Flughafen BER Der letzte Versuch

Der Unvollendete: Am Freitag soll endlich Klarheit darüber herrschen, wann der Hauptstadtflughafen in Betrieb gehen kann. Quelle: dpa

Am Freitag tagt der Aufsichtsrat der Berliner Flughäfen. Airport-Chef Engelbert Lütke Daldrup will den dort Anwesenden dann einen „unternehmerisch verantwortlichen“ Termin für die Eröffnung des BER nennen.

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Fünfeinhalb Jahre nach dem geplatzten Starttermin des neuen Hauptstadtflughafens soll am morgigen Freitag Klarheit darüber herrschen, wann der Airport endgültig eröffnet werden soll. Engelbert Lütke Daldrup, seit März 2017 Flughafenchef, will den dann tagenden Aufsichtsräten einen „unternehmerisch verantwortlichen IBN-Termin“ nennen – IBN für Inbetriebnahme.

In den vergangenen Tagen wurde bereits darüber gerätselt, wann es soweit sein könnte. Die Spekulationen reichten von Herbst 2020 bis Frühjahr 2021. Nach Informationen des Handelsblatts aus dem Aufsichtsrat wird es auf Herbst 2020 hinauslaufen.

Überraschend ist das nicht. Das Handelsblatt hatte schon im März, kurz nach Amtsantritt von Lütke Daldrup, berichtet, dass der Flughafen mit dem Kürzel BER vermutlich frühestens 2020 an den Start gehen werde. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hatte vor massiven Verzögerungen gewarnt, sollte ein Start 2018 nicht möglich sein.

Das gilt als ausgeschlossen. Bis Ende August 2018 sollte nach bisherigen Planungen zwar die bauliche Fertigstellung erfolgen. Ob dieser Termin – ambitioniert und ohne Puffer – aber gehalten werden kann, ist fraglich. Zudem schließen sich Tests, Abnahmen und ein Probebetrieb an, wofür bislang stets ein Jahr eingeplant worden war.

Dass es einen „BER light“ geben könnte, wie der „Spiegel“ berichtet hatte, also einen Start ohne das Hauptterminal, schloss Lütke Daldrup aus. Die Inbetriebnahme des BER werde mit allen Gebäuden erfolgen, hieß es in einer Stellungnahme des Flughafens vergangene Woche. Die Start- und Landebahnen, 39 Betriebsgebäude und die Seitenpiers des Flughafens seien fertig. Trotz aller technischen Schwierigkeiten bleibe das Fluggastterminal das Kernstück des BER „und wird fertiggestellt“. Darin befänden sich die für den Flughafen zentralen Prozessoren. Der geplante Bau des neuen Terminals T1-E sei keine Alternative für das Hauptterminal, sondern eine notwendige Ergänzung, um die zukünftigen Passagierkapazitäten bewältigen zu können.

Der ehemalige Stadtplaner Lütke Daldrup kennt den unvollendeten Flughafen seit Jahren. Der Sozialdemokrat war zuvor Flughafenkoordinator im Berliner Senat und saß auch im Kontrollgremium des Airports. Die gravierenden Probleme auf der Baustelle blieben aber auch ihm offenbar verborgen. Die technischen Probleme im Fluggastterminal seien jahrelang unterschätzt worden, heißt es in der Pressemitteilung der Flughafen Berlin Brandenburg GmbH vom 8. Dezember.

Lütke Daldrup ist aber offenbar davon überzeugt, dass der Flughafen jetzt auf einem besseren Weg ist. Die regelmäßigen Berichte des TÜV Rheinland und von externen Controllern sowie die Vereinbarungen mit wichtigen Baufirmen seien eine belastbare Grundlage einer fundierten Strategie zur Fertigstellung, heißt es im Unternehmen. Angesichts von drei Gesellschaftern, den Ländern Berlin und Brandenburg sowie dem Bund, die seit Jahren über die Baustelle streiten, war am Airport in den vergangenen Monaten ein Stück weit Ruhe eingekehrt. Erst im November weckten Berichte über neue Mängel am Flughafen erneut Zweifel daran, dass der Flughafen in absehbarer Zeit starten könnte.

Die Fertigstellung des neuen Hauptstadtflughafens verzögert sich seit Jahren. Ursprünglich sollte der Airport im Juni 2012 an den Start gehen. Nicht einmal vier Wochen vor der Eröffnungsfeier war der Termin wegen Problemen an der Brandschutzanlage abgesagt worden. Seitdem waren mehrere Manager an dem Ziel gescheitert, den Flughafen während ihrer Amtszeit zu eröffnen – zuletzt Karsten Mühlenfeld, der zuvor lange beim Triebwerksbauer Rolls-Royce beschäftigt war. Wie schon sein Vorgänger Hartmut Mehdorn hatte sich Mühlenfeld mit Teilen der Gesellschafter überworfen - was folgte, war die Auflösung seines Vertrages. Seit 2012 waren mehrere Starttermine genannt und wieder verworfen worden.

Beherrschendes Thema für die Kontrolleure sind die Finanzen. Müssen die Gesellschafter, also am Ende der Steuerzahler, noch einmal Geld nachschießen? Im Aufsichtsrat ist von einer Deckungslücke von bis zu einer halben Milliarde Euro die Rede, um alle Vorhaben – inklusive der Erweiterungspläne – auf den Weg zu bringen.

Wie die finanziert werden sollen, darüber erwartet der Aufsichtsrat vor allem eine baldige Klarstellung der beiden Gesellschafter Berlin und Brandenburg. Die hatten vor einiger Zeit großspurig verkündet, kein weiteres Geld zur Verfügung stellen zu wollen. Gleichzeitig wehrt sich vor allem Berlin, private Investoren in den Gesellschafterkreis aufzunehmen. Besonders unter Druck steht Brandenburg: Dort wird im Herbst 2019 ein neuer Landtag gewählt.

„Das Flughafen-Projekt BER braucht endlich eine klare Perspektive“, forderte Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) am Donnerstag. Die immer wieder hinausgeschobene Eröffnung habe dem Wirtschaftsstandort Berlin-Brandenburg schon erheblich geschadet. „Das Thema hängt der Region in der öffentlichen Wahrnehmung wie ein Mühlstein um den Hals.“ Erforderlich sei jetzt ein verlässlicher Starttermin und dass angesichts der wachsenden Passagierzahlen die erforderlichen Kapazitäten vorhanden seien. „Mit jedem Tag, an dem der BER nicht in Betrieb ist, verschenken Berlin und Brandenburg Chancen.“

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