Handelsabkommen Ceta und TTIP EU-Handelskommissar provoziert die SPD

Brüssel steuert auf einen Großkonflikt mit Berlin zu, nachdem EU-Handelskommissar de Gucht Forderungen nach Änderungen am Kanada-Abkommen Ceta abgelehnt hat. Die SPD droht, das Projekt platzen zu lassen.

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EU-Kommissar de Gucht: Nein zu deutschen Forderungen nach Nachverhandlungen. Quelle: AFP

Berlin Führende Vertreter der SPD-Linken haben mit scharfer Kritik darauf reagiert, dass EU-Handelskommissar Karel de Gucht deutschen Forderungen nach Änderungen am Handelsabkommen mit Kanada (Ceta) eine klare Absage erteilt hat.

„Die SPD hat beim Parteikonvent glasklar ihre Mindeststandards für Freihandelsabkommen mit Kanada und den USA formuliert“, sagte SPD-Bundesvize Ralf Stegner dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Ohne diese Kernforderungen wird niemand die Zustimmung der Sozialdemokratie erreichen können, wobei uns schnurz ist, ob das Herr de Gucht oder der Kaiser von China anders sehen.“

Ähnlich äußerte sich der Sprecher der Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Sieling. Er bezog sich dabei darauf, dass die EU-Staaten das Verhandlungsmandat für das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA veröffentlicht haben, was er als „längst überfällig“ bezeichnete. „Die dringenden Probleme bei Ceta bleiben aber ungelöst“, sagte Sieling dem Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Ceta darf keine schlechte Blaupause für TTIP werden.“

De Gucht sagte am Freitag in Berlin, das Ceta-Abkommen „wird von mir keinen Jota geändert. Das gilt auch für meine Nachfolgerin“. Kanada werde auch keine Änderungen mehr akzeptieren. Der Kommissar betonte den engen Zusammenhang der Verhandlungen mit Kanada und den USA über Freihandelsabkommen. „Ich hoffe, dass Ceta die Blaupause für das Abkommen mit den USA sein wird, denn es ist ein hervorragendes Abkommen für Europa.“ Die USA könnten in den Gesprächen mit der EU dann nicht hinter die mit Kanada erreichten Standards zurückfallen.

Allerdings hatte auch schon Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel erklärt, ohne Änderungen im Investitionsschutzteil könne Deutschland dem Abkommen mit Kanada nicht zustimmen. Er setze auf Gespräche mit der künftigen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, sagte der SPD-Politiker. De Gucht sagte hingegen, der Investitionsschutzteil sei unverzichtbar. „Deutschland hat selbst 14 Investitionsschutzabkommen mit EU-Partnern, auf die es auf keinen Fall verzichten will.“


„Mit Schiedsgerichten gibt es keine Freihandelsabkommen“

Der Grund seien unterschiedliche Rechtsstandards auch innerhalb der EU. „Es ist verständlich, dass sich Drittländer wie Kanada, aber auch die USA in ihren Beziehungen mit der EU auf einen gemeinsamen Standard in der EU verlassen wollen.“ De Gucht warnte, dass ein Verzicht auf Investitionsschutzklauseln in Verträgen mit Kanada oder den USA gravierende Auswirkungen auf Verhandlungen etwa mit China haben dürfte.

Den etwa von Nichtregierungsorganisationen erhobenen Vorwurf mangelnder Transparenz gab de Gucht an die Nationalstaaten weiter. Diese hätten lange verhindert, dass das Mandat für die Verhandlungen öffentlich gemacht werde.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Sieling kritisierte, dass bisher weder private Schiedsgerichte aus dem Ceta-Verhandlungstext gestrichen worden seien noch, dass es akzeptable Vorschläge zum Investitionsschutz gebe. „Deshalb gilt für die SPD der jüngste Parteibeschluss: Freihandelsabkommen müssen Regulierung bringen und nicht Standards verwässern“, betonte Sieling. Ein besonderer Investitionsschutz sei unnötig. „Mit Schiedsgerichten gibt es keine Freihandelsabkommen.“

Stegner nannte drei Bedingungen, die bei den Freihandelsabkommen erfüllt sein müssten. Zum einen müssten die Standards bei Sozialem, Arbeitnehmerrechten, Kultur, Verbraucher- und Datenschutz sowie öffentlicher Daseinsvorsorge gewahrt sein. Außerdem müsse jegliche Sondergerichtsbarkeit, die Konzerne vor Parlamentsentscheidungen schützen könnte, ablehnt werden. Überdies müsse „volle Transparenz der Prozesse und Entscheidungen“ in EU-Parlament, Bundestag und Bundesrat gewährleistet sein.

Die EU und Kanada hatten am 26. September die CETA-Verhandlungen an dem Abkommen für beendet erklärt. Strittig ist, ob nur das Europäische Parlament oder auch die 28 nationalen Parlamente dem Abkommen zustimmen müssen. In Deutschland müssten dann Bundestag und Bundesrat ihr Plazet geben.

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