Flüchtlinge in Deutschland Hilfe für Asylbewerber rollt schneller an

Der Städtebund will eine Task-Force aufbauen: Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Sellering fordert eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen. Indes öffnen immer mehr Jugendherbergen ihre Türen für Flüchtlinge.

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In einer Übungshalle der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg in Bruchsal ist eine Notunterkunft für Flüchtlinge eingerichtet. Der Ansturm von Flüchtlingen bringt deutsche Kommunen zunehmend in die Bredouille. Quelle: dpa

Schwerin/Detmold Der Deutsche Städte- und Gemeindebund fordert wie die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer eine Arbeitsgruppe zur Steuerung der Flüchtlingspolitik. „Das wäre ein wirksames Mittel, um die Reaktionszeit zu verkürzen und die Koordination zu verbessern“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Gerd Landsberg, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Samstagausgabe). Zudem forderte er vom Bund mehr Geld, um die Flüchtlingsströme zu bewältigen. Die für 2015 zugesagte Summe von einer Milliarde Euro müsse mindestens verdoppelt werden.

Der Zustrom von Flüchtlingen bringt immer mehr Städte und Kommunen an den Rand ihrer Aufnahmefähigkeit. Nach einem Bericht der „Welt“ sind in diesem Jahr mehr als 300.000 Asylsuchende in Deutschland registriert worden. Das Blatt berief sich dabei auf die Innenminister der Länder. Dies deute auf einen weiteren Anstieg der Zuwanderung hin. Die Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge müsse daher erhöht werden.

Bundesjustizminister Heiko Maas mahnte in einem Beitrag für die Zeitungen des Madsack-Verlages einen besseren Schutz von Asylbewerbern vor ausländerfeindlichen Übergriffen an. „Ganz gleich, aus welchen Gründen Menschen zu uns kommen und wie lange sie bleiben - wir müssen sie besser schützen.“ Die mehr als 200 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im ersten Halbjahr seien eine schreckliche und beschämende Bilanz.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) hat indes eine schnellere Bearbeitung von Asylanträgen gefordert. Es könne nicht sein, dass es drei Jahre dauere, bis Asylbewerber Gewissheit hätten, sagte Sellering dem Radiosender NDR Info (Samstag).

„Insgesamt müssen wir möglichst schnell Klarheit schaffen, wenn Menschen hierherkommen.“ Vor allem die Politik müsse vorangehen und ganz klar sagen: „Menschen die verfolgt sind, dass ist ein Gebot der Menschlichkeit, sie hier aufzunehmen und ihnen Schutz zu geben.“ Gleichzeitig müssten Zuwanderer, die einen solchen Schutz nicht bräuchten, schnell wieder in ihre Heimat zurückkehren, sagte Sellering.

Mit Blick auf die Unterbringung von Flüchtlingen in den Kommunen sieht Sellering eine große Akzeptanz in der Bevölkerung. „Wir haben im Vergleich – wenn man an den Beginn der 1990er Jahre denkt – eine Stimmung in Mecklenburg-Vorpommern, dass die Menschen sagen: „Ja, Flüchtlinge, die wirklich verfolgt sind, die müssen wir aufnehmen, denen müssen wir Schutz gewähren.“


Jugendherbergen wollen Platz für Flüchtlinge machen

Außerdem öffnen immer mehr Jugendherbergen in Deutschland ihre Türen für die Unterbringung von Flüchtlingen. In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen etwa haben die Herbergswerke vereinbart, in der kälteren Jahreszeit mindestens acht komplette Häuser als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Das berichtete Knut Dinter, Sprecher des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) mit Sitz in Detmold. Mehr als 1000 Menschen werden dort untergebracht.

Landesverbände in den übrigen Bundesländern hätten ihre Bereitschaft signalisiert oder seien in Abstimmung mit den Behörden. „Je drängender das Problem der Unterbringung in den Ländern wird, desto mehr Fantasie werden wir aufbringen, um da zu helfen“, sagte Dinter.

Im niedersächsischen Zeven ist schon seit März eine Herberge für 150 Flüchtlinge geräumt worden. Auch in Berlin oder dem Fichtelgebirge findet bereits eine kleine Gruppe Flüchtlinge in Jugendherbergen Unterschlupf. In Bremen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wurden bereits in der kälteren Jahreszeit 2014/2015 zahlreiche Asylsuchende einquartiert.

Unabhängig von dieser Hilfsbereitschaft gelte es jedoch, die eigentliche Bestimmung des Jugendherbergswerks nicht aus dem Blick zu verlieren, betonte Dinter. Für Schulklassen und Ferienfreizeiten werde es daher immer noch ausreichend Raum geben.

Das DJH betreibt als gemeinnütziger Verein mehr als 500 Jugendherbergen in Deutschland. Müssten Gäste auf andere Häuser ausweichen, obwohl sie bereits reserviert hätten, sei das Verständnis aber meist groß gewesen, sagte Dinter.

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