Schavan ohnehin kaum profitieren, da ihr akademischer Ruf nach Aberkennung ihres Doktortitels ohnehin zerstört ist.“

Der Ehrendoktor für Schavan steht allerdings auch dem, was die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) als unverbindliche Richtlinie für solche Würdigungen vorgibt, entgegen – nachzulesen in den „Empfehlungen zur Verhinderung von Unregelmäßigkeiten bei Erwerb und Verleihung akademischer Titel“. Dort heißt es: „Der Grad des Dr. h.c. wird aufgrund wissenschaftlicher Leistungen verliehen.“

Die HRK-Empfehlung stammt von 1994, ist aber nach wie vor gültig, wie ein Sprecher Handelsblatt Online sagte. Allerdings sind die Vorgaben nicht bindend für die Hochschulen. In den Promotionsordnungen der Universitäten wird zum Teil die Möglichkeit eröffnet, den Grad eines Dr. h.c. durch finanzielle Förderungen der Hochschule zu erlangen. Als Voraussetzung für die Vergabe dieses Titels nennen solche Promotionsordnungen beispielsweise „besondere Verdienste um (…)“.

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