Deutscher #Mieterbund: Rot-#Grün ist für #Mieterinnen und #Mieter die beste Koalitionsoption. /GET http://t.co/MyxJ0YAjGw
— K. Göring-Eckardt (@GoeringEckardt) September 17, 2013
Die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt twitterte es glücklich in die Welt: „Deutscher #Mieterbund: Rot-#Grün ist für #Mieterinnen und #Mieter die beste Koalitionsoption. /GETmieterbund.de/pressemitteilu…“.
Doch das gilt nur: vor Steuern! Denn das Wahlprogramm der Ökopartei enthält eine böse Überraschung: Die Grundsteuer soll steigen. Und das trifft jeden Bürger, egal ob Mieter oder Eigenheimer. Denn wohnen muss jeder. Auf Seite 79 der Grünen-Broschüre heißt es: „Die Reform der Grundsteuer wollen wir zügig vorantreiben.“ Demnach solle „die Grundsteuer nach den aktuellen, pauschalierten Verkehrswerten berechnet werden“. Das wäre eine wesentliche Änderung zur bisherigen Konstruktion der Grundsteuer.
Bisher errechnet sich Abgabe auf jeden Grundbesitz – und damit anteilig auch auf jede einzelne Wohnung – nach dem so genannten Einheitswert. Und der wiederum basiert für die alten Bundesländer auf dem Jahr 1964, für Ostdeutschland gar auf den fortgeschriebenen Daten von 1935. Der Einheitswert wird mit einer Messzahl multipliziert, und darauf gilt dann ein kommunaler Hebesatz, der also von Ort zu Ort verschieden ist. Unstreitig ist: Den heutigen Wert bei einem Verkauf spiegelt der Einheitswert als Bemessungsgrundlage für die Steuerzahlung nicht wieder; er ist viel niedriger.
Hinter der harmlos klingenden Formulierung, die „Reform der Grundsteuer“ zügig voranzutreiben, wittert die Konkurrenz erhebliches Ungemach. „Die Grünen zocken die Mieter ab“, wettert Marco Buschmann, rechtspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag. „Das entspricht einer saftigen Steuererhöhung, weil der Verkehrswert weit höher ist als der Einheitswert. Die Grundsteuer legt der Vermieter aber über die Nebenkosten um. Am Ende zahlt die Zeche also der normale Mieter oder jeder, der in den eigenen vier Wänden lebt.“
Was ist ein Mietspiegel?
Ein Mietspiegel ist eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete. Er soll es dem Mieter erleichtern, die Angemessenheit von Mieterhöhungen zu überprüfen. Es gibt einfache und qualifizierte Mietspiegel. Letzterer muss nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden sein. Mieterhöhungen müssen sich an solchen Übersichten orientieren. Der Mieter muss der Mieterhöhung zustimmen.
Stand: Juli 2013
Bei den Verfahren ging es darum, ob manche Stadtteile so außergewöhnlich sind, dass bei ihnen ein eigener Mietspiegel gerechtfertigt ist. Das hat der BGH verneint. In den Fällen ging es um eine ehemalige Zechen- und eine ehemalige Soldatensiedlung. Solche Siedlungen sind in der Regel immer noch deutlich billiger als andere Mietwohnungen. Mit seinen Urteilen hat der BGH nun entschieden, dass auch für solche Siedlungen der Mietspiegel der Gemeinde maßgeblich ist.
Wegen der großen Nachfrage gibt es vor allem in Großstädten, Ballungszentren und angesagten Universitätsstädten zu wenig günstige Wohnungen. Da Vermieter bei Neuvermietungen nicht an Mietspiegel gebunden sind, erhöhen sie nach Angaben des Deutschen Mieterbundes die Mietpreise um bis zu 40 Prozent gegenüber der ortsüblichen Vergleichsmiete. Auf Dauer werden sich die höheren Preise auf die Mietspiegel auswirken und damit auf die Mieten aller.
Unmittelbar für die Mieter der Zechen- und ehemaligen Soldatensiedlung, über deren Fall entschieden wurde. Aber letztlich ist die Entscheidung für alle Mieter von Bedeutung - zumindest überall da, wo es Mietspiegel gibt, aber Vermieter mit Sachverständigengutachten arbeiten.
Der Deutsche Mieterbund sieht den sozialen Frieden durch die ständig steigenden Mieten gefährdet. Er fordert daher, dass vor allem im mittleren und unteren Preissegment deutlich mehr Wohnungen gebaut werden. Er möchte außerdem eine Obergrenze für Wiedervermietungen und Mieterhöhungen. Außerdem fordert der Mieterbund, dass bei der ortsüblichen Vergleichsmiete künftig alle Mieten berücksichtigt werden und nicht nur die teuren Abschlüsse der letzten Jahre.
Buschmann hat auch gleich ein Rechenbeispiel parat. In seiner Heimatstadt Gelsenkirchen würde sich demnach die Grundsteuer für eine 70-Quadratmeter-Wohnung mit einem Verkehrswert von 100 000 Euro glatt verachtfachen. Denn der Einheitswerte liege nur bei 13 000 Euro. Buschmann: „Eigentümer beziehungsweise Mieter der Wohnung müssen also statt 247,98 Euro Grundsteuer künftig 1.907,50 Euro im Jahr bezahlen, wenn es nach den Grünen geht.“
Verzehnfacht sich die Grundsteuer?
Andere haben noch viel drastischere Abweichungen zwischen Einheits- und Verkehrswert ermittelt. „Im Durchschnitt liegen die Verkehrswerte beim Zehnfachen der Einheitswerte“, berichtet Ingeborg Esser, Hauptgeschäftsführerin des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, der ausschließlich Mietwohnungsgesellschaften vertritt. „Die Werte müssten regelmäßig angepasst werden und könnten auch nur mit Zeitverzug ermittelt werden.“ Denn die Preisentwicklung am Markt lässt sich ja erst nach Abschluss der Geschäfte feststellen.
Essers Befürchtung: „Das führt zu unnötigen Streitereien zwischen Mietern und Vermietern.“ Für ihre Mitgliedsfirmen sei dies das aufwendigste Verfahren. Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium stellte gar schon 2010 fest, es lägen „die Wertansätze von 1964 heute im Durchschnitt bei 1/20 des Verkehrswertes“.
Achtfach, zehnfach, zwanzigfach? Im Wahlprogramm der Grünen steht dazu nichts. Nur der Verweis auf ein Modell, das die Partei „diskutiert“ habe. Es handelt sich um den Entwurf der Bremischen Finanzsenatorin, teilen die Grünen auf Nachfrage mit. Dieses Konzept geht zwar davon aus, dass das Aufkommen aus der Grundsteuer insgesamt konstant bleiben solle, der Staat also nicht mehr kassieren wolle. Dazu müssten – bei Verwendung der Verkehrswerte – die Messzahlen drastisch verkleinert werden.
Aber genau diesen Verzicht auf Mehreinnahmen schließt das Grüne Wahlprogramm aus. Schließlich heißt es als Einleitung des Grundsteuer-Passus: „Statt kommunalen Investitionsstaus brauchen wir Geld für eine gute Politik vor Ort.“ Neben ihren Anteilen an der Einkommen- und Mehrwertsteuer „sollen die Kommunen auf ihre eigenen Quellen zählen können“. Zahlen können dann die Bürger.
Da nutzt es all jenen, die nicht in den eigenen vier Wänden wohnen, nichts, wenn sich die Grünen für eine „Mietpreisbremse“ einsetzen, um Mieterhöhungen zu Gunsten des Vermieters zu stoppen, wenn dann der Staat zur Kasse bittet.