Härtere Gangart gegen Gefährder Was die Verfassung hergibt

Thomas de Maizière und Heiko Maas beraten, wie sich weitere Anschläge verhindern lassen. Im Gespräch: Ausweitung der Abschiebehaft und elektronische Fußfesseln. Ein prominenter Grüner unterstützt die beiden Minister.

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Bekannter Gefährder: Anis Amri hatte auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember zwölf Menschen getötet. Quelle: AP

Berlin Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) bekommen aus Bund und Ländern Unterstützung für ein härteres Vorgehen gegen sogenannte Gefährder. Die beiden Minister berieten am Dienstag im Justizministerium über Konsequenzen aus dem Anschlag in Berlin. Im Gespräch war etwa ein neuer Haftgrund für Abschiebehaft, um mögliche ausländische Terroristen auch ohne konkrete Straftat inhaftiert zu können. Ferner ging es um eine elektronische Fußfessel für mutmaßliche Extremisten.

Gefährder sind Menschen, denen die Sicherheitsbehörden einen Anschlag zutrauen. Der Tunesier Anis Amri hatte auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember zwölf Menschen getötet und viele schwer verletzt. Er war als Gefährder eingestuft und ausreisepflichtig, konnte aber nicht abgeschoben werden, weil sein Heimatland Tunesien ihm keine Papiere ausgestellt hatte.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Dienstag in Stuttgart: „Wir werden bei den Gefährdern bis an die Grenze des verfassungsrechtlich Möglichen gehen, wenn das erforderlich ist.“ Er zeigte sich auch offen, über elektronische Fußfesseln für Gefährder und eine verlängerte Abschiebehaft für diese Gruppe zu diskutieren. Die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eva Högl sagte im Bayerischen Rundfunk, die Überwachung potenzieller Terroristen müsse verbessert werden. „Dazu dient die Fußfessel, dazu kann mehr Videotechnik dienen, und wir wollen schauen, dass wir die ausreisepflichtigen Gefährder konsequenter in Haft nehmen können.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, dass die Regierung schnell handeln und „wirklich Flagge“ zeigen werde. Die deutschen Sicherheitsbehörden stufen derzeit 548 Menschen als Gefährder ein. Die Hälfte davon hält sich nicht in Deutschland auf. 62 islamistische Gefährder sind ausreisepflichtig.

Maas stellte in der „Saarbrücker Zeitung“ auch Fördermittel für Länder infrage, die abgelehnte Asylbewerber aus Deutschland nicht zurücknehmen. Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hält das allerdings für „nicht zielführend“. Die Länder würden dadurch destabilisiert; sie müssten jedoch stabilisiert werden, betonte der Minister im Deutschlandfunk. Er forderte aber, alle Flüchtlinge und Asylbewerber mit biometrischen Daten zu erfassen.

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