Defizitsünder bekommen mehr Zeit „Wir wollten nicht den Wahlkampf beeinflussen“

Die Defizitsünder Spanien und Portugal bekommen mehr Zeit zum erfüllen der EU-Haushaltsvorgaben. Warum gibt EU-Kommissar Oettinger unumwunden zu: Brüssel will den Wahlkampf in den Ländern nicht beeinflussen.

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Der EU-Kommissar glaubt, dass die EU-Haushaltspolitik nationale Wahlen beeinflussen kann. Quelle: dpa

Berlin Die Europäische Kommission verzichtet entgegen erster Absichten darauf, die laufenden Strafverfahren gegen die Defizitsünder Spanien und Portugal zu verschärfen. Die mächtige Behörde will ihnen jeweils ein Extra-Jahr zur Budgetsanierung einräumen. Beide Länder verstießen 2015 gegen die Brüsseler Haushaltsvorgaben.

Ungewöhnlich offen benannte EU-Kommissar Günther Oettinger das Motiv für die Milde der EU-Kommission. „Wir wollten nicht den Wahlkampf beeinflussen“, sagte er mit Blick auf die spanischen Neuwahlen am 26. Juni. Nach den Wahlen müsse aber erneut über Sanktionen beraten werden.

Zugleich pochte der eigentlich für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige Kommissar darauf, dass alle EU-Länder bis 2019 die Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts wieder erfüllen.

Oettinger sieht die nach Empfinden einiger Wähler zu laxe Anwendung des Euro-Stabilitätspaktes gleichzeitig auch als Mitgrund für das Erstarken der AfD. „Die AfD bekommt sicher die eine oder andere Stimme von Bürgern, die mit der aus deutscher Sicht zu laschen Haushaltsüberwachung unzufrieden sind“, sagte Oettinger dem „Spiegel“. Eine besonders harte Linie sei aber nicht minder problematisch: „Wenn die Kommission die Haushaltskontrolle streng nach Recht und Gesetz durchführt, verschafft sie euroskeptischen, rechts- oder linkspopulistischen Parteien in vielen Mitgliedsländern Auftrieb.“ Das zeige, „wie schwer es ist, einen klugen Mittelweg zu finden“.

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