Hans-Olaf Henkel "Kommt eine neue Partei, dann bin ich dabei"

Der Ex-BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel hält Bundeskanzlerin Angela Merkel für verantwortungslos, hofft auf die FDP – und notfalls eine neue Partei.

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Hans-Olaf Henkel mit seinem Buch

WirtchaftsWoche: Herr Henkel, mit Ihrem Vorschlag eines Nord-Euro ziehen Sie auf Vortragsreise übers Land. Sind Ihre Zuhörer Radikale oder bloß verängstigt?

Henkel: Die Leute haben alle 22 Euro für ein Ticket ausgegeben, um sich Hans-Olaf Henkel an einem Samstagabend von 20 Uhr bis 22 Uhr 30 anzuhören. Ich bekomme kein Honorar, aber der Veranstalter muss seine Kosten decken. Wer sich das antut, ist kein Radikaler. Die Menschen machen sich Sorgen – Sorgen um ihr Geld, um Deutschland, um die Zukunft ihrer Kinder.

Wie wird aus Ihrer Idee politisches Handeln?

Die Wahrscheinlichkeit, dass mein Vorschlag realisiert wird, ist immer noch gering. Aber ich habe Hoffnung: Die Bereitschaft der Deutschen, weitere Griechenland-Rettungspakete und demnächst Portugal und Italien zu finanzieren, ist weniger verbreitet als die Bereitschaft, die Kernenergie zu unterstützen. Das heißt: Wenn Angela Merkel beim Euro eine Art Fukushima-Effekt erlebt, dann traue ich ihr zu, blitzschnell den Kurs zu ändern. Leute wie der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel oder DGB-Chef Michael Sommer müssten am 1. Mai 2012 eine Rede halten und sagen: Jetzt sind wir es satt, unsere Rentner und Arbeitnehmer wollen diesen Wahnsinn nicht weiter mitmachen und ihren Wohlstand nicht mit irgendwelchen Südländern teilen. Wenn Frau Merkel das merkt, ist sie ruck, zuck da und übernimmt meinen Vorschlag.

Haben Ihre Zuhörer nur Angst wegen des Euro, oder stören die sich auch an Mindestlohn und Steuern, an Energiewende und Abschaffung der Wehrpflicht?

Ich vermute es, einige Wortmeldungen dazu gibt es. Frau Merkel bedrängt die Sozialdemokraten ununterbrochen und nimmt ihnen die Themen weg. Die SPD wird dadurch immer weiter nach links gedrängt – die Positionen von Gerhard Schröder vertritt die längst nicht mehr. Frau Merkel ist extrem verantwortungslos, weil sie die gesamte deutsche Parteienlandschaft nach links rückt. Die einzige Partei, die noch von Freiheit und Selbstverantwortung spricht, ist die FDP – und die liegt bei drei oder vier Prozent. Hier tut sich ein Riesenpotenzial auf, weil die bürgerlichen Leute politisch heimatlos sind und nicht mehr zur Wahl gehen. Frau Merkel hat offensichtlich keine Angst, dass sich da mal einer hinstellt und sagt: Ich biete hier den alten Kern der CDU.

Hans-Olaf Henkel Quelle: dapd

Warum sammelt niemand die Stimmen ein?

Wer das macht, wird sofort als Europa-Gegner in die rechte Ecke gestellt oder in die rechtsradikale. Sogar mir wird Rassismus unterstellt, weil ich einen Nord-Euro will. Allerdings sehe ich auch kein Südland, das die alten Stabilitätskriterien einhalten wollte. Deshalb erinnere ich daran, dass ich immer noch für den Beitritt der Türkei zur EU bin – dann stöhnen meine Zuhörer immer auf.

Der Erfolg der Piratenpartei zeigt, dass viele Wähler offen sind für neue Angebote. Klappt das auch auf dem konservativen Flügel?

Henkel: Ich will jetzt keine neue Partei, denn das ist extrem schwierig. Meine Strategie ist – bleiben wir im Jargon der Piraten –, die FDP zu entern, über den Mitgliederentscheid. Ich sehe die Chancen nicht so schlecht. Für die FDP-Wähler sind die Verstöße gegen ihre Überzeugungen beim Euro-Rettungskurs am deutlichsten. Jetzt die FDP mit neuen Mitgliedern zu unterwandern, dafür ist es zu spät, denn die Antragsunterlagen wurden schon verschickt. Also müssen wir die FDP-Mitglieder überzeugen. Wenn der Mitgliederentscheid in der FDP in die Hose geht, kommt eine neue Partei – und dann bin ich dabei.

Was braucht es dafür?

Die entscheidende Frage ist: Findet man Leute, die die Kraft haben, die bekannt genug sind und die die logistische Unterstützung finanzieren können. Ich habe eine Reihe von Gesprächen geführt mit Leuten, die sagen, ich solle eine Partei gründen. Das tue ich nicht, dazu bin ich mit 71 Jahren zu alt. Wenn Friedrich Merz sich das zutrauen würde, dann hätten wir die Partei sofort. Wolfgang Clement vielleicht, Thilo Sarrazin und ich, wir würden dann sagen: Sie sind die Nummer eins, wir helfen ihnen. Aber er macht es nicht. Herr Merz und viele andere warten wohl eher darauf, dass Frau Merkel 2013 weg ist und man die CDU neu ausrichten kann.

Potenzielle Geldgeber haben sich gemeldet?

Ja. Ich nenne keine Namen, aber es sind beispielsweise große Familienunternehmer, die sich immer schon engagiert haben. Die verzweifeln an der Euro-Politik und all den anderen Änderungen.

Wie viel Zustimmung bekommen Sie aus der CDU?

Jede Menge. Unter vier Augen reden ganz viele wie Wolfgang Bosbach. Das gilt auch für manchen meiner Unternehmer-Kollegen. Die sagen zu mir: Toll, genau richtig, machen Sie weiter. Aber öffentlich sprechen sie sich für den Euro aus. Wir sind eine Vier-Augen-Gesellschaft, schrecklich politisch korrekt.

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