Hans-Olaf Henkel AfD-Vize will Ausländerfeinde aus Partei werfen

Demonstranten vor der Tür, Querulanten im Saal – der Bundesparteitag der AfD in Bremen verspricht spannend zu werden. Parteivize Hans-Olaf Henkel stößt vorsorglich schon mal eine Warnung aus.

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Hans-Olaf Henkel: „Mit einer Satzungsänderung ist die Gefahr eines Schiffbruchs noch nicht beseitigt“ Quelle: Reuters

Berlin Der Vize-Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Hans-Olaf Henkel, hat seine Partei kurz vor dem heute in Bremen beginnenden Bundesparteitag eindringlich zur Geschlossenheit aufgerufen. Er wählte dabei ein Bild aus der Seefahrt. „Im Überschwang erfolgreicher Wahlergebnisse orientierten sich einige auf der Kommandobrücke nicht mehr an dem Licht der Sterne, also unserem Wahlprogramm, sondern an den Lichtern anderer vorbeifahrender Schiffe, zum Beispiel an Pegida“, schreibt Henkel in einem Gastbeitrag für das Handelsblatt (Online-Ausgabe). „Mit einer Satzungsänderung ist die Gefahr eines Schiffbruchs aber noch nicht beseitigt. Wären Versuche erfolgreich, die ganze Mannschaft auf die Steuerbordseite abzukommandieren, würde unser Schiff Schlagseite bekommen und untergehen.“

Die AfD will sich auf ihrem Parteitag eine neue Satzung geben, in der auch die geänderte Struktur der Parteispitze beschlossen werden soll. Die Partei soll demnach von Dezember an von nur einem Parteivorsitzenden geführt werden. Bislang stehen der Partei drei gleichberechtigte Sprecher vor. Neben dem Ökonomie-Professor Bernd Lucke sind das Frauke Petry und Konrad Adam. Lucke hatte seit Monaten gefordert, die Partei müsse durch nur einen Vorsitzenden schlagkräftiger werden und signalisiert, er stehe für diesen Posten bereit. Dies war unter anderem von Petry und Adam abgelehnt worden.

Henkel erklärte dazu, dass es in der AfD konservative und liberale Kräfte gebe, die sich oft gegenseitig beharkten. „Die Partei wird sich auf stürmischer See aber nur dann behaupten können, wenn sie keine Schlagseite bekommt. Aktuell heißt das, auch weiterhin „Blinde Passagiere“, die sich zum Beispiel in Gestalt von Ausländer- und Demokratiefeinden an Bord geschlichen haben, im nächsten Hafen wieder abzusetzen“, unterstrich er.

„Eine Partei“, warnte Henkel, „die sich über Ausländerfeindlichkeit definiert, wird Schiffbruch erleiden.“ Auf der anderen Seite dürfe man nicht die für einige Liberale typische Intoleranz gegenüber Andersdenkenden akzeptieren. „So ist nicht jeder, der sich gegen das Adoptionsrecht Homosexueller ausspricht, gleich ein Schwulenfeind, und nicht jeder Kritiker eines ausgeuferten „Gender-Mainstreaming“ ein Gegner der Gleichstellung von Mann und Frau.“


AfD-Vize Gauland: „Der Sache zuliebe sein Ego zurückstellen“

Den etablierten Parteien warf Henkel vor, wichtige Themen zu tabuisieren, weshalb es bisher zu keiner offenen Diskussion über Alternativen zum Einheitseuro, zur Zuwanderung und zur Auseinandersetzung mit dem Islam gekommen sei. Die AfD, betonte er, werde zu diesen und allen anderen wichtigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen in ihrem Programm Lösungen vorschlagen. „Dabei werden sich weder Konservative noch Liberale scheuen, gemeinsam deutsche Tabus zu knacken.“

Mit Blick auf künftige Wahlen im Bund und in den Ländern fügte er hinzu: „Wenn der Kapitän auf der Brücke von Offizieren und Mannschaft dabei unterstützt wird, dass die AfD weder nach Steuerbord noch nach Backbord Schlagseite bekommt, dann wird unser Schiff am 15. Februar nicht nur im Hamburger Hafen anlegen, es wird danach in jedem Landtag andocken und spätestens 2017 im Bundestag vor Anker gehen.“

Einer der Kritiker vom konservativen Flügel, der Brandenburger AfD-Fraktionschef Alexander Gauland, bekräftigte noch einmal, mit dem erzielten Kompromiss im Führungsstreit „nicht glücklich“ zu sein. „Aber ich stehe dennoch zu dieser Lösung“, sagte Gauland im Interview mit der rechtskonservativen Zeitung „Junge Freiheit“. Denn es gehe um die Zukunft der Partei. „Da sollte man der Sache zuliebe sein Ego zurückstellen, übrigens auf allen Seiten.“

Gauland warnte seine Partei vor einer thematischen Einengung auf die Euro-Rettungspolitik. Die AfD müsse auch zu aktuellen Fragen Stellung nehmen, etwa zu Russland, zur Einwanderung, Islamismus und Pegida. „Und es ist kein Wunder, dass da die Konservativen in der Partei stärker wahrgenommen werden“, fügte der AfD-Bundesvize hinzu. Es würden aber auch wieder Zeiten kommen, da steht die Euro-Krise auf der Tagesordnung. „Dann werden statt der Konservativen die Wirtschaftsliberalen stärker in Erscheinung treten.“


Linke und Gewerkschafter wollen gegen AfD demonstrieren

Der AfD-Parteitag am Wochenende findet wegen der unerwartet hohen Teilnehmerzahl an zwei Standorten statt. Linke und Gewerkschafter wollen zudem am Samstag zwischen den beiden Parteitags-Gebäuden gegen AfD und Pegida demonstrieren.

Nach Einschätzung aus AfD-Kreisen wird es schon gleich zu Beginn am Freitagabend hoch hergehen, wenn über die Tagesordnung abgestimmt wird. Denn einigen Mitgliedern der rechtskonservativen Partei passt es nicht, dass Parteigründer Lucke als einziges Mitglied des Bundesvorstandes eine „nicht-öffentliche Erklärung“ abgeben will.

Am Samstag steht dann die Satzungsdebatte an. Die Parteispitze geht zwar davon aus, dass sich die Mehrheit dem Kompromiss zur neuen Führungsstruktur anschließen wird, den Lucke und die anderen Mitglieder des Bundesvorstandes nach heftigem Streit gefunden hatten. Einige AfD-ler, die sich zuletzt über Luckes „undemokratischen Führungsstil“ ereifert hatten, werden aber wohl trotzdem versuchen, dagegen Stimmung zu machen. Umstritten sind auch Vorschläge der Satzungskommission zum Parteikonvent und zur Trennung von Amt und Mandat.

Damit die mehr als 2.000 Mitglieder, die sich für den Parteitag angemeldet haben, nicht nur trockene Paragrafen durchkauen müssen, hat Lucke Gastredner zu Themen wie Rente und Steuerpolitik eingeladen. Das Thema Zuwanderung, mit dem sich die AfD zuletzt vor allem im Osten profiliert hatte, steht nicht auf der Tagesordnung.

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