Fracking-Experte Uwe Dannwolf "Defekte Bohrungen sind das Hauptproblem"

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"Selbst im Worst Case entstünde kein irreparabler Umweltschaden"

Sprich, man sollte die Bohrungen noch sicherer machen?

Ja, man sollte die Bohrungen sicherer machen, weil sie die größten Schwachstellen sind. Hierzu haben wir in unserem Gutachten bereits einige dezidierte Vorschläge erarbeitet.

Fracking in den USA macht deutsche Autofahrer glücklich

Lohnt sich die Schiefergasförderung mit dem Sicherheitskonzept, das Sie vorschlagen, überhaupt noch?

Wir haben überschlägige Berechnungen basierend auf den Schiefergasgewinnungsraten in den USA mit deutschen Bohrkosten aufgestellt. Es zeigte sich, dass die Amortisationsperiode für Investitionen sich gegebenenfalls um zwei Jahre nach hinten verschieben könnte. Ob sich aber die Schiefergasgewinnung in Deutschland mit dem derzeitigen Gaspreis überhaupt lohnt, wird die Industrie entscheiden. Natürlich haben wir uns bei der Entwicklung der Sicherungsmaßnahmen auch Gedanken zum Thema Verhältnismäßigkeit gemacht.

Wie sieht es mit der langfristigen Stabilität der Rohre aus? Kann da nach fünf Jahren noch was kaputtgehen?

Es gibt Firmen, die auf die Reparatur von Gestänge oder Bohrungen spezialisiert sind. Wenn es also dafür keine Nachfrage geben würde, dann gäbe es diese Spezialisten nicht. Aber nach einigen Jahren kommen aus den Schiefergaslagerstätten auch keine Frack-Flüssigkeiten mehr an die Oberfläche, sondern überwiegend nur noch Erdgas. Die Gefahren sind hier also geringer, als wenn zu Beginn der Förderung etwas schief geht.

Nehmen wir einmal den Worst Case bei einer Schiefergasbohrung in Deutschland an. Was könnte passieren, wenn zum Beispiel die Rohre undicht sind und Frac-Flüssigkeit ins Grundwasser gelangt?

Das Problem wäre, die Stoffe überhaupt im Grundwasser zu messen. Methan reagiert je nach chemischer Zusammensetzung des Grundwassers sehr schnell zu CO2, es ist also nicht überall sofort erfassbar. Gegebenenfalls würde man auch die Beimengungen zum Frackfluid erfassen können oder Schwermetalle oder Kohlenwasserstoffe wie Benzol. Insbesondere die Kohlenwasserstoffe zerfallen je nach Chemie in den Grundwasser führenden Schichten aber auch. In besonders gravierenden Fällen mit hohen Leckageraten würden einige hundert Meter Grundwasser um die Schadensstelle herum für einige Zeit verunreinigt. Als Gegenmaßnahmen könnte man das Wasser abpumpen oder die Schadstoffe mit anderen Mitteln neutralisieren. Aber es entstünde kein irreparabler Umweltschaden wie in Bitterfeld oder Fukushima.

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